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    Alien: Romulus
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Alien: Romulus

    Zurück zu den Anfängen

    Von Christoph Petersen

    Die Handlung von „Alien: Romulus“ ist nicht nur chronologisch zwischen „Alien“ (1979) und „Aliens – Die Rückkehr“ (1986) angesiedelt, sondern der Film verortet sich auch tonal zwischen diesen beiden sehr unterschiedlichen Klassikern: Wo Ridley Scott mit dem Original noch einen der gruseligsten Horror-Schocker aller Zeiten verantwortete, schraubte James Cameron im Sequel vor allem den Actionanteil massiv in die Höhe. In „Alien: Romulus“ gehen Jump Scares und Spektakel-Setpieces nun Hand in Hand, während die aufgeblasene Mythologie von „Prometheus“ und „Alien: Covenant“ inzwischen (zum Glück?!) gar keine Rolle mehr spielt.

    Die erste echte Überraschung gibt es erst eine Viertelstunde vor Schluss – und diese wird das Publikum zudem massiv spalten: furchteinflößende Weiterentwicklung oder lachhafter Quatsch? Aber auch ohne das Franchise neu zu erfinden, liefert „Evil Dead“-Regisseur Fede Alvarez bis dahin atmosphärischen Science-Fiction-Action-Horror, der vor allem von seinen grandiosen Set-Dekorationen und Kreaturen-Designs lebt. Die neue Raumschiff-Crew bleibt hingegen weitestgehend blass – mit einer entscheidenden Ausnahme: „Rye Lane“-Star David Jonsson muss sich mit seiner Verkörperung des Androiden Andy selbst vor seinen namhaften Vorgängern Ian Holm, Lance Henriksen und Michael Fassbender keinesfalls verstecken.

    Cailee Spaeny tritt in die (übergroßen) Fußstapfen von  Sigourney Weaver. Disney und seinen verbundenen Unternehmen
    Cailee Spaeny tritt in die (übergroßen) Fußstapfen von Sigourney Weaver.

    Rain (Cailee Spaeny) schuftet in einer Minen-Kolonie mit 2.781 Einwohner*innen, in der exakt 0 Stunden pro Jahr die Sonne scheint. Ihre Eltern sind längst an Lungenleiden verstorben, und so bleibt ihr nur noch der leicht defekte Android Andy (David Jonsson), den sie wie einen Bruder behandelt. Als endlich der Tag gekommen ist, an dem Rain meint, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Minen-Konzern erfüllt zu haben, werden die Quoten für einen Ausreiseantrag plötzlich verdoppelt. Weitere sechs Jahre in den Schächten schuften, wäre vermutlich ihr sicheres Todesurteil.

    Unter diesen Voraussetzungen klingt der Plan von Tyler (Archie Renaux) und seiner Schwester Kay (Isabela Merced) plötzlich sehr verlockend: Gemeinsam mit dem Pärchen Bjorn (Spike Fearn) und Navarro (Aileen Wu) wollen sie in die ausgemustert im Orbit kreisende Raumstation Romulus einsteigen, um dort die benötigten Kryo-Schlafkammern für den Flug zu ihrem neun Reisejahre entfernten Zielplaneten zu stehlen. Allerdings bleiben für die Aktion nur 36 Stunden, bevor Romulus in seiner aktuellen Umlaufbahn mit einem der Ringe des Planeten kollidiert…

    Der Androide stiehlt mal wieder allen die Show

    Natürlich hat Sigourney Weaver mit ihrer Rolle als Ellen Ripley vollkommen zu Recht Actionfilmgeschichte geschrieben! Aber die faszinierendsten, weil moralisch ambivalentesten Charaktere der „Alien“-Filme waren trotzdem meist die Androiden – und in dieser Hinsicht bildet auch „Alien: Romulus“ keine Ausnahme. Andy wurde vom Vater seiner Besitzerin so programmiert, dass er lediglich eine Aufgabe kennt: Immer nur das Beste für Rain zu wollen! Allerdings sind seine Mittel sehr begrenzt, von den meisten wird er deshalb nur verspottet und beleidigt, anti-synthetische Ressentiments scheinen in der Kolonie schon fast zum guten Ton zu gehören …

    … zumindest bis er an Bord der Romulus einen neuen Chip eingesetzt bekommt, der ihm zwar zusätzliche Fähigkeiten beschert, zugleich aber auch sein Wertegefüge gehörig durcheinanderwirbelt. Fast alle spannenden Konflikte des Films drehen sich um Andy: So öffnet der Androide etwa eine Glastür nicht, obwohl alle wild auf ihn einbrüllen, weil auf der anderen Seite die heimlich schwangere Kay um ihr Leben bangt. Aber Andy erkennt, dass der Xenomorph sein Opfer nur deshalb noch nicht getötet hat, weil er genau darauf wartet. Ein wenig erinnert dieser Widerstreit zwischen angstgetriebenen Emotionen und kühler Logik an die Dynamik zwischen den „Star Trek“-Legenden Kirk und Spock – und sie funktioniert auch diesmal wieder!

