Besucht ein Serienkiller ein Popkonzert…
Von Christoph Petersen„Split“: Drei Mädchen werden von einem schizophrenen Mann mit 23 (!) verschiedenen Persönlichkeiten gekidnappt. „Old“: Die Besucher*innen eines Strandes altern ohne ersichtlichen Grund unnatürlich schnell. „Knock At The Cabin“: Vier Fremde klopfen an eine Hütte, um den Bewohner*innen zu erklären, dass sie ein Menschenopfer bringen müssen, um das Ende der Welt abzuwenden. M. Night Shyamalan hat offensichtlich ein Händchen dafür, allein mit den Prämissen seiner Mystery-Thriller gewaltige Neugierde zu schüren. Aber mit dem Setup von „Trap: No Way Out“ hat das „The Sixth Sense“-Mastermind nun endgültig den Vogel abgeschossen:
Ein Serienkiller besucht mit seiner Tochter ein Popkonzert, wo er zwischen 30.000 kreischenden Fans feststellt, dass das Event eine gewaltige Falle ist, um ihn endlich hinter Gittern zu bringen. Welcher Thriller-Fan wird da nicht sofort hellhörig? Viele haben sich dabei über den Trailer beschwert, weil dieser bereits enthüllt, dass Hauptdarsteller Josh Hartnett („Oppenheimer“) der gesuchte Serienkiller mit dem vielsagenden Spitznamen „The Butcher“ ist. Aber das ist auch im Film selbst kein Twist. Viel mehr überrascht, wie unglaublich viel Spaß „Trap“ macht. Gerade die erste Stunde liefert dunkelschwarzhumorige Pointen ohne Ende...
Für den zwangsgestörten Cooper (Josh Hartnett) ist das allerwichtigste, seine zwei Leben komplett getrennt voneinander zu halten: Auf der einen Seite ist er der liebende Ehemann und Vater, der als Feuerwehrmann zu den Stützen der Gesellschaft zählt. Und auf der anderen ein sadistischer Serienkiller mit Mutterkomplex, der seine Opfer fein säuberlich zerteilt auf Spielplätzen entsorgt. Aber nun ist der Moment gekommen, wo der ultrapenible Psychopath erstmals die Kontrolle zu verlieren droht: Weil sie so gute Noten mit nach Hause gebracht hat, besucht Cooper mit seiner Tochter Riley (Ariel Donoghue) ein Nachmittagskonzert der Popsensation Lady Raven (Saleka Shyamalan).
Allerdings stehen dort plötzlich ungewöhnlich viele Cops an den Ausgängen – und als dann auch noch einige mittelalte Männer von ihren Sitzen gezerrt werden, bestätigt sich Coopers schlimmster Verdacht: Offenbar wissen die Behörden, dass der „Butcher“ unter den Besuchern des Konzerts weilt – sie haben ihn nur noch nicht identifiziert. Deshalb wird jeder, der in das Täterprofil der FBI-Spezialistin Dr. Grant (Hayley Mills) fällt, auf das Penibelste kontrolliert. Cooper muss irgendwie einen Ausweg aus der prallgefüllten Arena finden – und im selben Moment sicherstellen, dass seine Tochter ihn auch weiterhin für den besten Dad der Welt hält…
Wenn Cooper feststellt, dass er in der Falle sitzt, rutscht ihm zumindest ganz kurz das Herz in die Hose – und man kann das ja auch total nachvollziehen: Wie damals, wenn man als Kind etwas angestellt hat und weiß, dass einem aus der Nummer auch keine noch so perfekte Notlüge mehr heraushelfen wird. „Trap: No Way Out“ wird dann zu einer Art umgekehrtem Heist-Film, bei dem es nicht darum geht, in ein hochgesichertes Gebäude einzudringen, sondern im Gegenteil darum, aus der von 300 Spezialkräften umstellten Konzerthalle herauszukommen. Wenn Cooper dabei während einer Einsatzbesprechung, bei dem noch einmal die grausamsten Taten des Bucher rekapituliert werden, zwischen den angespannt zuhörenden Cops herumschwänzelt und ihnen sogar Doughnuts anbietet, dann findet man ihn sogar richtig cool.
Wie in einem „Hitman“-Videospiel sucht Cooper nach Möglichkeiten, vermeintliche Unfälle zu provozieren, um so von sich abzulenken – und er stellt sich dabei wirklich verdammt clever an. Da fühlt man sich regelrecht an Matt Damons Linus aus der „Ocean’s Eleven“-Trilogie erinnert. M. Night Shyamalan und Josh Hartnett haben offensichtlich eine makabre Freude daran, die erprobten Stilmittel des Kinos zu nutzen, um das Publikum immer wieder auf die Seite des Protagonisten zu ziehen. Zumindest bis man sich dann wieder daran erinnert, mit was für einem Monster wir es hier eigentlich zu tun haben. Dieses ständige Zerrspiel, wem man denn nun eigentlich die Daumen drücken soll, ist eine der zentralen Stärken des Films.
„Trap: No Way Out“ macht also vor allem Laune – und trotzdem liefert Josh Hartnett eine erstaunlich komplexe Performance: Wenn er vor der Bühne steht, links seine vor Begeisterung kreischende Tochter, rechts ein möglicher Ausweg aus seiner Bredouille, dann wechselt beim Schwenken seines Kopfes jedes Mal seine komplette Mimik. Vom Vorzeigevater zum Vollpsycho und zurück in nicht mehr als ein paar Sekunden. Und wenn dann irgendwann die Grenze zwischen den zwei getrennten Leben endgültig in sich zusammenstürzen droht, dann gibt der „Pearl Harbor“-Star dem Affen endgültig Zucker. Sein Spiel ist zwar viel ambitionierter, als man von einem solch geradlinigen Genrefilm eigentlich erwarten würde, bewahrt aber zugleich die notwendige Lockerheit und komödiantische Timing, um das hochtourige Tempo des schwarzhumorigen Thrillers niemals auszubremsen.
Aber auch M. Night Syhamalan macht keine halben Sachen: Als ihm erstmals die Idee zu „Trap“ kam, schickte er sofort seinen Produzenten los, um eine passende Location für den dreimonatigen Dreh zu suchen – und der wurde zum Glück fündig. Aus dem Luxus, tatsächlich in all den verwinkelten Ecken und Gängen einer realen Arena drehen zu können, holt Shyamalan auch visuell eine Menge heraus. Vor allem natürlich in der großen Halle selbst, wo er immer wieder überraschende Einstellungen findet, um das Konzert und die kreischenden Statist*innen in Szene zu setzen (etwa mit dem Hinterkopf des sich nach Fluchtmöglichkeiten umschauenden Serienkillers im Vordergrund).
Fazit: Pflichtprogramm für alle, die ihren Humor gern dunkelschwarz genießen! Nach dem existenzialistisch angehauchten „Knock At The Cabin“ liefert M. Night Shyamalan mit „Trap: No Way Out“ einen puren Fun-Thriller – mit einem gnadenlos guten Josh Hartnett. Hinterher schämt man sich fast ein wenig dafür, wie sehr man seinem in der Falle steckenden Psycho-Killer zwischendrin die Daumen gedrückt hat.