Mein Konto
    My Big Fat Greek Wedding 3 - Familientreffen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    My Big Fat Greek Wedding 3 - Familientreffen

    Werbung für Griechenland – super-hektisch und gleichzeitig besonnen

    Von Sidney Schering

    Vor 21 Jahren erarbeitete sich Drehbuchautorin und Darstellerin Nia Vardalos einen Eintrag ins Hollywood-Geschichtsbuch: Ihre autobiografisch angehauchte Romantikkomödie „My Big Fat Greek Wedding“ generierte weltweit Kinoeinnahmen von über 368 Millionen Dollar – und das bei einem Budget von nur fünf Millionen Dollar! Damit wurde der Film zu einer der profitabelsten Komödien der Geschichte. Trotz dessen blieb Vardalos anschließend ein nennenswerter Star-Status in Hollywood verwehrt. Daher war es nur logisch, dass sie 14 Jahre und mehrere wenig beachtete Filme später „My Big Fat Greek Wedding 2“ nachreichte, um an den alten Erfolg anzuknüpfen.

    Jedoch geriert das Sequel so entwaffnend-charmant, dass nicht der Verdacht eines kalkulierten Karriereschachzugs zurückblieb, sondern der Eindruck eines sympathischen Epilogs. Nun, sieben weitere Jahre später, folgt noch ein Nachklapp – und dieses Mal übernimmt Vardalos neben Hauptrolle und Drehbuch obendrein die Regie. Mit „My Big Fat Greek Wedding 3 – Familientreffen“ liefert sie sogleich den visuell ansprechendsten Teil der Reihe ab – und den paradoxesten: Ihre altbekannten, zugespitzten Figuren bekommen mehr denn je zu tun – und handeln dabei so entspannt wie noch nie...

    Alte Familie und neue Bekannte.

    Großfamilie Portokalos macht eine schwere Zeit durch: Familienoberhaupt Gus (Michael Constantine) ist kürzlich verstorben und seine Witwe Maria (Lainie Kazan) wird allmählich dement. Trotzdem bleibt dem lebhaften Clan keine Zeit für Trübsal: Gus' letzter Wille besagt, dass seine Tochter Toula (Nia Vardalos) endlich Urlaub in seiner alten Heimat Griechenland machen soll. Selbstredend bleibt Toula bei diesem Vorhaben nicht allein, sondern hat einen großen Teil ihrer Sippschaft im Schlepptau.

    Wie es sich für die Portokalos-Familie gehört, werden im Urlaub Zwistigkeiten ausgetragen, Versöhnungen anberaumt und Feste gefeiert. Toula versucht außerdem, die Kindheitsfreunde ihres Vaters ausfindig zu machen. Noch dazu will sie die syrische Geflüchtete Qamar (Stephanie Nur) vor der Abweisung strenger, griechischer Schwiegereltern in spe bewahren, und Gus' altes Heimatdorf muss dringend aufgebessert werden. Da bleibt kaum ein Stein auf dem anderen...

    Dieses Mal ist der Blick auf Griechenland positiv

    Zu Vardalos' Projekten zwischen den ersten beiden „My Big Fat Greek Wedding“-Teilen zählt der Kassenflop „My Big Fat Greek Summer“, der trotz des irreführenden hiesigen Titels nicht zur Reihe rund um die Portokalos-Familie gehört. Allerdings spielte Vardalos auch darin eine Amerikanerin, welche in die Heimat ihrer griechischen Eltern zurückkehrt. Diese kommt darin jedoch nicht gut weg: Griechenland wird als rückständiges Land voller krakeelender Faulenzer geschildert – und dem Publikum bleiben fast durchweg Aufnahmen schöner Landschaften oder historischer Sehenswürdigkeiten verwehrt. Insofern lässt sich „My Big Fat Greek Wedding 3“ als Wiedergutmachung für den Anti-Griechenland-Spot in Filmlänge betrachten:

    Vardalos und „Game Night“-Kameramann Barry Peterson sparen nicht mit prächtig-strahlenden Landschaftsaufnahmen sowie mit pittoresken Impressionen gemütlich-verschachtelter Innenstädte. Doch nicht nur Griechenland zeigt sich von seiner besten Seite, sondern auch die Figuren: Zwar gibt es Scherze über grantige Großmütter, doch vor allem wird Familie Portokalos von flotter Folk-Pop-Musik, Gastlichkeit, Lebensfreude und Zusammenhalt umgeben. Das färbt innerlich wie äußerlich auf Toula, ihren nicht-griechischen Ehemann Ian (John Corbett), ihre Tochter Paris (Elena Kampouris) und Co. ab: Sie beginnen den Film in unauffälliger, gräulicher Kleidung, bevor sie sich erst den griechischen Nationalfarben Blau und Weiß öffnen und letztlich immer sonnigere Kleidung tragen – Uhren verbannen sie derweil ebenso aus ihrem Alltag wie Sorgenfalten und zornige Blicke.