    Die Schöpfungen von HR Giger sind ein Kunstwerk für die Ewigkeit: Die Kreaturen-Designs in „Alien: Romulus“ zählen zu den überzeugendsten der Reihe! Disney und seine verbundenen Unternehmen
    Die Schöpfungen von HR Giger sind ein Kunstwerk für die Ewigkeit: Die Kreaturen-Designs in „Alien: Romulus“ zählen zu den überzeugendsten der Reihe!

    Der Rest der Crew ist hingegen längst nicht so erinnerungswürdig. Shootingstar Cailee Spaeny („Priscilla“, „Civil War“) macht als neue Action-Amazone zwar eine ordentliche Figur, aber die Fußstapfen von Sigourney Weaver sind dann doch gleich ein paar Nummern zu groß. Zumal die Einführung von unfehlbarem Auto-Aim zwar ihre Performance im finalen Shootout glaubhafter macht, sich zugleich aber doch eher wie ein Cheat-Code und nicht sonderlich badass anfühlt. Neben all den Neuzugängen kehrt auch Ian Holm zurück, obwohl der oscarnominierte Schauspieler bereits 2020 im Alter von 88 Jahren verstorben ist. Moderne Technik macht’s möglich. Sein Androide Rook hat zwar mit milden Uncanny-Valley-Problemen zu kämpfen, begeistert aber allein schon durch die Art und Weise, wie die Make-up-Designer seinen nicht mehr ganz vollständigen Körper im Set drapiert haben.

    Auch sonst verweist Fede Alvarez speziell mit sofort wiedererkennbaren Einstellungen auf alle vorherigen „Alien“-Teile zurück. Trotzdem wirkt „Alien: Romulus“ nie wie platter Fanservice oder erzwungene Nostalgie. Um auch ästhetisch in die Chronologie der Reihe zu passen, sehen die Steuerungselemente der Raumschiffe zwar so aus, wie sie in Sci-Fi-Produktionen aus den Siebzigern gang und gäbe waren, aber es stellt sich trotzdem kein plumper Retro-Vibe ein. Stattdessen sehen die Bilder von Chef-Kameramann Galo Olivares („Gretel & Hänsel“) durch die Bank extrem gut aus – selbst wenn der Film aufgrund der 0 Sonnenstunden sogar noch düsterer geraten ist als seine Vorgänger.

    Zu schnell zu viele

    Ähnliches gilt für die respektvoll geupdateten Designs der Xenomorphs und Facehugger, die sogar zu den stärksten der Reihe zählen. Aber wenn die Truppe um Rain erstmals auf einen Facehugger stößt, dann ist es gleich ein ganzes Nest, aus dem die biestigen Krabbelviecher wie ein Spinnenschwarm hervorstoßen. Und auch die Phase, in der es „nur“ einen bekannten Xenomorph an Bord der Raumstation gibt, ist lediglich von kurzer Dauer. Fede Alvarez und sein Co-Autor Rodolfo Sayagues setzen hier eindeutig auf Masse statt Klasse, was den einzelnen Alien-Wesen allerdings etwas von ihrem Schrecken nimmt. Zumal die Xenomorphs diesmal erstaunlich einfach überwindbar wirken – gerade wenn man einen Vergleich zum ikonischen allerersten Teil zieht.

    So gibt es zwar einige zündende Jump Scares, aber die zentrale Stärke von „Alien: Romulus“ liegt dann doch eher im Action- als im Horror-Fach: Speziell ein Shootout in der Schwerelosigkeit, in dessen Nachhall die herumschwebenden Blutlachen der Xenomorphs einen hochgradig ätzenden Hindernisparcours bilden, bleibt von allen Action-Sequenzen mit Sicherheit am längsten im Gedächtnis hängen.

    Fazit: Mit „Alien: Romulus“ kehrt das Franchise sowohl inhaltlich als auch stilistisch zu seinen Ursprüngen zurück. Der Film kombiniert den Horror von „Alien“ mit der Action von „Aliens“, sieht dabei selbst fantastisch aus und punktet neben den Kreaturen-Designs vor allem mit einigen coolen Setpieces. An seine Vorbilder und Vorgänger kommt Fede Alvarez aber nicht heran.

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