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    Thank You for Smoking
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Thank You for Smoking
    Von Carsten Baumgardt

    Mit mehreren Gossip-Meldungen pro Tag zementiert Superstar Tom Cruise seinen Ruf als aktuell peinlichster Promi. Über jedes Detail seiner Beziehung zu Katie Holmes, die er anscheinend auf herzhafte Scientology-Art entmündigt hat, gibt Cruise ungefragt Auskunft. Je näher einer seiner Filmstarts rückt, desto höher die Newsdichte. Aber selbst zu Jason Reitmans satirischer Komödie „Thank You For Smoking“ hat Cruise etwas zu sagen, schließlich spielt Katie Holmes dort eine Nebenrolle. Er bedrängte die Produzenten und ließ eine Nacktszene seines Liebchens sowie eine weitere Sexszene mit Partner Aaron Eckhart rausschneiden. So etwas schickt sich in Scientology-Kreisen nämlich nicht. Rein optisch ist dies für den Film natürlich ein Verlust, doch auch ohne diese entfernten Einlagen gefällt „Thank You For Smoking“ als ausgesprochen launiger Unterhaltungsfilm, der seinen satirischen Sendungsauftrag allerdings nicht allzu ernst nimmt.

    Nick Naylor (Aaron Eckhart) ist in seinem Beruf praktisch unschlagbar. Er arbeitet als Lobbyist für die Tabakindustrie. Sein Gewissen musste er bei der Einstellung zwar am Firmentor abgeben, aber damit hat der smarte, aalglatte PR-Manager keinerlei Probleme. Mit der Kunst, seinen Gegnern die Worte im Mund zu verdrehen und sie schlecht dastehen zu lassen, treibt er Politiker und Gesundheitsapostel in den Wahnsinn. Gern macht er sich mit seinen Lobbyisten-Kollegen Polly Bailey (Maria Bello) und Bobby Jay Bliss (David Koechner) über die „Opfer“ lustig. Sein neuester Auftrag ist jedoch eine harte Nuss. Naylor muss den liberalen Senator Finistirre (William H. Macy) stoppen, der ein Gesetz erlassen will, dass jede Zigarettenschachtel ein Totenkopfsymbol zieren muss. Komplikationen gibt es, als sich der in Scheidung lebende Naylor auf eine zwanglose Affäre mit der Nachwuchsjournalistin Heather Holloway (Katie Holmes) einlässt, die ihn aufs Kreuz legt. An einer weiteren emotionalen Front kämpft der Mann ohne Gewissen um seinen Sohn Joey (Cameron Bright), dem er ein besserer Vater als bisher sein möchte...

    Schlechter als das Image von Mördern und Vergewaltigern ist in den USA wohl nur das der Raucher. Nirgendwo sonst wird der blaue Dunst - und noch vielmehr, der Konsument, der diesen verursacht - dermaßen attackiert wie im Land der Freien und Gerechten. Die Gesundheitslobby hat es sogar geschafft, den Glimmstängel nahezu komplett aus dem kommerziellen Mainstreamkino zu verbannen. Wenn überhaupt, dann rauchen nur noch „Psychopathen und Europäer“ (inhaltlich fast gleich gesetzt), wie in der Verfilmung von Christopher Buckleys Roman spitz festgestellt wird. Regisseur und Autor Jason Reitman, der Sohn von Komödienspezialist Ivan Reitman („Ghostbusters“, „Twins“, „Kindergarten Cop“, „Dave“, „Junior“, Evolution), hat sich diese Tatsache als Ausgangssituation für eine lockere Komödie mit satirischem Unterton ausgesucht.

