Satte sechs Jahre ist es her, dass die Komödie „Big Mamas Haus“ einen überraschenden Box-Office-Erfolg einfuhr. Warum die Fortsetzung solange auf sich warten lassen hat, dürfte nicht nur im Terminplan von Hauptdarsteller Martin Lawrence begründet sein. Mit dem Original erreichte er seinen höchsten Marktwert, kassierte anschließend Gagen zwischen 15 und 20 Millionen Dollar. Ein schnelles Sequel wäre schlicht zu teuer gekommen. Nun, vier Flops (Schlimmer geht´s immer, „Ritter Jamal“, „National Security“, Volltreffer: Ein Supercoach greift durch) und einen Blockbuster (Bad Boys II) später, hat Lawrence einen sicheren Hit bitter nötig. Dass die hochgradig alberne Klamotte „Big Mamas Haus 2“ besser im Sonntagvormittags-TV-Programm aufgehoben ist, sollte die Anhänger des ersten Teils nicht abschrecken.
Das FBI ist in heller Aufruhr. Ein gefährliches Computervirus bedroht die nationale Sicherheit. Auch wenn er sich aus Liebe zu seiner hochschwangeren Freundin Sherry (Nia Long) von den gefährlichen Undercover-Einsätzen an einen Schreibtisch zurückgezogen hat, kann Agent Malcolm Turner (Martin Lawrence) einfach nicht anders. Selbst seine alte Abteilung will ihn nicht dabei haben. Deshalb schleicht sich Malcolm als wuchtiges Kindermädchen Big Momma verkleidet in das Haus des Hauptverdächtigen Tom Fuller (Mark Moses) ein. Dessen Frau Leah (Emily Procter) ist mit der Erziehung der Kinder Molly (Kat Dennings), Carrie (Chloe Moretz) und Andrew (Preston und Trevor Shores) überfordert. Big Momma will den Haushalt in den Griff bekommen und ganz nebenbei das Verbrechen aufklären...
Ein erwachsener Mann unter einem Fat-Suit als 70-jährige Big Momma verkleidet: Wem dies schon zu blöd klingt, der sucht besser den größtmöglichen Abstand zu „Big Mamas Haus 2“. Diese kurze Beschreibung ist der Knackpunkt zum Film. Wer sich über den Boden kugelt, wenn Martin Lawrence in einem kaum spürbaren Hauch von Story (siehe oben) chargiert, als gäb’s kein Morgen mehr, der sollte auf jeden Fall ein Kinoticket lösen. Der Film versagt zwar als Komödie, doch ironischerweise kann er als Parodie auf eine Komödie wenigstens ein paar herzhafte Lacher einfahren. Wer auch nur eine Sekunde des Films halbwegs ernst nimmt, ist a) selbst schuld und b) hoffnungslos verloren. Die gute Nachricht: Regisseur John Whitesell („Malibu´s Most Wanted”), der Raja Gosnell ablöste, setzt den Fäkalhumor des ersten Teils komplett ab. Die schlechte Nachricht: In Sachen Albernheiten gibt er dem Affen noch einmal richtig Zucker.
Es ist ein Kreuz, dass ein Hollywood-Unterhaltungsfilm doch tatsächlich eine Handlung haben muss, mögen sich die Produzenten gedacht haben. Aber warum sich lange mit so etwas aufhalten, wenn ich Don Rhymer als Drehbuchautor bekommen kann? Der zeichnet immerhin für Meilensteine wie Honeymooners, Santa Clause 2 oder Agent Cody Banks 2 verantwortlich – und eben für das Original. Wenn er schon kein Interesse an der Handlung hat, dann wenigstens an den Charakteren? Nein, auch Fehlanzeige. Malcolm alias Big Momma ist zwar durchgehend auf der Leinwand zu sehen, aber eine plausible Entwicklung seiner Figur findet nicht statt. Die schwangere Freundin platzt zuhause fast vor lauter Schwangerschaft, aber ihren sie über alles liebenden Freund kümmert das herzlich wenig.
Um was also geht es in „Big Mamas Haus 2“ überhaupt? Richtig, um die große Martin-Lawrence-One-Man-Show – nicht mehr und nicht weniger. Lawrence, unbestritten ein großartiger Komiker, kann mit seiner Energie die ganze Leinwand zum Beben bringen. Aber mit hoher, verstellter Stimme unter einem Berg von Latex zu grimassieren, ist einfach zu viel des Guten. Lustig ist das in den seltensten Fällen. Ein wenig Situationskomik fällt zwar schon ab, aber wenn der Film überhaupt punkten will, sind es die kleinen ironischen und zynischen Spitzen, die Lawrence seiner Big Momma zwischenzeitlich aus dem Mund sprudeln lässt. Doch das sind nur Strohfeuer, die durch die völlige Belanglosigkeit der Story schnell wieder brutal ausgetreten werden.
Martin Lawrence, 1965 in Frankfurt am Main geboren, ist kein Vorwurf zu machen. Er geht aus sich heraus - bis an die äußerste Schmerzgrenze des Zumutbaren. Zwei Stunden täglich musste er in der Maske verbringen, um sich in Big Momma zu verwandeln. Dass seine Situationen im Film zu selten komisch sind, ist nicht seine Schuld, sondern die von Drehbuchautor Don Rhmyer. Regisseur John Whitesell macht sich nicht einmal die Mühe, die üblichen Genre-Versatzstücke sinnvoll zusammenzusetzen. Ein wenig säuselnde Moral (die Familie ist das Wichtigste, geh’ deinen Weg, etc...) und ansonsten immer voll draufhalten auf Martin Lawrence. Das ist über die Dauer von 99 Minuten zu wenig. Die Meinung über diese Art von Scherzen wird aber konsequent auseinander gehen. Eine dicke alte Big Momma rast auf einem Jet Ski wie vogelwild durch die Gegend und landet nach einem Satz auf den Pier auf dem zu jagenden Verbrecher und erdrückt ihn dabei mit ihrer Leibesfülle: lustig oder albern-überdreht? Wer sich für erstere Antwort entscheidet, hat gute Chancen, sich bei „Big Mamas Haus 2“ zu amüsieren. Wen zugleich bei dieser Zotenparade das Grausen packt, wählt besser einen anderen Film für den Kinobesuch.