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    "Ein monströser Misserfolg": Der Regisseur von "Der Name der Rose" hat schmerzhafte Erinnerungen an seinen ersten Spielfilm
    Michael Bendix
    Michael Bendix
    -Redakteur
    Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: von Action bis Musical, von Horror bis Komödie, vom alten Hollywood bis zum jüngsten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

    Jean-Jacques Annaud hat Hits wie „Der Name der Rose“ gedreht, doch seine Anfänge waren eher beschwerlich. Sein Regiedebüt war ein gewaltiger Flop – wurde aber schließlich sogar mit einem Oscar ausgezeichnet.

    Sein international bekanntester Film dürfte „Der Name der Rose“ sein, der im August erstmals als 4K-Blu-ray erscheint. Doch Jean-Jacques Annaud hat in seiner fast ein halbes Jahrhundert umfassenden Regie-Karriere noch eine Vielzahl weiterer erfolgreicher und von der Kritik gelobter Werke geschaffen: vom Steinzeit-Abenteuer „Am Anfang war das Feuer“ über den Tierfilm „Der Bär“ bis hin zum Historien-Epos „Sieben Jahre in Tibet“ mit Brad Pitt. Zuletzt drehte er den Dokumentarfilm „Notre-Dame in Flammen“.

    Doch seine Anfänge waren eher beschwerlich, wie der 80-Jährige unlängst in einem achtstündigen (!) Interview mit der französischen Zeitschrift Les Années Laser enthüllte, in dem er seine bewegte Karriere in aller Ausführlichkeit Revue passieren ließ (via AlloCiné). Dabei hat er nicht nur über seine schlechten Erinnerungen an einen oscarprämierten „Der Name der Rose“-Star gesprochen, sondern auch über seinen allerersten Spielfilm, den er im Jahr 1976 ins Kino brachte: „Sehnsucht nach Afrika“, der anno 1915 in Französisch-Äquatorialafrika angesiedelt ist.

    Das ist "Sehnsucht nach Afrika"

    In der Kolonialismus- und Nationalismus-Satire spielen französische und deutsche Siedler den seit vier Monaten tobenden Ersten Weltkrieg im Kleinen durch. Um der deutschen Kolonie gewachsen zu sein, rekrutieren die Franzosen zwangsweise einige der Einheimischen – wobei die Fehde nach und nach immer absurdere Züge annimmt...

    „Die Idee stammte von einem Geistlichen aus Kamerun“, erzählt Annaud von den Ursprüngen des Films. „In seiner Geschichte wurde erzählt, wie sich ein deutscher General während des Ersten Weltkriegs in einem kleinen Dorf im Norden des Landes gegen die Angriffe der Franzosen und Engländer gewehrt hatte.“

    Annaud verarbeitete die Story gemeinsam mit dem Schriftsteller Georges Conchon zu einem Drehbuch, doch bei der Realisierung trafen sie auf zahlreiche Hürden: Ihnen stand nur ein äußerst begrenztes Budget zur Verfügung, und Branchenkenner behaupteten, dass „niemand an Filmen über Schwarze interessiert sei.“

    Jean-Jacques Annaud legte Bruchlandung hin – und gewann einen Oscar

    Doch trotz des finanziellen Engpasses und dem augenscheinlichen Rassismus in Teilen der französischen Filmindustrie gelang es Annaud, die Historien-Farce in der Elfenbeinküste mit einer überwiegend einheimischen Crew in die Tat umzusetzen. Doch beim Kinostart kam das böse Erwachen: Gerade einmal 175.000 Zuschauer*innen schauten sich „Sehnsucht nach Afrika“ in den französischen Lichtspielhäusern an – ein klarer Flop.

    Bei einer Masterclass im Rahmen des Lumière Film Festivals in Lyon gab Annaud im vergangenen Jahr zu Protokoll: „Mein Film war in Frankreich ein monströser Misserfolg, zur großen Zufriedenheit meiner Kollegen.“

    Doch schlussendlich wurde die Arbeit des Regie-Debütanten doch noch belohnt: Bei der Oscar-Verleihung 1977 wurde „Sehnsucht nach Afrika“ als Bester fremdsprachiger Film mit einem Academy Award ausgezeichnet – den Annaud übrigens nach eigenen Aussagen nie zu Gesicht bekommen hat.

    „Als der Film den Oscar gewann, war ich zu Hause in Paris und nicht in Los Angeles“, so der Filmemacher. „Mein Schweizer Co-Produzent Arthur Cohn hatte die Amerikaner in dem Glauben gelassen, ich sei schwarz, und es hätte in seinen Augen dem Film geschadet, wenn sie gewusst hätten, dass ich weiß bin. […] Ich habe den Oscar nie gesehen. Er muss auf Arthur Cohns Schreibtisch liegen.“

    In seinem 8-Stunden-Interview hat Annaud übrigens auch über eine Ikone gesprochen, mit der er bei der Vorbereitung zu einem 90er-Jahre-Erfolg heftige Probleme hatte. Um wen es geht und was genau passiert ist, erfahrt ihr im folgenden Artikel:

    "Ich musste monatelang ihren miesen Charakter ertragen": Diese Ikone machte dem Regisseur von "Der Name der Rose" das Leben schwer

    Ein ähnlicher Artikel ist zuvor auf unserer französischen Schwesternseite AlloCiné erschienen.

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