Detlev Buck und Frederick Lau sind auf den Hund gekommen!
Von Antje WesselsDetlev Buck scheint aktuell gar nicht genug vom Filmemachen zu bekommen. So drehte er zuletzt für die „Bibi & Tina“-Reihe teilweise sogar mehrere Teile in einem Jahr. Zudem wurde gerade erst eine „Bibi & Tina“-Serie bestätigt („Man soll nicht aufhören, wenn’s am schönsten ist!“), die er 2019 für Amazon Prime umsetzen wird. Aber bevor es soweit ist, springt Buck jetzt erst noch einmal wild durch die Genres: Nach seinem erst im August gestarteten exzentrischen Streifzug durch die Berliner Unterwelt in „Asphaltgorillas“ widmet er sich in dem Episodenfilm „Wuff“ nun den Eskapaden verschiedener Hundebesitzer, um so eine RomCom der etwas anderen Art zur erzählen: In Deutschland gibt es mehr als zehn Millionen Hundebesitzer - und wenn Hundetrainer wie Martin Rütter inzwischen sogar ganze Konzerthallen füllen, um aus ihrem Leben mit den Vierbeinern zu berichten, liegt es nahe, auch auf der Leinwand von der Verbundenheit von Mensch und Hund zu erzählen. Auch in „Wuff“ sind alle Protagonisten auf direkte oder indirekte Weise mit Hunden verbunden. Sie haben entweder selbst welche, verdienen ihr Geld mit ihnen oder lernen durch einen Hund jemanden kennen. Das verleiht der ansonsten weitestgehend nach Schema F aufgezogenen Komödie zumindest ein wenig frischen Wind.
Ella (Emily Cox), Cécile (Johanna Wokalek), Silke (Marie Burchard) und Lulu (Maite Kelly) sind beste Freundinnen und treffen sich regelmäßig, um einander aus ihrem chaotischen Leben zu erzählen. Eine große Rolle spielen dabei ihre Hunde: Während sich Ella gerade frisch getrennt hat und ihr Leben nun mit einem Mischlingsrüden aus dem Tierheim teilt, stiftet Céciles eigentlich sanftmütiger Hund Simpson Unfrieden in der Familie. Silke arbeitet als Hundetrainerin und würde ihrer Freundin gerne helfen, doch sie hat selbst Probleme, als sich in ihrer Nachbarschaft ein neuer Hundesitter (Frederick Lau) daranmacht, ihr die Kundschaft wegzuschnappen. Lulu kann diese ganze Aufregung nicht verstehen: Für sie sind Katzen die einzig wahren Haustiere. Als sie eines Tages einen Hundefreund datet, wird ihre Toleranz deshalb auf eine harte Probe gestellt…
Detlev Buck zelebriert in „Wuff“ die bedingungslose Akzeptanz und die Treue des Hundes zum Menschen und hebt zugleich hervor, welche Wirkung die Vierbeiner auf ihr Herrchen oder Frauchen haben. Sie helfen ihnen aus Krisen und Depressionen heraus und verleihen ihnen durch ihr aufopferungsvolles Vertrauen mehr Selbstbewusstsein. Diese Liebe für die Thematik wird auch von der Tatsache unterstützt, dass für die Dreharbeiten von „Wuff“ nicht nur mit trainierten Filmhunden, sondern auch mit ehemaligen Streunern und Straßenhunden gearbeitet wurde. Sämtliche Vierbeiner besitzen einen ausgeprägten und vor der Kamera hervorragend zur Geltung kommenden Charakter, der sie bisweilen fast interessanter als die menschlichen Protagonisten macht. Wann immer die Hunde selbst im Mittelpunkt stehen, ist „Wuff“ am stärksten. Die Qualität der einzelnen Episoden ist hingegen stark davon abhängig, wie gut die Darsteller darin aufspielen und was das Skript von Andrea Wilson („SMS für Dich“) für die Figuren bereithält.
Die Liste namhafter Schauspielerinnen und Schauspieler kann sich jedenfalls sehen lassen: Während sich „jerks.“-Star Emily Cox in ihrer ungekünstelten Art für weitere große Kinorollen qualifiziert und es eine Freude ist, Johanna Wokalek („Anleitung zum Unglücklichsein“) mal wieder in einer Hauptrolle zu sehen, fallen wie zuletzt auch schon in „Asphaltgorillas“ vor allem die Schauspiel-Newcomer weniger auf. Instagram-Star Stefanie Giesinger wird als Verführerin auf ihr Äußeres reduziert, während Maite Kelly ihre Rolle der Katzen-Besitzerin Lulu grundlos hysterisch anlegt, was bei einem aus dem Ruder laufenden Date seinen „Höhepunkt“ findet. Marie Burchard („Klassentreffen 1.0“) spielt als raubeinige Hundetrainerin dagegen angenehm uneitel auf, was sich auch für Kostja Ullman („Coming In“), Frederick Lau („Spielmacher“) und Kida Khodr Ramadan („Nur Gott kann mich richten“) in einer für ihn ungewohnten Rolle abseits des (Gangster-)Milieus sagen lässt. Die Highlights – neben den Hunden natürlich – bilden allerdings zwei Grande Dames des deutschen Schauspiels: Judy Winter („Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“) ist als Ellas kein Blatt vor den Mund nehmende Mutter eine Wucht, genauso wie Katharina Thalbach („Ich bin dann mal weg“) mit jedem Lebensjahr mehr an Energie hinzu zu gewinnen scheint.
Doch auch wenn sowohl die zwei- als auch die vierbeinigen Darsteller ihre Sache insgesamt gut machen, kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Handlung erzählerisch argen Schwankungen unterworfen ist. Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Ella und dem unkomplizierten Förster Daniel wird von unglaubwürdigen Wendungen nur so durchgeschüttelt und ist trotzdem von Anfang an durchschaubar. Céciles Familienprobleme rund um den geistig behinderten Sohn, der Hund Simpson unbedingt braucht, während ihr Ehemann sich zunehmend von ihm gestört fühlt, ist in Ansätzen spannend, verliert sich aber irgendwann in einer hanebüchenen Auflösung. Wozu die Storyline rund um Dauersingle Lulu überhaupt im Film ist, obwohl sie kaum etwas zum Geschehen beizutragen hat, erschließt sich auch nicht so richtig. Lediglich der Machtkampf zwischen der alteingesessenen Hundeflüsterin Silke und dem unerfahrenen Oli ist rundum gelungen, vor allem wegen des dynamischen Hunde-Fußballspiels, dem Highlight des Films. Die wirklichen Höhepunkte lassen sich in „Wuff“ sowieso vor allem am Rande ausmachen: Die Gespräche zwischen Ella und ihrer sie so kritischen Mutter sind so treffend beobachtet, dass man sich direkt in beide Parteien einfühlen kann. Wie polemisch, beinahe böse, Buck hier hinter die Kulissen der modernen Arbeitswelt blickt, ist großes Kino.
Fazit: „Wuff“ ist eine sympathische Episodenkomödie, deren einzelnen Episoden qualitativ stark schwanken. Am besten sind aber sowieso die charakterlich höchst unterschiedlichen Hunde – und die sind glücklicherweise in jeder Episode dabei.