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    Wegen dieses Films ist "Der Pate"-Regisseur Francis Ford Coppola pleite gegangen: Vergessener Kult-Klassiker neu im Heimkino
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Ob Showtunes im Broadway-Stil, zuckersüße Teenie-Pop-Revue oder bluttriefende Rock-Party: Sidney hat eine Schwäche für Musicals, die ihn bereits durch allerlei cineastische Höhen und Tiefen geführt hat.

    „Barbie“-Star Ryan Gosling liebt diesen legendären Flop des „Apocalypse Now“-Regisseurs, jetzt gibt es ihn besser als je zuvor im Heimkino: Erlebt nun die melancholisch-romantische, gefloppte Farborgie „One From The Heart“ völlig neu!

    Mit Filmen wie „Der Pate“ wurde Francis Ford Coppola zur wandelnden Regielegende. Doch er legte auch eine geschichtsträchtige Bruchlandung hin: Sein „Apocalypse Now“-Nachfolgeprojekt „Einer mit Herz“ (Originaltitel: „One From The Heart“) war ein ambitioniertes, widersprüchliche Filmepochen vereinendes Experiment, das ihm jahrzehntelangen Bankrott eingebrockt hat.

    Allerdings eroberte sich der mittlerweile auch in Deutschland unter seinem Originaltitel bekannte Film seither eine innige, prominente Fanbase. Jetzt könnt ihr den Film völlig neu erleben. Denn ab sofort gibt es „One From The Heart“ sogar in brillantem 4K:

    Neben der restaurierten Kinofassung enthält das Set auch den kürzlich von Coppola erstellten Reprise Cut, der bislang ungenutztes Material umfasst, aber auch straffer ist. Parallel dazu feierte der Kino-Misserfolg seine Blu-ray-Premiere* – ebenfalls mit Kinofassung und Reprise Cut. Beide Editionen sind vollgepackt mit Extras!

    Und falls ihr physischen Medien bereits abgeschworen habt, blutet unser Herz zwar ein wenig, dennoch könnt ihr die Kinofassung bei Amazon Prime Video* erwerben, ebenso wie den Reprise Cut*.

    "One From The Heart": Lieben und Leiden in Las Vegas

    Mechaniker Hank (Frederic Forrest) und seine Freundin Frannie (Teri Garr) führen ein glanzloses Leben. Selbst der Sex ist zur ätzenden Pflicht verkommen. Dann passiert es: Ein Alltagsstreit wird zur handfesten Beziehungskrise inklusive Untreue-Beichten. Daraufhin lernt die in einem Reisebüro arbeitende Frannie den eleganten Ray (Raúl Julia) kennen, während Hank die strahlende Zirkusartistin Leila (Nastassja Kinski) bezirzt. Frannie und Hank können ihr Glück kaum fassen – ebenso wenig wie ihre nagenden Schuldgefühle...

    Einerseits ist „One From The Heart“ der letzte Atemzug der New-Hollywood-Ära. Hinter den Kulissen, da Coppola sich künstlerische Freiheit erkauft hat. Inhaltlich, weil „One From The Heart“ beiläufige Nacktheit enthält und sich um zwei schroffe Figuren dreht, die willentlich Fehltritte begehen. Andererseits ist das Liebesdrama ein Rückgriff auf Hollywoods Goldene Studioära. Denn es wurde vollständig in Coppolas Studio und auf dessen Parkplatz gedreht.

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    Die weitläufigen Sets des Produktionsdesigners Dean Tavoularis bemühen sich teils um Realismus, dann wieder deklarieren sie theatrale Künstlichkeit zur eigenen Kunst. All das, um (hässlichen Streits zum Trotz) eine schwelgerische Auffassung von Romantik in Szene zu setzen!

    Eine Legende hört auf ihr Herz – und wird bestraft

    Der Titel „One From The Heart“ ist kein Zufall: Coppola machte sich in den 70ern wiederholt Projekte zu eigen, die als Karrierekalkül anfingen. Er übernahm die Bestselleradaption „Der Pate“, weil er einen sicheren Hit benötigte. „Der Pate II“ machte er, weil Martin Scorsese ablehnte. Dann sprang er beim eingangs für George Lucas vorgesehenen Antikriegsfilm „Apocalypse Now“ ein – woraufhin das Projekt eskalierte.

    Sein nächster Film sollte wieder von Beginn an vom Herzen kommen – und zudem den Einschränkungen realer Schauplätze den Kampf ansagen. Kaum war dieser Entschluss gefasst, steigerte sich Coppola in den Versuch hinein, die funkelnd-theatrale Verspieltheit früherer Hollywood-Musicals mit neuartigem Aufwand zu verquicken.

