es gibt tatsächlich die Wahl
Italien, 1946: In seiner bescheiden lebenden Familie bestimmt Ivano (Valerio Mastandrea) das Geschehen. Gegen Ehefrau Délia (Paola Cortellesi) setzt er nicht selten Prügel ein. Wie lange lässt sie sich das gefallen? Der frühere Verehrer Nino (Vinicio Marchioni) gefällt ihr noch immer. Wer trägt die Verantwortung für die drei Kinder? In der schwierigen Situation sucht „Dé“ nach Lösungen.
Wenn die Hauptdarstellerin zugleich als Regisseurin agiert, kommt schnell die Frage nach der Überforderung auf. Kann das gut gehen? Es kann, siehe „Braveheart“ von Mel Gibson (1995). Im Kampf der Schotten gegen die englischen Machthaber geht es um Freiheit und Gleichberechtigung. Der Film, dessen Geschichte im 13. Jahrhundert spielt, glänzt durch erzählten Lebensdrang, visualisiert in den Farben für Schmutz wie Hässlichkeit. Cortellesi bringt ihr Regiedebüt in Schwarzweiß auf die Leinwand, gespickt mit kleinen fantastischen Momenten. Diese Aufmachung erlaubt einen anziehenden Trip in den darniederliegenden Apenninenstaat kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wo US-amerikanische Soldaten Schokolade verteilen, die unter Umständen ein bezauberndes Lächeln erzeugen kann, auch im Saal. Als Komödie hat die italienische Regisseurin ihren Erstling angelegt. Ein gewagtes Spiel, das Humor und Gewalt in der Ehe wirksam vereinen möchte. Cortellesi gelingt dies zweifelsohne mit dem ihr vertrauten Lokalkolorit, denn Italien ist fast immer wie Musik, sogar im Streit. Für den Kinoabend sollte die Originalvertonung den Vorzug erhalten.
Das Komische entspringt den Charakteren, die gerne emotional bis dilettantisch oder gar illegal handeln, wenn es um das Wohl der Familie geht, je nach Perspektive. Délias heiratswillige Tochter Marcella (Romana Maggiora Vergano) löst die klassische Szene für einen turbulenten Schwank aus: das Aufeinandertreffen der Elternpaare, reich trifft auf arm, kultiviert auf proletarisch. Es scheint beinahe ein Kinderspiel zu sein, die Figuren kollidieren zu lassen. Hier trumpft zudem ein meisterlicher Schnitt auf, der das herrlich angeleitete Spiel aus Mimik und Aktion zum Vergnügen macht.
Das kommt noch dazu: „Morgen ist auch noch ein Tag“ kann richtig fesseln, nicht nur wegen diverser Entgleisungen, denn der Despotismus präsentiert sich feststehend wie gleichbleibend. Ein Brief, dessen Inhalt Délia geheim hält, bringt sie näher an den Tag der Entscheidung. Geschickt zieht Cortellesi die Spannungsschraube um das brisante Papier an. Ein Meer von hervorragenden stets spontan wirkenden Szenen lassen die 118 Minuten im Nu vergehen.
Das Publikum wird verzeihbar auf die falsche Fährte gelockt, bis Délia in einem Paukenschlag-Finale als Teil des Großen und Ganzen nicht blindwütig angreifen, sondern das Übel an der Wurzel packen möchte und damit weitere lachende Augen öffnet.
Paola Cortellesi liefert einen vortrefflich witzigen Rückblick auf die Emanzipation in den 1940ern.