Regisseur Roman Polanski floh als Kind selbst aus dem polnischen Ghetto, um welches sich sein Oscar-prämierter Film „Der Pianist“ dreht, und versteckte sich vor den Nazis. Sein Weg führte ihn später über England in die USA, seinen internationalen Durchbruch hatte er mit „Tanz der Vampire“, bei dessen Dreh er seine künftige Frau Sharon Tate kennenlernte.
Auch in seinem Kult-Shocker „Rosemary's Baby“ spielte Sharon Tate die Hauptrolle. Was dann passierte, sollte Quentin Tarantino in seinem „Once Upon a Time... in Hollywood“ verarbeiten: Hochschwanger wurde sie Opfer eines Mordanschlags des Sektenführers Charles Manson.
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Eng verbunden ist der Names des Regisseurs allerdings auch mit einer 1977 vor einem Gericht in Los Angeles erhobenen Vergewaltigungs-Anklage. Mit einem Deal versuchte er eine reduzierte Haftstrafe zu erlangen, floh dann aber aus den USA, als sich abzeichnete, dass der Richter davon nichts wissen will. Später wurden weitere Vergewaltigungsvorwürfe gegen Polanski öffentlich. In die USA kann er nicht mehr einreisen, weil er sonst verhaftet werden würde. Seinen Oscar für die beste Regie für „Der Pianist“ nahm er so nicht selbst entgegen.
Doch hier soll es nicht um den Menschen, sondern den Filmemacher gehen, dessen Drama über den Holocaust ein so eindringlicher wie sehenswerter Film ist. Denn Roman Polanski ist ein kluger Filmemacher, der mit seinen Inszenierungen brilliert.
Darum geht es in „Der Pianist“:
Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) ist ein angesehener Pianist beim polnischen Rundfunk. Der Einmarsch deutscher Truppen 1939 ändert für ihn und seine Familie alles: Die Deutschen pferchen die fast 400.000 polnischen Juden in ein von Mauern umzäuntes Ghetto inmitten von Warschau ein. Als seine Familie ins KZ nach Treblin abtransportiert wird, kann er dank eines Bekannten fliehen. Die Jahre darauf verbringt er einsam, sich versteckend, auf der Flucht – bis er zuletzt auf in einem leerstehenden Haus im zerbombten Warschau auf den Offizier Wilm Hosenfeld (Thomas Kretschmann) trifft.
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Schonungslos authentisch und unmittelbar nah
Der Film basiert auf den autobiographischen Memoiren des realen Wladyslaw Szpilman, der das Warschauer Ghetto überlebte und im Jahr 200 mit 98 Jahren gestorben ist.
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Unbestreitbar wahr und authentisch wird die Geschichte für uns durch Hauptdarsteller Adrien Brody, der Szpilman mit einer Intensität mimt, dass es einem unter die Haut gehen muss. Zur Vorbereitung auf die Rolle nahm er 14 Kilogramm ab, verkaufte sein Auto und gab seine Wohnung auf, um dem Gefühl von Verlust und Einsamkeit möglichst nahezukommen.
Dieses Gefühl überträgt sich auf den Zuschauer, es ist vor allem die Beklemmung, die bleibt: Szpilman, wie er lautlos durch Wohnungen streift. Die Hände über ein Klavier gleiten lässt, ohne dieses zu berühren, um nicht entdeckt zu werden. Über Monate mit dem Minimum auskommend, ausharrend und irgendwie überlebend.
Der Horror war nur allzu real
Und dazwischen immer wieder Momente, die einen erschaudern lassen, eben auch mit dem Wissen: Der Horror war nur allzu real! Roman Polanski inszeniert das Grauen des Nazi-Terrors mit einer ergreifenden Unmittelbarkeit: ein Rollstuhlfahrer, der aus dem Fenster geschmissen wird; eine Frau, die ihr Baby erstickt hat; ein Junge, unter einer Mauer feststeckend, totgeprügelt.
Es ist dann beinahe schon unfreiwillig komisch mit anzusehen, wie Szpilman am Ende, entfernt an einen obdachlosen Robinson Crusoe erinnernd, mit seiner Gurkendose unter dem Arm durch das Bild hinkt. Wenn es eben nicht so tragisch und beklemmend wäre.
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