    Auffallend (und das hat Reitman Junior garantiert von Reitman Senior gelernt): Der Filmemacher will bei seinem Kinodebüt im Endeffekt niemandem zu stark auf die Füße treten. Deswegen ist „Thank You For Smoking“, wenn es hart auf hart kommt, eine Komödie und keine Satire. Den Spaß an diesem Film trübt das allerdings nur in der B-Note. Denn wenn er eines ist, dann unterhaltsam... Einen großen Anteil daran hat das vorzüglich besetzte Ensemble. Aaron Eckhart, seit jeher eine Art schauspielerische Wundertüte von brillant („In The Company Of Men“) über gut (Besessen, Erin Brockovich) und mittelmäßig (The Missing, Suspect Zero) bis einschläfernd (Paycheck, The Core), knüpft nahtlos an beste Zeiten an. Ihm gelingt das Kunststück, dem Publikum ein Arschloch glaubhaft als Sympathieträger zu verkaufen. Der Betrachter muss kein Zyniker sein, um „Thank You For Smoking“ zu mögen, aber es hilft selbstverständlich. Reitman sympathisiert mit den „Bösen“ und führt die „Guten“ vor, ist aber am Ende gezwungen, dem Pfad der Tugend zumindest Tribut zu zollen. Das Zugeständnis an einen Unterhaltungsfilm: Der Hauptcharakter des Nick Naylor ist natürlich kein Ekelpaket, sondern nur einer, der uncharmante Dinge extrem charmant (für das Publikum) und gerissen (für seine Leinwandgegner) vertritt. Als sich sorgender Familienvater punktet Naylor auch auf sozialer Ebene. Eckhart steht die Rolle gut zu Gesicht. Diese lässige Arroganz verkörpert der Kalifornier mit Stil.

    Seine Partner ergänzen den Protagonisten zielgenau, stehlen ihm aber nicht die Show. Maria Bello (The Cooler, Das geheime Fenster) und William H. Macy (Magnolia, Boogie Nights) sind als Sidekick bzw. Gegenspieler erstklassig besetzt, ohne ihre ganze Klasse ausspielen zu dürfen. Der junge Cameron Bright (Birth, Godsend, Butterfly Effect) ist einer der besten Kinderdarsteller, was er auch hier mit einer natürlichen Ausstrahlung untermauert. Einen kleinen, aber feinen Leckerbissen kann „Thank You For Smoking“ für Fans der Kultserie „O.C., California“ servieren. Adam Brody (Mr. And Mrs. Smith, The Ring) hat einen witzigen Gastauftritt im „OC-Style“ als Assistent von Rob Lowe (Contact, Flight Girls). Ach ja, Cruises Verlobten-Untergebene Katie Holmes (Batman Begins, Pieces Of April, Wonder Boys) spielt auch noch mit. Sie verführt Aaron Eckhart, was ihr ohne Mühe abzunehmen ist. Ansonsten hat sie nicht viel beizutragen - außer süß wie immer auszusehen.

    Bei all der blendenden Unterhaltung und den erstaunlich vielen gelungenen Gagtreffern mangelt es „Thank You For Smoking“ jedoch an Tiefgang und dem Punch eines Wag The Dog, der wirklich gemeine Spitzen setzt. Reitman bietet diese nur in Ansätzen, gefällt darüber hinaus aber noch mit prächtigem Wortwitz, ohne sich auf die Holzhammerzynik eines Lord Of War einzulassen. Es geht auch eine Stufe niedriger, die sich bei „Thank You For Smoking“ in schärfster Form als Sarkasmus manifestiert. Reitman inszeniert dabei stilistisch von Szene zu Szene, lässt noch den überragenden Durchblick für das große Ganze vermissen. Als Kinodebütant ist dies verzeihlich, zumal beim Amerikaner genügend Talent aufblitzt, komisch zu sein. Obwohl die Komödie sich über vieles lustig macht, tut sie keiner Partei nachhaltig weh. Das ist einerseits ein Erfolgsrezept, beim Publikum anzukommen, aber als Kehrseite der Medaille ist der Film in letzter Konsequenz kein Werk, das den Zuschauer mit seiner Kraft aus den Sitzen reißt, sondern eben „nur“ eine vergnügliche, unterhaltsame Komödie. Aber das ist immerhin noch mehr, als sich über die meisten Artgenossen von „Thank You For Smoking“ sagen lässt.

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