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    Aus einem anfänglichen Zwei-Millionen-Dollar-Unterfangen wurde ein 26 Millionen Dollar teures Mammutprojekt – mit haufenweise Miniaturen, gigantischen Sets und Unmengen an Neonlichtern. Zudem wurde eine Methode entwickelt, um am Set auf Video zu überprüfen, was soeben auf Zelluloid gebannt wurde. Das half Coppola, haufenweise Szenenübergänge und Überblendungen mit nahezu beispielloser Genauigkeit herbeizuzaubern. Das ist beeindruckend, war in seiner selbstbewussten Eigenwilligkeit 1982 aber schwer zu verkaufen:

    In den USA nahm das 26-Millionen-Dollar-Film gerade einmal 636.796 Dollar ein – eine wirtschaftliche Vollkatastrophe. Gram verspürt Coppola jedoch nicht: Er schwärmt davon, dass er seinen Film mit Herz gemacht hat. Der hat mittlerweile auch so namhafte Fans wie Baz Luhrmann, der in Filmen wie „Moulin Rouge!“ und „Elvis“ eine ähnliche Bildsprache pflegt.

    Auch Denis Villeneuve hat eine Schwäche für „One From The Heart“: Wiederholt nutzten er und „Blade Runner 2049“-Produktionsdesigner Dennis Gassner, der als Assistent an Coppolas teurem Flop mitwirkte, das Musicaldrama als Referenz!

    Hank (Frederic Forrest) träumt in „One From The Heart“ ungeduldig von Leila (Nastassja Kinski). Jahrzehnte später starrt K (Ryan Gosling) in „Blade Runner 2049“ schweren Herzens auf ein Werbe-Hologram für Joi (Ana de Armas). Sony Pictures Releasing / StudioCanal Deutschland
    Hank (Frederic Forrest) träumt in „One From The Heart“ ungeduldig von Leila (Nastassja Kinski). Jahrzehnte später starrt K (Ryan Gosling) in „Blade Runner 2049“ schweren Herzens auf ein Werbe-Hologram für Joi (Ana de Armas).

    Das hatte was von einer filmischen Familienzusammenführung. Nicht nur, da „Blade Runner 2049“-Star Gosling sich gegenüber Variety als „One From The Heart“-Fan bekannt hat. Sondern auch, weil der Original-„Blade Runner“ Coppola viel verdankt: Laut Vanity Fair kauften Ridley Scott und sein Team ihm für ihren Sci-Fi-Noir massig „One From The Heart“-Neonlichter ab!

    Deshalb hat "One From The Heart" Respekt verdient

    Coppolas Las-Vegas-Abstecher ist ein Erlebnis für Musicalfans, die alternative Genre-Herangehensweisen bewundern. Sowie eine gute Musical-Heranführung an Filmfans, die sonst irritiert sind, wenn Figuren in Situationen singen und tanzen, in denen sonst kaum wer singen und tanzen würde. Denn hier ereignen sich die von „Singin' In The Rain“-Musicallegende Gene Kelly mitverantworteten Tanzszenen allein während Unabhängigkeitstag-Feierlichkeiten sowie in inniger Zweisamkeit.

    Und einzig Kinskis exzentrische Zirkuskünstlerin säuselt neckisch ein Hank aus der Reserve lockendes Lied. Den Rest übernehmen Crystal Gayle und Tom Waits, die mit rauchigem Blues die Ereignisse einordnen, überspitzen oder konterkarieren. Der Verzicht auf Realität erfolgt stattdessen in magisch-fließenden Übergängen und Verschmelzungen parallel ablaufender Ereignisse – sowie in der intensiven, pathosgeladenen Lichtsetzung:

    Coppola und die Kameramänner Vittorio Storaro & Ronald Victor García überschütten Bilder mit vibrierend-verführerischen Rottönen, tauchen sie in melancholisch-sehnsüchtiges Nachtblau, werfen dramatisches Giftgrün auf eifersüchtige Gesichter und lassen Vegas in Neonlichtern blinken, als sei es die Las-Vegas-Miniatur in einem Flipperautomaten.

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    Es sind dieses wilde Farbglühen, die exaltierte Montage von Rudi Fehr, Anne Goursaud und Randy Roberts, sowie die Lieder aus dem Off, die das verdeutlichen, was die Figuren nicht können. Weil sie zu eitel sind. Zu gekränkt. Sich zu sehr verstellen, um ihre Neueroberungen zu beeindrucken. Weil sie kommunikativ überfordert sind. Oder bei einem verkrampften Traumdate zu spät zu Wort kommen, um ihr reales Wesen auszudrücken.

    Zugleich ist „One From The Heart“ ein fiebriger Tanz zwischen überhöht-romantischen Hoffnungen, dramatischer Desillusionierung und dem vorsichtigen Herantasten an einen geerdeten Kompromiss: Es geht darum, sich nicht mit dem Minimum zufrieden zu geben, sowie darum, sich nicht in weltfremde Träume zu verlieren, denen die reibende Spannung des Alltags fehlt.

    Kein Wunder, dass dieser Film, der seine Figuren nach den Sternen greifen lässt und sie ebenso auf den Boden der Tatsachen zurückholt, zu Damien Chazelles Inspirationen für „La La Land“ zählt. Einzelne Szenen wurden sogar auf demselben Studiogelände gedreht wie Coppolas zwischendurch etwas spröder, aber stets hypnotisierender Misserfolg voller herzlich pochender Inspiration.

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