    Es ist Zeit für dringend benötigte Urlaubsabenteuer.

    Zynisch betrachtet liegt der Vorwurf eines Tourismus-Werbevideos nahe, allerdings wird diese idealisierte Perspektive als Erfahrung einer gewandelten Familie gerechtfertigt: Nach dem Verlust ihres liebenswerten, aber streitlustigen Oberhaupts ist sie nach Griechenland gereist, um Gus' Leben und seine Wurzeln zu zelebrieren, statt sich in Kummer zu suhlen. Sie bringen zwar auch Sorgen um Marias Gesundheit und Paris' College-Zukunft mit und mischen sich in die Leben Einheimischer ein. Aber sie atmen nunmehr regelmäßig durch, statt wie einst selbst bei kleinsten Anlässen direkt auf 180 zu gehen. Das sorgt für eine äußerst konfliktarme Narrative, die jedoch offenbart, wie sehr die Figuren gewachsen sind – insbesondere Toula:

    Die in den früheren Teilen geschilderte Perspektive einer Migrantentochter, die von ihrer Familie genervt ist, sie aber dennoch liebt, ist der Besonnenheit einer gänzlich im Leben stehenden Frau gewichen, die sich an allem erfreut, was Familie ausmacht. Dass Vardalos vor wenigen Jahren ihren Vater sowie ihren von ihm inspirierten Film-Vater Michael Constantine verlor, hat diese Milderung zweifelsohne geprägt. Doch so sehr Vardalos die Portokalos-Sippe dazulernen ließ: Ihr Skript und Regieführung haben es nicht ganz so mit Ruhe und Besonnenheit. Wiederholt schreitet die Story mit Affenzahn voran, was Vor- und Nachteile mit sich bringt.

    Griechenland im Schnelldurchlauf

    Die Hektik, mit der etwa die von Melina Kotselou gespielte Taxifahrerin und Bürgermeisterin Victory den Portokalos-Clan kennenlernt und unmittelbar an Sehenswürdigkeiten vorbeischleust, hat eine chaotische Komik. Wenn Toulas Cousine und Cousin (Gia Carides & Joey Fatone) innerhalb kürzester Zeit gefühlt halb Griechenland bereisen und eine glückliche Zufallsbegegnung nach der anderen machen, wird dies zwar pfiffig ins Absurde überzogen. Allerdings geht Stephanie Nurs Figur trotz ihrer dramaturgisch relevanten Position in all dieser Eile unter. Zudem distanziert das polternde Tempo vom neuen, ausgeglichenen Wesen der zentralen Figuren. Das dürfte es insbesondere „My Big Fat Greek Wedding“-Neulingen erschweren, einen Draht zu ihnen zu entwickeln.

    Auch Vardalos' Hang, humorige Dialogsequenzen mit verkrampften Kalauern zu beenden, hemmt den Spaßfaktor. Das größere Vergnügen entsteht, wenn der eingespielt-altbewährte Cast und die stimmig besetzten Neuzugänge mit totaler Selbstverständlichkeit ihre überspitzt-kauzigen Dialoge austauschen. Dabei sticht besonders das queere Energiebündel Victory hervor, das mit Optimismus und der Hibbeligkeit einer Koffeinüberdosis aus einem Sechs-Seelen-Dorf eine pulsierende Gemeinde formen möchte. Eine Mission, in die der Portokalos-Clan rascher involviert wird, als sich ein Glas Ouzo kippen lässt, und die so mitreißend-beschwingt angegangen wird, dass sie glatt einen eigenen Film hätte tragen können. Wer weiß: Vielleicht schaut Toula in sieben Jahren wieder vorbei?

    Fazit: Nach zwei Romantikkomödien mit Culture-Clash-Elementen bricht Großfamilie Portokalos auf in einen paradox-charmanten Wohlfühlfilm mit Urlaubsflair: Um die liebenswert-überspitzten Figuren herum herrscht reinstes Chaos, doch sie selbst sind auf beneidenswerte Weise gelassen. Das ist in diesem Maße sicherlich mehr Wunschdenken denn Wirklichkeit, aber amüsant mitanzusehen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top