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    Dieser Western von und mit Johnny Depp kam so schlecht an, dass der "Fluch der Karibik"-Star den Kinostart verhinderte
    Sebastian Groß
    Sebastian Groß
    -Freier Autor
    Manchmal fühlt er sich alt, weil er damals „The Big Lebowski“ oder „Matrix“ zum Kinostart gesehen hat. Andererseits konnte er damals „The Big Lebowski“ und „Matrix“ zum Kinostart sehen. Zum Glück behält er das für sich, außer jemand fragt ihn. Jetzt fragt ihn halt endlich.

    1997 versuchte sich Johnny Depp als Regisseur. Doch nach der Weltpremiere wurde der Film von der Kritik zerrissen, was dazu führte, dass der Hollywood-Star dem Regiestuhl fast 30 Jahre fernblieb.

    Ben Affleck und Bradley Cooper sind derzeit wohl die bekanntesten Hollywood-Namen, die sich neben ihrer Schauspielkarriere auch als Regisseure versuchen. Der Wechsel hinter die Kamera ist dabei kein neuer Trend. Seit den Anfängen des Kinos haben Filmstars immer wieder versucht, sich als Regisseure zu etablieren. Ein Beispiel ist Clint Eastwood, der im April 2024 seinen 41. Film „Juror #2“ abgeschlossen hat.

    Neben den Erfolgsgeschichten gibt es jedoch auch Hollywood-Prominenz, deren Regieversuche gescheitert sind. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Film schlecht ist. Ein herausragendes Beispiel ist „Die Nacht des Jägers“, die einzige Regiearbeit des angesehenen Schauspielers Charles Laughton. Der Film ging 1955 völlig unter, gilt heute jedoch als einer der besten Thriller aller Zeiten!

    Auch Johnny Depp versuchte sich als Regisseur. Sein Debüt war das Western-Drama „The Brave“. Trotz seiner Mitwirkung vor und hinter der Kamera und einer medienwirksamen Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Cannes im Jahr 1997 floppte der Film allerdings komplett. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass selbst große Fans des „Fluch der Karibik“-Stars nicht einmal wissen, dass es „The Brave“ überhaupt gibt.

    Tristesse und Snuff: Das ist "The Brave"

    In „The Brave“ spielt Depp Raphael. Dessen Alltag ist geprägt von fehlenden Perspektiven und Tristesse, die er mit Alkohol zu überstehen versucht. Mit seiner Familie lebt er auf einer Mülldeponie und versucht, durch kriminelle Geschäfte etwas Geld zu verdienen, was ihn immer wieder ins Gefängnis bringt. Der dubiose Geschäftsmann McCarthy schlägt ihm einen Deal vor: Er bietet Raphaels Familie 50.000 US-Dollar, wenn sich Raphael vor laufender Kamera foltern und töten lässt. Raphael willigt ein.

    Der Film erzählt die letzten Tage im Leben von Raphael und endet mit seinem Betreten einer Fabrikhalle, in dem der grausame Dreh des Snuff Movies stattfinden soll. Wer also gehofft hatte, dass Depp hier eine Variante eines Torture-Porns wie „Hostel“ geschaffen hat, dürfte enttäuscht werden.

    Das Erzähltempo ist gemächlich, die Stilistik lakonisch. Es ist deutlich erkennbar, dass sich Depp bei Indie-Darling Jim Jarmusch inspirieren ließ, mit dem er zwei Jahre vor „The Brave“ den metaphysischen Western „Dead Man“ drehte. Beide Titel beschäftigen sich mit dem Sterben und Abschiednehmen. Doch während „Dead Man“ heute einen Kultstatus besitzt, ist „The Brave“ so gut wie vergessen. Warum?

    Nach der Weltpremiere ging es bergab

    Bei seiner Premiere auf den Filmfestspielen von Cannes 1997 wurde Depps Regiedebüt wohlwollend aufgenommen, doch für einen Preis reichte es nicht. Das hätte möglicherweise auch zu Spannungen geführt, da Depps alter Freund und Stammregisseur Tim Burton Teil der Jury war. Den Vorsitz hatte die französische Schauspielerin Isabelle Adjani.

    Nach der Premiere wurde „The Brave“ allerdings von der Kritik zerrissen. Vor allem die US-amerikanischen Rezensent*innen fanden wenig Gutes an dem Elendsdrama. Depp war so bestürzt, dass er sich weigerte, seinen Film offiziell in den Vereinigten Staaten zu veröffentlichen. Auch international gab es nur wenige Märkte, die „The Brave“ im Kino zeigten. In Deutschland erschien der Film im Herbst 1998 nur als Videopremiere, bis 2016 eine HD-Veröffentlichung auf Blu-ray folgte.

    Depps Reaktion mag übertrieben erscheinen, aber der Film war sein Herzensprojekt. Er führte nicht nur Regie und spielte die Hauptrolle, sondern schrieb auch am Drehbuch mit – gemeinsam mit seinem Halbbruder Daniel Depp, der sich nach dem Flop als Autor von Kriminalromanen* einen Namen machte.

    Dazu tummeln sich um „The Brave“ als Projekt viele Freunde von Depp. Für die Musik war zum Beispiel Rockstar Iggy Pop verantwortlich, und in der Rolle des ominösen McCarthy spielte sogar Hollywood-Titan Marlon Brando mit – angeblich sogar kostenlos, was für ihn ungewöhnlich war:

    Der Star des besten Films aller Zeiten wollte 2 Millionen Dollar Gage – und das für nur 2 (!) Arbeitstage!

    Wer sich „The Brave“ anschaut, wird die künstlerische Vision erkennen, die Depp im Sinn hatte. Doch vielleicht war die Geschichte für (s)ein Regiedebüt einfach zu groß und tiefgründig. Die ganz große Schelte hat weder der Film noch sein Macher verdient, aber durchgängig überzeugend ist das Werk dann leider auch nicht.

    Depp wagte 27 Jahre später einen zweiten Regie-Versuch

    Der Misserfolg von „The Brave“ sorgte schließlich dafür, dass Depp zunächst keine weiteren Filme mehr inszenierte. Zwischen 2001 und 2009 drehte er Musikvideos für seine damalige Frau Vanessa Paradis. Doch Ende 2023 inszenierte er mit „Modi“ wieder einen Spielfilm, 27 Jahre nach seinem Debüt!

    „Modi“ spielt 1916 in Paris. Der Künstler Amedeo Modigliani betrachtet sich als Misserfolg. An einem Abend entlädt sich seine Frustration in skandalösem Verhalten und der kostspieligen Beschädigung eines Lokals. Plötzlich befindet er sich auf der Flucht vor der Polizei. Unterstützt von seinen Freunden plant er, aus Paris zu fliehen, doch dafür braucht er Geld...

    Neben dem „John Wick: Kapitel 2“-Schurken Riccardo Scamarcio als Hauptdarsteller spielt auch Oscar-Preisträger Al Pacino in dem Film mit, der vermutlich 2025 erscheinen wird. Ein offizielles Startdatum steht noch aus. Aktuell scheint es, dass Johnny Depp sich ausschließlich auf seine Position als Regisseur konzentriert und keine Rolle in „Modi“ übernommen hat.

    Warum auch? In seiner Filmvita finden sich so viele interessante Charaktere, dass er eigentlich niemandem mehr etwas beweisen muss. Auch wenn er es früher gerne versuchte und dabei – ähnlich wie seine Paraderolle des Jack Sparrow – auch mal Schiffbruch erlitt:

    "Ich bin der Alpha-Vampir": Johnny Depps Kampfansage an Robert Pattinson ging ziemlich nach hinten los

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