Wenn die Zivilisation mit der Natur in Konflikt gerät, dann bietet das vor allem vielseitigen Nährboden für packendes Genre-Kino. Das absolute Aushängeschild dieser erzählerischen Marschrichtung ist wohl John Boormans „Beim Sterben ist jeder der Erste“ (im Original: „Deliverance“) aus dem Jahre 1972. Es ist zwar nicht die Geburtsstunde des klassischen Hinterwälder-Horrors, aber neben „Texas Chainsaw Massacre“ der wohl wichtigste Eintrag in das oftmals politisierte (Sub-)Genre.
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Darum geht’s in "Beim Sterben ist jeder der Erste"
Der Abenteurer Lewis (Burt Reynolds) kann seinen Kumpel Ed (Jon Voight) und dessen Freunde Bobby (Ned Beatty) und Drew (Ronny Cox) zu einer gemeinsamen Kanutour animieren. Fern von der großstädtischen Heimat wollen sie am wilden Cahulawassee in Georgia ihre Männlichkeit unter Beweis stellen. Zusätzlicher Anreiz ist die Tatsache, dass durch den Bau eines Staudamms der reißende Fluss und seine idyllische Umgebung kurz vor der Flutung stehen.
Trotz einiger Stromschnellen verläuft der Ausflug erst einmal ohne besondere Vorkommnisse. Die angepeilte Lagerfeuerromantik aber ist schnell verflogen, als Ed und Boddy auf zwei Hinterwäldler stoßen. Trotz Beschwichtigungsversuchen wird Ed an einen Baum gefesselt und muss dabei zuschauen, wie Bobby brutal vergewaltigt wird. Als sich die Männer auch an Bobby vergehen wollen, schreitet Lewis mit seinem Bogen ein und tötet einen der Hillbillies. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf...
Geht durch Mark und Bein
John Boorman gelingt es bereits mit der ersten Minute, ein Klima der unterschwelligen Bedrohung zu erschaffen. Obwohl „Beim Sterben ist jeder der Erste“ vorerst als Abenteuer beginnt, in dem vier Großstädter in die Wälder hinausziehen, um sich bei einer Kanufahrt ihrer selbst und der wunderschönen Natur bewusst zu werden, schwelt unter der Oberfläche eine pulsierende Anspannung, die sich nach und nach ihren Weg an das Tageslicht bahnt.
Als New-Hollywood-Beitrag gehört „Beim Sterben ist jeder der Erste“ zu den Filmen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, alte Formeln aufzubrechen. John Boormans Klassiker ist dabei eben nicht nur als packender Survival-Horror angelegt, in dem die Männer sowohl gegen die unbarmherzige Natur antreten müssen, sondern nach und nach auch von degenerierten Hinterwäldern gejagt werden. „Beim Sterben ist jeder der Erste“ ist auch eine eindringliche Abrechnung mit Männlichkeitsvorstellungen.
Überlebenskampf auf mehreren Ebenen!
Während dem hypermaskulinen Lewis alsbald durch eine schwere Verletzung die Möglichkeit genommen wird, seinen „Mann zu stehen“, ist der intellektuelle, sensible Ed plötzlich die Person, die die Initiative ergreifen muss, um über sich hinauszuwachsen. Der Überlebenskampf in „Beim Sterben ist jeder der Erste“ funktioniert damit auf mehreren Ebenen – sowohl als spannungbringendes Genre-Element, als auch als Reflexion über festgefahrene Rollenmuster.
Darüber hinaus ist „Beim Sterben ist jeder der Erste“ auch heute noch ein hochgradig unangenehmes Seherlebnis. Die Vergewaltigungsszene, die heute ebenfalls legendär ist, wird sich in ihrer Erbarmungslosigkeit fraglos in euer Gedächtnis einbrennen. Aber John Boorman beherrscht es, seinen Hinterwädler-Horror, der auch maßgeblich die „Wrong Turn“-Reihe beeinflusst hat, nicht auf den vordergründigen Schock zu inszenieren, sondern ist als sich stetig verdichtendes Spannungskino dennoch vor allem an den Charakteren interessiert. Ein Meisterwerk.
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Streaming-Tipp: In diesem Steinzeit-Horror-Thriller wird Atmosphäre ganz groß geschriebenDies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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