Die Geschichte ist so absurd, dass sie einfach von der Filmwelt aufgegriffen werden musste: Mitte der 1980er-Jahre hat ein Schwarzbär einen ganzen Seesack voller Kokain weggeschnupft. Dass es zu diesem Vorfall, der dem Vierbeiner letztlich übrigens das Leben kosten sollte, überhaupt kommen konnte, lag am Drogenfahnder Andrew Thornton. Dieser wollte sich selber als Schmuggler versuchen, hatte das Flugzeug aber zu schwer beladen und entsorgte deswegen einen Großteil des Kokains über dem Chattahoochee National Forest.
„Cocaine Bear“ nimmt sich dieser Ausgangslage an, lässt den Schwarzbären aber nicht aufgrund einer Überdosis das Zeitliche segnen, sondern erst so richtig aus der Haut fahren. Dass sich ausgerechnet ein großes Hollywoodstudio dafür verantwortlich zeigt, diese Geschichte in die Kinos zu bringen (und nicht etwa The Asylum und Konsorten), muss man den Verantwortlichen in der Führungsetage von Universal Pictures durchaus hoch anrechnen. Das Ergebnis enttäuscht aber dennoch auf ganzer Linie, denn „Cocaine Bear“ weiß nicht, was er sein will.
Weder Fisch noch Fleisch
Was man der Regie von Elizabeth Banks („3 Engel für Charlie“) durchaus anmerkt, ist, dass die Filmemacherin eine Leidenschaft für das 70er- und 80er-Jahre Genre-Kino besitzt. Filme wie William Girdlers „Grizzly“ oder Joe Dantes „Piranha“ standen fraglos Pate für „Cocaine Bear“. Doch im Gegensatz zu diesen Semi-Klassikern des Tier-Horrors ist sich Elizabeth Banks nicht im Klaren darüber, wie sie ihre nunmehr dritte Regiearbeit eigentlich ausgestalten möchte. Das führt nicht nur zu stilistischen Irritationen, sondern stolpert auch inhaltlich fortwährend über die eigenen Tatzen.
Was man von einem Film wie „Cocaine Bear“ erwartet, steht ja wohl von vornherein fest: Der Bär muss einfach komplett ausrasten. Der Gewaltgrad sollte dabei auf jeden Fall so absurd hoch sein, dass er nicht einmal im Ansatz für voll genommen werden könnte und durch die stetige Übertreibung vom Jubel der Massen im Kinosaal euphorisch quittiert wird. Alexandre Aja hat zum Beispiel mit „Piranha 3D“ bewiesen, wie man einen richtig guten Party-Reißer in Szene setzt.
„Cocaine Bear“ kann davon nur träumen. Viel schlimmer noch: die inszenatorische Harmlosigkeit des Films langweilt. Denn auch wenn der Bär einmal eine Line Koks von einem abgerissenen Bein ziehen darf, gibt es darüber hinaus keinen Moment in dem man das Gefühl hat, dass Elizabeth Banks sich hier wirklich etwas traut und einmal so richtig vom Leder zieht. Gerade in Sachen Gewalt ist „Cocaine Bear“ überraschend zurückhaltend – und mit einer FSK-16-Freigabe vollkommen richtig bedient. Da sorgt dann auch jene Sequenz, in der eine auf einer Trage fixierte Rangerin aus einem Auto fällt und mit dem Gesicht nach unten viele Meter über den blanken Asphalt gezogen wird, nur für ein müdes Schulterzucken.
Horror, Komödie, Familienfilm?
Dass „Cocaine Bear“ nicht richtig hemmungslos zur Tat schreitet und sich nicht einfach mal traut, die Grenzen des guten Geschmacks konsequent zu überschreiten, liegt auch daran, dass Elizabeth Banks nicht weiß, in welche Richtung sie sich mit ihrem Film eigentlich bewegen soll: Tier-Horror-Hommage, pubertäre Komödie, Familienfilm? Dadurch, dass sich „Cocaine Bear“ fortwährend aber in alle drei Richtungen orientiert, wird keiner der einzelnen Aspekte mit der nötigen Aufmerksamkeit angegangen und „Cocaine Bear“ wirkt wie eine unbeholfene Ansammlung an motivischen Allgemeinplätzen.
Um richtig Spaß zu bereiten, ist „Cocaine Bear“ nämlich nicht nur zu angepasst, sondern hat auch das Problem, dass er einfach nur immer wieder denselben Koks-Bär-Gag abspielt, ohne diesen mit Esprit zu variieren. Hier wird dann eben auch deutlich, dass man Trash-Appeal nicht erzwingen kann. Und dass man darüber hinaus auch nur eine Sekunde wirklich annehmen könnte, die Geschichte um Mama Siri (Keri Russell) würde tatsächlich einen Funken Emotionalität entfesseln, ist der größte Witz überhaupt. Diese entpuppen sich eher als nervige Zwischenpassagen, die immer wieder die Geschwindigkeit des Films drosseln.
Und das mit dem Tier-Horror wurde ja bereits etwas weiter oben angesprochen: „Cocaine Bear“ geht in Sachen Gore und Splatter nicht aufs Ganze, sondern lässt den Bären nur mit halber Kraft durch das dichte Dickicht wüten. Davon ab ist Elizabeth Banks natürlich auch nicht daran interessiert, das Creature-Feature-Subgenre atmosphärisch anzugehen. Bis auf einige stimmungsvolle Aufnahmen der Wälder sucht man hier letztlich vergeblich auf Bilder, die einem wirklich in Erinnerung bleiben könnten. Und das gilt für das gesamte Machwerk.