Da war sogar die reale Jahrtausendwende noch spannender
Von Oliver KubeDie etwas Älteren unter uns werden sich sicher noch an die sogenannte „Y2K-Panik“, die Ende der 1990er Jahre vor allem in allerlei dramatisierenden Schlagzeilen zu grassieren begann: Dabei ging es um ein potenzielles Computerproblem, das durch die nur zweistellige Eingabe von Jahreszahlen innerhalb der Programmierung von Systemen drohte. Deshalb wurde damals befürchtet, dass nach dem Jahrtausendwechsel nahezu die gesamte computergesteuerte Welt zusammen- und ein gigantisches, globales Chaos ausbrechen würde. Letztlich blieben die Auswirkungen allerdings – auch aufgrund weitläufig eingeleiteter Vorsichtsmaßnahmen – relativ harmlos.
In der zu dieser Zeit spielenden Sci-Fi-Horror-Komödie „Y2K“ von Regiedebütant Kyle Mooney ist der Bug allerdings nicht behoben beziehungsweise verhindert worden. Stattdessen versuchen die Computer und Maschinen plötzlich, die Weltherrschaft zu übernehmen, indem sie die Menschheit einfach ausrotten oder assimilieren. Das klingt erst mal nach einem potenziell spaßigen Was-wäre-wenn-Szenario, ist dann aber weder als Horrorfilm noch als Komödie wirklich überzeugend umgesetzt. Die einzige Komponente, die richtig funktioniert, ist die Lovestory zwischen den von Jaeden Martell („ES“) und Rachel Zegler („Schneewittchen“) gespielten Hauptfiguren. So drückt man ihnen auch weiter die Daumen, selbst wenn man den Rest des Films bereits abgeschrieben hat.
Silvester 1999: Der Highschool-Nerd Eli (Jaeden Martell) plant, den Jahrtausendwechsel mit seinem einzigen Kumpel Danny (Julian Dennison) zu verbringen. Sie wollen „Junior“ mit Arnold Schwarzenegger und Danny DeVito auf VHS schauen und dazu ungesundes Zeug in sich hineinstopfen. Beim Einkaufen trifft das Duo aber zuvor noch auf Elis heimlichen Schwarm, die ebenso hübsche wie clevere und freundliche Laura (Rachel Zegler). Die im Gegensatz zu Eli sehr populäre Teenagerin erzählt den Burschen von einer Feier, bei der nahezu die gesamte Schule dabei sein wird. Als ihr Abend daheim eher deprimierend verläuft, beschließen Eli und Danny, endlich einmal etwas zu wagen und die Party einfach zu crashen.
Doch während Danny dort um Mitternacht tatsächlich jemanden küssen darf, muss Eli traurig zuschauen, wie Laura von der fiesen Sportskanone Chris (The Kid Laroi) abgeschleckt wird. Allzu viel Zeit, um Trübsal zu blasen, bleibt ihm allerdings nicht. Denn pünktlich mit dem Anfang des neuen Millenniums beginnen sämtliche elektronischen Geräte durchzudrehen. Wie von Zauberhand fügen sich Computer, Staubsauger, Zahnbürsten und Bohrmaschinen zu Killerrobotern zusammen, die die Kids gnadenlos attackieren. Wer noch am Leben ist, stürmt nach draußen – muss dort aber schnell feststellen, dass das Phänomen offensichtlich nicht auf eine einzelne Party-Location begrenzt ist…
Der Einstieg in „Y2K“ ist noch sehr gelungen: Wie bei einem Desktop-Film wie „Searching“ blicken wir die ersten paar Minuten ausschließlich auf Elis Computerbildschirm. Wer damals AOL-User war, was wohl auf etwa die Hälfte der privaten PC-Nutzer in der westlichen Welt zutraf, wird großen Spaß an den authentischen Visuals und Klängen von damals haben. Jüngere Kinofans können sich derweil darüber amüsieren, dass die Verbindung zum Internet via Dial-up-Modem von einem grausam knirschenden und pfeifenden Geräusch begleitet wird. Ebenso für nostalgische Schmunzler sorgen dürften die komplett verpixelten Videos in Briefmarkengröße, die schwerfällige Übermittlung von Textnachrichten oder die in den Download eines simplen Fotos zu investierende Zeitspanne.
Die den Soundtrack dominierenden Neunziger-Songs von schwer angesagten Acts wie Fatboy Slim, Chumbawamba, Korn, Semisonic und Limp Bizkit sind über die gesamte Laufzeit erstklassig ausgewählt und eingesetzt. Apropos Limp Bizkit: Deren Frontmann Fred Durst („I Saw The TV Glow“) spielt sich im zweiten Teil des Films selbst und nimmt dabei sich und sein Image auf tatsächlich witzige Weise selbst auf den Arm. Dursts erstaunlich umfangreicher Cameo-Auftritt ist allerdings auch das am besten funktionierende Comedy-Element des gesamten Films. Ansonsten laufen die meisten Jokes nämlich entweder unlustig ins Leere oder sind schon meilenweit vorher absehbar. Das ist gerade bei einem Regisseur und Drehbuch-(Co-)Autor, der neun Jahre lang Teil der legendären TV-Sketchshow „Saturday Night Live“ war, schon eine ziemliche Enttäuschung.
Ähnlich mau präsentieren sich auch die Horrorsegmente: Klar, es spritzt reichlich Blut, Arme und Köpfe werden regelmäßig abgetrennt – und ein Teenager wird sogar von einem Mixer entmannt. Aber diese Szenen sind allesamt eher unspektakulär und wahlweise überhastet oder zu lahm ins Bild gesetzt, so hinterlassen sie kaum einen bleibenden Eindruck. Zudem sehen die aufständischen Roboter eher albern als angsteinflößend aus. Die meisten von ihnen bewegen sich zudem auch arg ungeschickt und langsam. Weshalb es – wenn für den Handlungsverlauf vonnöten – auch recht einfach zu sein scheint, vor ihnen davonzulaufen oder sie allein mit ein paar Kabeln oder Strippen unschädlich zu machen.
Fazit: Ein nicht besonders lustiges Skript trifft auf einen Debütregisseur, der das mit dem Timing noch nicht so richtig raus hat. Sicher nicht die besten Voraussetzungen, gerade für eine Horror-Komödie. Trotzdem ist „Y2K“ kein kompletter Rohrkrepierer, was vor allem am (Zusammen-)Spiel von Rachel Zegler und Jaeden Martell liegt.