Das Schmelzwasser eines Gletschers in den Ötztaler Alpen gab 1991 einen vom Eis konservierten Körper eines Mannes frei, der in den Jahren danach zur Touristenattraktion wurde: Während Forscher zunächst einen tödlich verunglückten Wanderer vermuteten, erkannten sie bald, dass es sich um den mumifizierten Leichnam eines über 5.000 Jahre alten Mannes handelt. Heute ist der Steinzeitmensch als „Ötzi“ bekannt und kann im Archäologiemuseum in Bozen besichtigt werden.
Filmemacher Felix Randau hat Gedankenspiele um Ötzis mögliches Schicksal 2017 als Steilvorlage für eine fiktive Vorgeschichte genutzt und sie in ein brutales Survival-Abenteuer umgemünzt: „Der Mann aus dem Eis“, der unter anderem beim Locarno Film Festival und beim Filmfest Hamburg lief, nimmt uns mit auf ein prähistorisches Abenteuer in die Jungsteinzeit, das ohne echte Dialoge auskommt. Wer den Film noch nicht gesehen hat, kann ihn nun bei WOW (ehemals Sky Ticket) nachholen:
Darum geht es in „Der Mann aus dem Eis“
Rund 5.300 Jahre vor unserer Zeit lebt Kelab (Jürgen Vogel) mit seiner Frau Kisis (Susanne Wuest), seinem Sohn und seinem Stamm friedlich in den Ötztaler Alpen. Als er jedoch eines Tages von der Jagd nach Hause kommt, bietet sich ihm ein Bild des Grauens: Männer eines verfeindeten Stammes, die wenig zimperlichen Krant (André Hennicke), Gris (Axel Stein), Tasar (Sabin Tambrea) und Gosar (Martin Augustin Schneider), haben sein Dorf überfallen, seine Familie getötet und ein wertvolles Heiligtum entwendet. Angetrieben von grenzenloser Wut und Rachegelüsten macht sich Kelab allein auf die Jagd nach den Mördern…
Die Steinzeit war kein Ponyhof
Zugegeben, ganz ohne Sprache kommt „Der Mann aus dem Eis“, der 2018 für zwei Deutsche Filmpreise nominiert wurde, zwar nicht aus – verstehen allerdings tun wir kein einziges Wort. Denn anders als etwa in Mel Gibsons bildgewaltigem Maya-Meisterwerk „Apocalypto“ werden die Dialoge, so sie diese Bezeichnung überhaupt verdienen, nicht untertitelt. Die Charaktere sprechen eine frühe Form der rätischen Sprache, die etwa bei feierlichen Stammesritualen oder bei wilden Schlachtrufen zum Einsatz kommt. Die Bedeutung der Laute und Wörter erahnen wir nur.
Für das Verfolgen der auf spannende 96 Minuten komprimierten Handlung sind sie nicht wichtig, tragen aber ganz erheblich dazu bei, dass sich der Film von Beginn an so authentisch anfühlt. Gleichzeitig ist das Steinzeit-Abenteuer ein sehr blutrünstiges und gewalttätiges Spektakel. Schon in der wilden Auftaktviertelstunde werden wir Zeuge, wie Kelabs Frau brutal vergewaltigt und mit einem Holzspeer aufgespießt wird oder kleine Kinder verzweifelte Schreie aus einer brennenden Hütte senden. Knochen knacken, Kehlen werden zerquetscht, Schädel zerbersten: Die Steinzeit, in der noch das Gesetz des Stärkeren galt, war eben kein Ponyhof.
Auf den Spuren von "The Revenant"
Mit Kelabs Aufbruch aus dem verwüsteten Dorf wird „Der Mann aus dem Eis“ zur One-Man-Show, die nicht nur aufgrund des widrigen Wetters stark an Alejandro González Iñárritus Meisterwerk „The Revenant“ erinnert. Dessen Klasse erreicht Randaus Film zwar nicht, punktet aber als mitreißendes Survival-Spektakel mit grandiosen Schauwerten aus Südtirol (wenngleich hier keine Urlaubsstimmung aufkommt). Auch hier ist die Natur als heimlicher Star ein hartnäckiger Widersacher und stellt Kelab bei der Suche nach den Mördern vor Probleme. Zu Beginn seiner Odyssee durch die schroffe Wildnis führt er sogar ein Neugeborenes (!) mit sich, das den Angriff wie durch ein Wunder überlebt hat.
Kelabs kraftraubender Parforce-Ritt steuert schnörkellos auf das finale Duell mit seinen bis an die Zähne bewaffneten Widersachern zu. Hier brechen sich die Elemente eines klassischen Rache-Westerns dann endgültig Bahn: Hinterhalte wollen gelegt, Vorteile ausgespielt und Überraschungsmomente genutzt werden. Passend zur fiebrigen Western-Atmosphäre trifft der mit zotteligen Haaren und verfilztem Bart groß aufspielende Jürgen Vogel unterwegs sogar auf Italo-Westernstar Franco Nero („Django“), der in einer Nebenrolle als Einsiedler zu sehen ist.
Und abschließend muss ja auch noch Frage geklärt werden, wie „Ötzi“ wohl an die Stelle gelangt ist, an der er Jahrtausende später entdeckt wird…
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