Als Horror-Liebhaber*in konnte man sich in diesem Jahr genauso wenig beschweren wir im Vorjahr. Wir erinnern uns zurück: Es gab richtig gute Sequels („Scream 5“), Geheimtipps („Hunter Hunter“), Kontroversen („Halloween Ends“) und endlich mal wieder große Hypes („Terrifier 2“, „Smile“). Vor allem den letzten beiden Genre-Vertretern wurde richtig viel Aufmerksamkeit spendiert, was nicht zuletzt am Social-Media-Buzz gelegen hat. Ich für meinen Teil muss aber einräumen, dass weder „Terrifier 2“ noch „Smile“ als Horror-Highlights 2022 herangezogen werden sollten.
Denn wo der zweite Auftritt von Art the Clown in „Terrifier 2“ für mich nur eine überlange Bankrotterklärung gewesen ist, die neben unverhältnismäßiger Brutalität vor allem deutlich gemacht hat, dass Regisseur Damien Leone weder Gespür für Rhythmus, noch einen Sinn für Atmosphäre besitzt, ist „Smile“ für meinen Geschmack trotz seiner Ambitionen doch etwas zu sehr an plumpen Jump Scares interessiert gewesen . Deutlich gelungener ist „Barbarian“, der ab heute bei Netflix zur Verfügung steht.
Darum geht’s in "Barbarian"
Tess (Georgina Campbell) reist für ein Vorstellungsgespräch nach Detroit. Da sie gut ausgeruht zu ihrem Termin erscheinen möchte, mietet sie sich eine Unterkunft vor Ort. Dort angekommen, stellt sie fest, dass das Haus, das sie gemietet hat, bereits von einem Mann namens Keith (Bill Skarsgard) gebucht ist. Keith bietet ihr an, trotzdem dazubleiben und das Haus mit ihr zu teilen. Obwohl Tess beschließt, sein Angebot anzunehmen, beginnt sie zu vermuten, dass in diesem Haus nicht alles so ist, wie es scheint.
Doch am nächsten Tag ist Keith verschwunden und Tess geht zum Vorstellungsgespräch. Als sie auf dem Heimweg von einem mysteriösen Mann eindringlich davor gewarnt wird, sich in der Nähe des gemieteten Hauses aufzuhalten, schlägt die Stimmung allmählich um. Verängstigt stellt die junge Frau nach und nach fest, was hier wirklich vor sich geht...
Niemand ist hier sicher
Während „Barbarian“ in den Vereinigten Staaten für jede Menge Aufsehen sorgen konnte und Regisseur Zach Cregger bereits als einer der interessantesten Filmemacher der nächsten Jahre gehandelt wird, darf der Horrorfilm nun auch in Deutschland – hoffentlich – für Furore sorgen. Verdient wäre es allemal, denn wie findig Cregger hier mit der Erwartungshaltung des Publikums spielt, ist schon erstklassig. Vor allem, weil er dabei völlig akzeptiert, dass einzelne, in sich bereits stimmig aufgebaute Szenarien immer wieder aufs Neue zum Einsturz gebracht werden.
Es ist daher besser, sich nicht allzu viel im Vorfeld über „Barbarian“ zu informieren, aber so viel sei an dieser Stelle gesagt: Mit diesem abgefahrenen Ritt können es „Terrifier 2“ und „Smile“ definitiv nicht aufnehmen. Das liegt vor allem daran, weil Zach Cregger eben nicht nur ein Steckenpferd besitzt, welches er immer und immer wieder ins Zentrum rücken muss, sondern seine Vielseitigkeit gekonnt unter Beweis stellt. Größtenteils funktioniert „Barbarian“ aber erst einmal nur über das permanente Gefühl des Misstrauens und des Unwohlseins.
Schaurig, aber im Vordergrund steht der Spaß
Irgendwann, wenn Zach Cregger die Zuschauer*innen dann wiederholt auf eine falsche Fährte gelockt hat, ohne dabei immer wieder unterstreichen zu müssen, wie clever er es versteht, sein Publikum zu Marionetten zu machen, explodieren dann quasi im 10-minütigen Turnus die ganz großen Bomben. Das beginnt mit einem harten Cut, der den grandiosen Justin Long auf den Plan bringt und endet, nun ja, mit jeder Menge Irrsinn. Ein derartiger Irrsinn, der letztlich auch überhaupt keinen Wert mehr darauf legt, ob hier irgendetwas halbwegs sinnvoll erscheint. Stattdessen geht es um das Gefühl, eine Situation außer Kontrolle geraten zu lassen.
Dabei ist „Barbarian“ gleichermaßen atmosphärisch, brutal wie unfassbar unterhaltsam. Gegen Ende mischt sich sogar eine leichte Note Tragik in das Geschehen ein. Im Vordergrund steht aber der abgründige Spaß – und Zach Cregger hat es auf jeden Fall geschafft, mich über 100 Minuten bestens bei Laune zu halten. Darüber hinaus glänzt „Barbarian“ übrigens auch durch die Performance von Georgina Campbell, die sich aufopferungsvoll in ihre Rolle wirft und im Gegensatz zu Justin Long (der bewusst ambivalent bis irritierend gezeichnet ist) die Sympathien sowas von auf ihrer Seite wissen darf.
Ein anderer Horror-Spaß verschwindet in Kürze aus dem Netflix-Abo: „The Pope's Exorcist“. Hier wird Russell Crowe als Exorzist zur coolsten Sau im Vatikan. Wann der Film bei Netflix verschwindet, erfahrt ihr in folgendem Artikel:
Nur noch kurze Zeit auf Netflix: In diesem Horrorfilm wird "Gladiator"-Star Russell Crowe zur coolsten Sau im Vatikan!Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.