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    Dieser Horror-Kultfilm hat Martin Scorsese zu einem seiner größten Hits inspiriert – trotzdem habt ihr bestimmt noch nie von ihm gehört!
    Sebastian Groß
    Sebastian Groß
    -Freier Autor
    Manchmal fühlt er sich alt, weil er damals „The Big Lebowski“ oder „Matrix“ zum Kinostart gesehen hat. Andererseits konnte er damals „The Big Lebowski“ und „Matrix“ zum Kinostart sehen. Zum Glück behält er das für sich, außer jemand fragt ihn. Jetzt fragt ihn halt endlich.

    Im Horror-Genre gibt es viele Klassiker, die unverzichtbar sind. Doch Martin Scorsese hebt keinen „Halloween“ oder „The Shining“ hervor, sondern einen in Deutschland weitgehend unbekannten Kurzfilm, der in Großbritannien Kultstatus genießt.

    Wir alle machen es nur zu gerne: Filme empfehlen. Je öfter man es tut, desto mehr neigt man dazu, die offensichtlichen Klassiker, Kultfilme und Meilensteine auszulassen, um schneller zu den richtigen Perlen, den Geheimtipps vorzudringen.

    Da wir alle (vermutlich) keinen Oscar daheim in der Vitrine stehen haben, werden wir wahrscheinlich auch nicht so häufig um Filmempfehlungen gebeten wie Martin Scorsese. Ähnlich wie sein Kollege Quentin Tarantino wird der „Taxi Driver“-Regisseur nur zu gerne danach gefragt, welche Werke aus der Kinogeschichte er denn besonders beeindruckend fand.

    Als waschechter Cineast – und großer Kritiker des modernen Blockbuster-Kinos – ist es da wenig verwunderlich, dass Scorsese im Bereich Horrorfilm keinen Teil der „Conjuring“- oder „Freitag, der 13.“-Reihe empfiehlt, sondern einen Titel, von dem ihr wie der Autor dieser Zeilen zuvor bestimmt auch noch nie gehört habt!

    Für Scorsese ist der britische „Whistle And I'll Come To You“ einer der besten Horrorfilme, die es gibt. Dabei handelt es sich um einen Kurzfilm, der von der BBC im Jahre 1967 produziert und im Rahmen der Dokumentar-Serie „Omnibus“ ausgestrahlt wurde. Ein überaus traditionsreiches Programm, welches von 1967 bis 2003 produziert wurde und in dieser Zeit 12 BAFTA Awards (die sogenannten britischen Oscars) gewann.

    Das ist "Whistle And I'll Come To You"

    Der 42 Minuten lange, schwarzweiße Kurzfilm basiert auf der Geschichte „Oh, Whistle, And I'll Come To You, My Lad" von Autor M. R. James, die erstmals 1904 in der Sammlung „Ghost Stories Of An Antiquary“ erschienen ist. Die Verfilmung von Regisseur und Drehbuchautor Jonathan Miller hält sich mit kleineren Ausnahmen eng an die Vorlage.

    Im Zentrum der Geschichte steht Professor Parkins (Michael Hordern). Während eines Spaziergangs an der Küste entdeckt er bei einem alten Friedhof eine antike Pfeife mit einer lateinischen Inschrift. „Wer pfeift, dem werde ich kommen“, steht darauf geschrieben. Neugierig und etwas skeptisch bläst er in die Pfeife. Er wird es bereuen ...

    ... denn bald wird er von einer Reihe unheimlicher Vorfälle heimgesucht. Er beginnt, Albträume von einer geisterhaften Gestalt zu haben, die ihn verfolgt. Die Geschichte kulminiert in einer intensiven Szene, in der eine geisterhafte Präsenz in sein Hotelzimmer eindringt und ihn fast in den Wahnsinn treibt.

    Erfolg und Einfluss

    Als der Kurzfilm am 7. Mai 1968 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, mauserte er sich zu einem Erfolg und inspirierte den TV-Produzenten Lawrence Gordon Clark dazu, die Anthologie-Serie „A Ghost Story For Christmas“ umzusetzen, die in der Weihnachtszeit ausgestrahlt wird. Grund: Autor M. R. James wollte mit seinem „Whistle And I'll Come To You“ eine Geschichte erschaffen, die als Unterhaltung dient, um die Wartezeit an Weihnachten zu überbrücken.

    „A Ghost Story For Christmas“ wurde zunächst von 1971 bis 1978 produziert und brachte acht Kurzfilme hervor. 2005 gab es ein Revival, das bis heute anhält und bei dem auch „Sherlock“-Macher Mark Gatiss involviert ist. Er inszenierte unter anderem die letzte Folge, in der „Game Of Thrones“-Star Kit Harington die Hauptrolle spielt.

    Die Episode erschien am 24. Dezember 2023 im Programm der BBC. Was zeigt, dass sich die Briten anscheinend gerne an Weihnachten gruseln – während das deutsche Publikum lieber mit Loriot oder der „Familie Heinz Becker“ lacht.

    Scorseses Begeisterung

    Dies alles lässt sich auf „Whistle And I’ll Come To You“ zurückführen, der 2010 im Rahmen von „A Ghost Story For Christmas“ eine Neuverfilmung mit Golden-Globe-Preisträger John Hurt erhielt. Doch warum würde Martin Scorsese euch gerade diesen Horrorfilm empfehlen? Wie das Far Out Magazine in seinem Artikel ganz richtig anmerkt, dürfte der Meisterregisseur einfach ein großer Fan des eher zurückhaltenden Schreckens gewesen sein, der sich in dem Kurzfilm nach und nach ausbreitet.

    Dazu ist sehr wahrscheinlich, dass Scorsese auch das Setting gefallen hat: eine karge, schroffe Küstenlandschaft, bei deren Anblick man als Zuschauer beinahe das Meersalz in der Luft schmeckt. Eine beklemmende Szenerie, die als Inspiration für einen von Scorseses größten Thriller-Erfolgen diente: „Shutter Island“ mit Leonardo DiCaprio.

    Übrigens gibt es noch einen weiteren Horror-Geheimtipp, den euch Scorsese dringend ans Herz legt. Um welchen Film es geht, erfahrt ihr im folgenden Artikel:

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