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    Human, Space, Time And Human
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Human, Space, Time And Human
    Von Michael Meyns

    Wer angesichts von Kim Ki-duks Filmen wie „Seom – Die Insel“ oder „Bin-Jip – Leere Häuser“ Rückschlüsse auf die koreanische Psyche zieht, landet meist bei wenig erbaulichen Gedanken, doch so düster wie in seinem neuen Film „Inkan, gongkan, sinkan grigo inkan“ (Festivaltitel: „Human, Space, Time, and Human“), der im Panorama der Berlinale 2018 seine Weltpremiere erlebte, ist die Sicht des Regisseurs auf sein Land und seine Landsleute noch nie ausgefallen. Auf einem Kriegsschiff versammelt er einen repräsentativen Querschnitt der südkoreanischen Gesellschaft und entwirft einen zunehmend wahnsinnigen Mikrokosmos, der von Vergewaltigung, Mord, Kannibalismus und anderen Formen der Niedertracht geprägt ist, wobei sich das höllisch-surreale Treiben in diesem schonungslosen Drama, wie der Titel schon andeutet, in zirkulärer Form immer wieder aufs Neue wiederholt.

    Auf einem Kriegsschiff versammelt sich eine bunt zusammengewürfelte Gruppe Menschen zu einer Fahrt, die sieben (!) Tage dauern soll. Da ist ein gelackter Senator, der demnächst Präsident werden will, sein Sohn, der die Machtgier des Vaters mit skeptischen Augen betrachtet, sowie eine Clique von Gangstern, die sich dem Politiker bald andienen und ein brutales Unterdrückungsregime anführen, nachdem das Schiff seltsamerweise begonnen hat, in den Wolken zu schweben. Langsam droht das Essen auszugehen und die übrigen Passagiere – von Prostituierten über Hütchenspieler bis zu einer Gruppe jugendlicher Schläger – geraten zunehmend in Panik, allein ein stummer alter Mann geht unermüdlich seiner Arbeit nach: Im Heizungsraum betreibt er ein kleines Gewächshaus und züchtet Hühner.

    Hoch symbolisch waren die Filme von Kim Ki-duk schon oft, Allegorien über den Verfall von Anstand und Moral, brutale, schonungslose Darstellungen einer verrohten Gesellschaft. In einem frühen Film wie „Frühling, Sommer, Herbst, Winter...und Frühling“, mochte man jedoch noch einen Funken Hoffnung erkennen. Eine Hoffnung auf das grundsätzlich Gute der Menschen, darauf dass durch Askese – wie es der von Kim selbst gespielte Mönch in jenem Film erlebt – der zermürbende Kreislauf von Leben und Tod vielleicht nicht durchbrochen, aber doch zum Positiven beeinflusst werden kann. Eine ähnlich zirkuläre Struktur wie in jenem Vorgänger findet sich nun auch in „Human, Space, Time and Human“, jedoch mit dem fundamentalen Unterschied, dass das Paradies, das nach dem Tod fast aller Passagiere des Kriegsschiffs zu entstehen scheint, ganz sicher nur eine Illusion ist.

    War „Frühling, Sommer…“ noch hauptsächlich von buddhistischen Elementen geprägt, kommen nun deutliche christliche Untertöne hinzu, auch wenn man im Film selbst (zumindest in den Untertiteln) nicht erfährt, dass zwei Figuren tatsächlich Adam und Eva heißen! Adam ist dabei der Sohn des Politikers, der mit seiner Moral ringt und Gutes tun will, zugleich aber auch zu den Männern gehört, die Eva, eine japanische Passagierin, vergewaltigen. Schnell stellt sich heraus, dass Eva schwanger ist, von wem ist unklar, doch für die junge Frau spielt das bald keine Rolle mehr. Im langsam wachsenden Garten des mysteriösen, alten Mannes, der sich ihrer angenommen hat, findet sie Unterschlupf, hilft ihm bei der Saat und später auch bei der Produktion von neuer Erde, bei der die Beerdigungsformel Asche zu Asche...nun ja...auf mehr als ungewöhnliche Weise beim Wort genommen wird.

    Viel Hoffnung scheint Kim jedenfalls nicht mehr für sein Land zu haben, das sich gern als Vorreiter technologischer Entwicklung darstellt, mit Marken von LG bis Samsung Welterfolge feiert und sich gerade bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang als moderne, freundliche Nation präsentiert. Doch selbst für einen beiläufigen Beobachter aus dem Ausland ergibt sich ein deutlich ambivalenteres Bild von Südkorea: Die Wirtschaft wird von wenigen Familienbetrieben beherrscht, die mit ihrem Geld und anderen Methoden ungebührlichen Einfluss auf die Politik nehmen, das Militär agiert oft noch wie zu Zeiten des Ausnahmezustand vor der Ära der Demokratie, die erst 1987 begann, dazu kommen Korruption und andere Skandale. Vieles davon kann man in Kims Film erkennen, der mit einer Schärfe und Schonungslosigkeit von Machtmissbrauch und dem Verfall jeglicher Ordnung erzählt, die manchmal hart an der Grenze des Erträglichen ist. Diese Unerbittlichkeit lässt die Kritik zugleich manchmal etwas pauschal und einseitig wirken, macht den Film aber auch besonders faszinierend.

    Fazit: Düsterer kann der Blick auf ein Land und seine Bewohner kaum sein als in Kim Ki-duks neuem Film „Human, Space, Time and Human“, ein unerbittliches, brutales, tief empfundenes Werk.

    Wir haben „Human, Space, Time and Human” bei der Berlinale 2018 gesehen, wo er in der Sektion Panorama gezeigt wird.

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