Denn in den USA hat „Passages“ ein NC-17-Rating bekommen. Es ist die höchste Altersfreigabe, welche in Nordamerika möglich ist. Es erlaubt nur Erwachsenen ab 18 Jahren den Zugang zu einem Film – ohne jegliche Ausnahme. Bis 1990 trug die Freigabe noch den Namen „X-Rating“ und war vor allem Pornofilmen vorbehalten. Um es auch auf andere Filme auszuweiten, ohne diese direkt mit dem Label „Porno“ zu brandmarken, wurde der Name der Altersfreigabe geändert.
Sie wird sehr selten vergeben und bringt große Einschränkungen mit. Es ist schließlich nicht nur die einzige Altersfreigabe, bei der ein so großer Teil des Publikums wirklich komplett ausgeschlossen ist. Zudem gibt es viele Kinos, die sich weigern, Filme mit diesem Rating zu zeigen. Wiederholt wurde die Freigabe an Titel mit etwas grafischeren Sexzenen mit LGBTQ+-Bezug vergeben. Einige Beispiele aus den vergangenen Jahren sind der Netflix-Film „Blond“, bei dem Ana de Armas als Marilyn Monroe auch Dreier mit zwei Männern hat oder das lesbische Beziehungsdrama „Blau ist eine warme Farbe“. Das ist wohl nun auch im Fall von „Passages“ der Anstoß.
Ist die US-Altersfreigabebhörde anti-gay, anti-fortschrittlich, anti-sexuell?
Es ist auch der Grund, dass Regisseur Ira Sachs heftig über die Altersfreigabe für sein Drama um eine Dreiecksbeziehung zwischen einem schwulen Ehepaar (der deutsche Star Franz Rogowski und James Bonds Q-Darsteller Ben Whishaw) und der Französin Agathe (die preisgekrönte Adèle Exarchopoulos). Gegenüber der Los Angeles Times beklagte er eine „Form der kulturellen Zensur“. Es sei „gefährlich“, dass ausgerechnet LGBTQ+-Filme von dieser Freigabe immer wieder eingeschränkt werden.
Es sei zudem „niederschmetternd und reaktionär“, wenn diese Filme dann quasi ausgeschlossen werden, wobei er auch den Prozess der Altersfreigabeentscheidung kritisiert: „Es ist, als würden die 1950er-Jahre weiter existieren. Wir sprechen über ein Gremium, welches nicht sichtbar ist, seine Regeln bekannt gibt, im Schweigen existiert. Wir reden über eine ausgewählte Gruppe von Menschen, die eine bestimmte Ausrichtung haben, die anscheinend anti-gay, anti-fortschrittlich, anti-sexuell und viele andere Dinge sind.“ Damit spielt Sachs wohl auf die Kommunistenverfolgung in den USA in den 1950er an, als diverse Komitees in einem völlig undurchschaubaren Prozedere unliebsame Personen, mehrfach auch homosexuelle Künstler*innen, als Kommunisten brandmarkten und mit einem Berufsverbot belegten.
"Passages": ab August im Kino
Verleih MUBI gab übrigens bekannt, dass man den Film natürlich trotzdem ungekürzt in den USA herausbringen wird. Ab dem 4. August werde er „unrated“, also ohne Freigabe, was die Ablehnung des NC-17-Siegels verdeutlicht, in New York und Los Angeles laufen, danach über das restliche Land ausgerollt werden. In Deutschland wird „Passages“ ab dem 31. August 2023 in den Kinos laufen. Hierzulande ist der Film übrigens von der FSK ab 16 Jahren freigegeben.
Seine Premiere feierte „Passages“ bereits auf den Filmfestspielen in Sundance und Berlin – und wurde dabei von der Kritik größtenteils positiv aufgenommen und gefeiert. Bei der US-Kritikensammelseite Metacritic steht sogar eine herausragende Wertung von 81 Punkten, womit der Film das Siegel als „Must-See“ bekommen hat. Bei Rottentomatoes sind 90% der Rezensionen positiv. Hier bei FILMSTARTS gibt es gute 3,5 Sterne.
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