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    Die neue Folge "Skeleton Crew" auf Disney+ ist so gut, weil sie etwas beherzigt, was "Star Wars" von Anfang an so herausragend machte
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Björn ist mit „Star Wars“ aufgewachsen, schaut die Filme mindestens jährlich, hat zahlreiche Bücher rund um das beste Franchise der Welt gelesen und verschlingt gerade alles aus der Zeit der High Republic.

    „Ihr habt noch viel über Piraten zu lernen“ ist die spannende neue Episode von „Skeleton Crew“. Für FILMSTARTS-Redakteur und „Star Wars“-Fans Björn Becher ist sie auch so gut, weil sie deutlich macht, wie wichtig diverse Stimmen für „Star Wars“ sind.

    Als George Lucas seine große Weltraum-Saga erfand und den ersten Film damals noch ohne den Zusatztitel „Episode IV: Eine neue Hoffnung“ einfach nur als „Star Wars“ bzw. „Krieg der Sterne“ in die Kinos brachte, war ihm klar, dass dieses Universum ein Spielplatz der Vielfalt sein und in Zukunft von unterschiedlichsten Menschen geprägt werden sollte. Später kam er zwar von diesem Weg ab (und wollte bei den Prequels dann möglichst viel allein bzw. nur noch unter Beteiligung seiner Special-Effects-Künstler*innen von Lucasfilm machen). Doch zu Beginn stand diese Idee – und sie prägte die herausragenden Jahre von „Star Wars“.

    Das zeigt sich immer noch am besten am „Star Wars“-Film „Episode V: Das Imperium schlägt zurück“. Als Lucas die Arbeit daran begann, wollte er eine Stimme ins Boot holen, die möglichst weit weg von ihm ist. Der damals zu den jungen Wilden Hollywoods gehörende Filmemacher beauftragte so mit Leigh Brackett eine fast 30 Jahre ältere Frau, das Drehbuch für das Sequel zu seinem Welterfolg zu schreiben. Die bekannte Schriftstellerin erlangte vor allem in den 1940er und 1950er-Jahren als Autorin von Pulp-Geschichten und Abenteuer- sowie Sci-Fi-Romanen Bekanntheit. Sie arbeitete zudem an klassischen Hollywood-Drehbüchern mit, darunter Howard Hawks’ „Tote schlafen fest“ (1946) und „Rio Bravo“ (1959), die ihren Ruf als Meisterin des Dialogs und der Charakterzeichnung begründeten.

    Leigh Brackett war nur der erste Schritt für diverse Stimmen bei "Star Wars"

    Brackett lieferte den ersten Drehbuchentwurf ab, bevor sie tragischerweise im März 1978 an Krebs verstarb. Zur Wahrheit gehört natürlich, dass Lucas mit vielen ihrer Ideen dann doch nicht einverstanden war. So setzte er nach ihrem Tod den Drehbuchprozess neu auf und holte sich mit Lawrence Kasdan dafür einen Autor, mit dem er bereits vertraut war und der ihm selbst ähnlicher war. Dennoch finden sich im finalen Film noch eine Menge Ideen von Brackett. Sie legte den Grundstein für die Weiterentwicklung vieler Figuren und die emotionale Tiefe der Geschichte – insbesondere die Entwicklung der Beziehung zwischen Han Solo und Leia Organa und die romantische Spannung zwischen den beiden sind auf die Autorin zurückzuführen. Auch die Idee von Machtgeistern, die Lucas erst verwarf, dann aber wieder zurückholte, stammt von Brackett.

    Ihre Beteiligung ist ein perfektes Beispiel, wie hilfreich und wichtig es sein kann, wenn man über den eigenen Tellerrand schaut und neuen Stimmen die Möglichkeit gibt, sich einzubringen – gerade Stimmen, die sich deutlich von der eigenen unterscheiden!

    Und was hat das nun mit „Skeleton Crew“ zu tun? Auch hier haben die Verantwortlichen verstanden, dass es gut ist, sich weitere Stimmen ins Boot zu holen – und das macht sich bezahlt.

    Bei "Skeleton Crew" vertrauten die Macher einer jungen Autorin

    Eigentlich stammt „Skeleton Crew“ von Jon Watts und Christopher Ford. Beide sind enge Freunde, zusammen aufgewachsen und haben gemeinsam in Hollywood Karriere gemacht – über den Horrorfilm „Clown“, dann „Cop Car“ hin zur „Spider-Man“-Trilogie mit Tom Holland. Man darf davon ausgehen, dass sie eine sehr ähnliche Sichtweise auf die Welt und auf die „Star Wars“-Saga haben. Doch sie besannen sich darauf, wie damals George Lucas davon überzeugt war, dass es weitere Blickwinkel braucht, die ihn und seine Ideen herausfordern und befeuern. So holten sie für „Skeleton Crew“ noch die junge Autorin Myung Joh Wesner ins Boot.

    Die entwickelte laut eigenen Aussagen eine Leidenschaft für Sprache und Schreiben, weil sie als einziges asiatischstämmiges Kind in einer amerikanischen Kleinstadt aufwuchs und immer beweisen wollte, dass sie so gut Englisch wie alle anderen kann. Eigentlich wollte sie Romanautorin werden, dann landete sie aber irgendwann doch bei Drehbüchern. Erste Arbeiten von ihr sorgten hinter den Kulissen schon für Aufsehen, wurden aber noch nicht umgesetzt. Zu „Skeleton Crew“ kam sie so als fast komplett unbeschriebenes Blatt und bekam trotzdem direkt viel Verantwortung.

    Watts und Ford wollten sie nicht nur als Stichwortgeberin und Ideenlieferantin. Sie sollte komplette Teile der Geschichte eigenständig entwickeln – vor allem die Geschehnisse rund um den Wellness-Planeten Lanupa. Bei der aktuellen fünften Episode „Ihr habt noch viel über Piraten zu lernen“ ist sie so als alleinige Drehbuchautorin gelistet – wie auch in der Fortschreibung der Ereignisse in der kommenden sechsten Folge (ab dem 1. Januar 2024 bei Disney+). Es ist eine richtig starke Folge, die eine Achterbahnfahrt der Emotionen mit gleichermaßen Witz und Spannung bietet. Und sie ist wahrscheinlich nur entstanden, weil Ford und Watts offen dafür waren, andere Stimmen für „ihr“ „Star Wars“-Projekt zu holen.

    Es ist die Sache, die ich mir von „Star Wars“ für die Zukunft noch mehr erhoffe. Das kann dann auch mal mit vollem Anlauf schiefgehen und zu missratenen Projekten führen, aber es wird trotzdem ein spannenderes Universum sein als eins, welches von wenigen Personen zu eng kontrolliert wird. Wir sind vielleicht so nah wie noch nie am Traum, den George Lucas einst hatte, dass „Star Wars“ einfach nur ein Spielplatz ist, auf dem sich die verschiedensten Leute mit den unterschiedlichsten Ideen und Hintergründen austoben dürfen.

    Wie Watts und Ford übrigens auch ihren Regisseur*innen die Möglichkeit geben, sich einzubringen, hat gerade die vorherige Episode „Ich kann nicht sagen, dass ich mich an At Attin erinnere“ deutlich gemacht. Dazu habe ich im folgenden Artikel etwas geschrieben:

    Oscar-Hit-Macher peppen "Star Wars" auf: So wie in der neuen Folge "Skeleton Crew" sah die Saga noch nie aus

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