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    Renfield
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Renfield

    Nicht nur für Nicolas Cage wird ein Traum wahr…

    Von Christoph Petersen

    Als der spätere Oscargewinner und Action-Superstar Nicolas Cage seine Schauspielkarriere begann, gab es vor allem drei Rollen, die er unbedingt verkörpern wollte: Captain Nemo, Superman und Dracula! Mit Jules Vernes Nautilus-Kapitän hat es bis heute nicht geklappt. Als Mann aus Stahl war Cage hingegen schon besetzt, bevor Tim Burtons geplanter „Superman“-Film wieder eingestampft wurde. Stattdessen reichte es nur zu einer Superman-Sprechrolle in „Teen Titans GO! To The Movies“ – ein schwacher Trost! Aber nun ist es soweit: In „Renfield“ darf der „Face Off“-Star endlich in einen seiner Top-3-Parts schlüpfen …

    … und lässt es sich als Fürst der Finsternis natürlich nicht nehmen, in gewohnter Cage-Manier in jeder einzelnen Sekunde gnadenlos über die Stränge zu schlagen! Nur sind das leider gar nicht mal so viele. Statt sich nämlich ganz auf die toxische Beziehung zwischen dem titelgebenden Dracula-Diener Renfield (ebenfalls grandios: Nicholas Hoult) und seinem blutdürstigen Herren zu konzentrieren, verschwenden Regisseur Chris McKay („The Tomorrow War“) und seine Autor*innen zu viel Zeit mit einem Die-einzige-nicht-korrupte-Polizistin-gegen-die-Mafia-Subplot, in dem zwar Awkwafina mit ihrem gewohnten staubtrockenen Humor brilliert, der darüber hinaus aber enttäuschend austauschbar bleibt.

    Darauf haben wir ewig gewartet: Endlich schlüpft Oscargewinner Nicolas Cage in die Rolle von Graf Dracula!

    Seit Jahrzehnten ist es immer dasselbe Spiel: Wenn Dracula zu stark und deshalb leichtsinnig wird, tauchen irgendwelche Vampirjäger auf, die er zwar knapp besiegt, die ihm aber auch so sehr zusetzen, dass es mitunter Monate und Jahre dauert, bis er wieder zu Kräften kommt. In diesen Phasen ist es die Aufgabe seines Vertrauten Renfield, den Umzug in eine neue Stadt zu organisieren sowie ihm die zur Heilung nötigen Frischblutkonserven heranzuschaffen. Allerdings hat der ebenso eingeschüchterte wie erschöpfte Diener im Gegensatz zu seinem Auftraggeber ein Gewissen …

    … und so hält er selbst dann lieber nach möglichen Aussaug-Kandidat*innen Ausschau, die den Tod seiner Meinung nach verdient haben, wenn sein aktuell noch dahinsiechender Boss ganz explizit nach einer Busladung Cheerleader verlangt hat. Renfields Plan: Er besucht eine Selbsthilfegruppe für Opfer toxischer Beziehungen – und erfährt dort von genügend Arschlöchern, um die es ohnehin nicht weiter schade ist. Zugleich muss er allerdings auch erkennen: Viele der Geschichten, die er in dieser Gruppe zu hören bekommt, erinnern ihn verdächtig an seine Beziehung zu Dracula…

    Sequel nach 92 Jahren!

    Chris McKay sieht seine Horror-Komödie als direkte Fortsetzung zu Tod Brownings „Dracula“ von 1931. Es gibt sogar eine Rückblick-Sequenz im Stile der klassischen Universal-Monster-Filme, die so bearbeitet wurde, dass sie aussieht, als hätte man nach 100 Jahren eine verschollene Filmrolle im Keller gefunden. Wenn man nun noch weiß, dass der Kino-Nerd Nicolas Cage bereits für „Massive Talent“ eine schwarz-weiße „Das Kabinett des Dr. Caligari“-Hommage gedreht hat, die dann jedoch aus dem finalen Film wieder herausgeschnitten wurde, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie viel Spaß er an seinen auch von Max Schreck als „Nosferatu“ (1922) und Christopher Lee in „Dracula“ (1958) inspirierten Auftritten gehabt haben muss – und diese Begeisterung schwappt auch aufs Publikum über!

    Aber das zentrale Gimmick von „Renfield“ ist nicht der Anschluss an einen 92 Jahre alten Film – sondern der Einfall mit der Selbsthilfegruppe. Das Verhältnis von Dracula und Renfield als klassischen Fall einer „toxischen Beziehung“ ins heutige New Orleans zu übersetzen, ist ein wahrhaft genialer Geistesblitz! Schließlich passt das nicht nur wie die Faust aufs Auge, sondern sorgt in den entsprechenden Szenen auch für bösartig-clevere Gags ohne Ende – bis hin zu der schon im Trailer gezeigten Szene, wo Dracula vom Leiter der Gruppe direkt hereingebeten wird, weil bei einer solchen Selbsthilfegruppe eben nun mal jeder willkommen ist. Doch bekanntlich dürfen Vampire erst nach Einladung ein fremdes Haus betreten – eine klassische Blutsauger-Regel, die später auch noch mal mit einer Schuhmatte ganz wunderbar persifliert wird…

    Awkwafina macht zwar einen guten Job – trotzdem hätten wir uns stattdessen mehr Zeit mit Renfield und Dracula gewünscht.

    Allerdings steht der Selbsthilfe-Plot am Ende gar nicht unbedingt im Zentrum des Films, stattdessen bildet er eher so etwas wie den Rahmen. Erst als Renfield, der regelmäßig Insekten futtern muss, um seine übermenschlichen Kräfte zu aktivieren, in einem Restaurant der Polizistin Rebecca (Awkwafina) aus der Bredouille hilft, indem er ein ganzes Dutzend Mafia-Schergen mehr oder weniger in ihre Einzelteile zerlegt, geht die eigentliche Geschichte los – und die ist leider nicht besonders gut: Awkwafina („Shang-Chi“) und Nicholas Hoult („Warm Bodies“) sind zwar ein echt sympathisches Außenseiter*innen-Pärchen, aber wer will schon einen ausgelutschten (he, he) Mafia-Plot sehen, wenn nur ein paar Häuser weiter Nicolas Cage als Dracula auf seinen großen Auftritt lauert.

    Auch die – betont blutige – Action kann nur bedingt überzeugen. Gerade nach „John Wick 4“ ist man von High-Concept-Gemetzeln einfach mehr gewohnt – und so dreht Chris McKay den Gore vielleicht auch deshalb bis zum Anschlag auf, um über so manche eben doch nur mittelmäßige Choreographie hinwegzutäuschen. Nichts gegen abgetrennte Körperteile, aber in Anbetracht der vielen starken Drehbuchideen sowie einem fantastisch aufgelegten Hauptdarsteller*innen-Trio hätte man auf solche dann eben doch bewusst billig wirkenden Abstecher ins Camp-Genre womöglich besser verzichtet…

    Fazit: Macht vor allem aufgrund der zentralen drei Performances richtig Laune, selbst wenn sich „Renfield“ zu oft (und eigentlich völlig unnötig) von seiner genialen Toxische-Beziehung-Prämisse wegbewegt.

     

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