Als Pepsi 2012 einen Werbe-Kurzfilm mit dem Titel „Uncle Drew“ veröffentlichte, ging der Spot viral steil. Inzwischen wurde das Video auf YouTube mehr als 52 Millionen Mal aufgerufen und deshalb ergibt es auf eine verquere Weise auch durchaus Sinn, dass nach weiteren Web-Episoden nun tatsächlich auch noch ein „Uncle Drew“-Film von Charles Stone III in die Kinos kommt (ähnlich wie bei „Space Jam“ mit Michael Jordan, der aus einem Superbowl-Werbespot hervorgegangen ist). Die Prämisse der YouTube-Videos und nun auch des Kinofilms ist, dass sich der NBA-Profi Kyrie Irvin als greiser Onkel Drew inklusive Fatsuit und Alters-Make-up verkleidet, um dann seinen jungen Kontrahenten auf dem Basketball mal zu zeigen, was ´ne Harke ist. Auf der großen Leinwand bekommt der Point Guard der Bosten Celtics dabei noch zusätzliche Verstärkung von Basketball-Legenden wie Shaquille O’Neal, Reggie Miller oder Chris Webber, die ebenfalls ins Opa-Kostüm schlüpfen. Den Charme der Internet-Clips, in dem die zufälligen Zuschauer vom Können des agilen Greises wirklich überrascht wurden, versprüht die geskriptete Variante allerdings nur selten. Stattdessen präsentiert sich „Uncle Drew“ vornehmlich als überlanger und aufdringlicher Werbeblock für Limonaden und Turnschuhe.
Dax (Lil Rel Howery) hat es aber auch wirklich nicht leicht: Erst platzt sein Traum, einmal ein großer Basketballspieler wie Michael Jordan zu werden, weil er an der Highschool einen einzelnen Wurf vermasselt. Stattdessen muss er sich als Kassierer in einem Sportgeschäft über Wasser halten, während seine Freundin Jess (Tiffany Haddish) das schwerverdiente Geld sofort wieder für Klamotten ausgibt. Zumindest als Coach kann Dax seine Leidenschaft für den Sport weiter ausleben, allerdings nur bis ihn sein eigenes Team kurzerhand vor die Tür wirft. Doch dann trifft der dauernde Verlierer auf den legendären Onkel Drew (Kyrie Irving), der trotz seines hohen Alters immer noch eine Menge drauf zu haben scheint. Da kommt Dax die Idee, es seinem ehemaligen Team heimzuzahlen, indem er es bei einem Straßenturnier mit der Hilfe von Drew mal so richtig abzieht. Drew besteht jedoch darauf, für das Turnier sein altes Team um sich zu versammeln…
Die US-Profiliga NBA verzeichnet Fernsehgelder, von denen selbst die Fußball-Bundesliga (und erst recht die Basketball-Bundesliga) nur träumen kann. „Uncle Drew“ richtet sich deshalb auch in erster Linie an ein Zielpublikum in den USA, wo der Film mit einem Einspielergebnis von mehr als 42 Millionen Dollar auch schon recht erfolgreich in den Kinos lief (Budget: 18 Millionen Dollar). In Deutschland haben es Filme zu amerikanischen Volkssportarten wie Basketball, Baseball oder Football hingegen meist schwer – mit einigen wenigen Ausnahmen wie dem bereits erwähnten „Space Jam“, der auch hierzulande fast 2,5 Millionen Besucher in die Kinos locken konnte. Dass das „Uncle Drew“ nicht passieren wird, wird allerdings bereits mit der miserablen Synchronisation sichergestellt: Der Improvisationskomik geht in der deutschen Fassung jede Spontanität verloren.
So erweist sich fast jede Pointe als Fehlwurf – und auch der Charme wirkt bestenfalls bemüht. Aber ganz allein auf die Synchro kann man das dann auch wieder nicht schieben: Dem Film fehlt auch deshalb die nötige Dynamik, weil Hauptdarsteller Lil Rey Howery (dem Szenendieb aus „Get Out“) talentierte Mitspielern fehlen. Um ihn herum mangelt es den Basketball-Profis nicht nur am nötigen Schauspielvermögen, unter den dicken Gesichtsmasken ist in Sachen Mimik und Emotionen bei Irving, Webber und Co. sowieso nur wenig zu erkennen.
Aber die NBA-Legenden wurden ja auch nicht zum Schauspielern, sondern zum Körbewerfen eingekauft. Und deshalb ist „Uncle Drew” auch immer dann am besten, wenn es raus auf den Court geht und die Jungs das machen können, was sie am besten beherrschen: Wenn hier selbst aus den unmöglichsten Positionen spektakuläre Korbwürfe ohne sichtbaren Schnitt gelingen, dann kauft man das dem Film einfach ab. Neben den ehemaligen Profis, zu denen sich im Verlauf des Films auch die einstige WNBA-Spielerin Lisa Leslie gesellt, sorgt dabei natürlich vor allem der noch aktive Kyrie Irving für die größten Schauwerte. So dürften an „Uncle Drew” – wenn überhaupt – vor allem eingefleischte Basketball-Fans ihren Spaß haben.
Während die Webserie noch dadurch bestach, dass der verkleidete Superstar Irving auf dem Platz ahnungslose Teenager auf den Arm nahm, ist das Geschehen im Kinofilm natürlich durchgehend inszeniert - und das nicht wirklich gut. Im Gegensatz zu gelungenen Sportfilmen wie Ron Howards „Rush - Alles für den Sieg” oder Bennett Millers „Die Kunst zu gewinnen - Moneyball”, die trotz ihres Sportthemas auch für Nichtkenner spannend anzusehen sind, hat sich Regisseur Charles Stone III bei „Uncle Drew” nur wenige Trümpfe in der Hand, um sein NBA-Schaulaufen abseits des Basketballfelds auszuschmücken. Dax‘ Entwicklung vom Mega-Loser zum gefeierten Coach ist genauso uninteressant wie die konventionelle Rekrutierungs-Story-Blaupause, anhand derer Drew seine Teammitglieder auf einem Roadtrip einem nach dem anderen einsammelt.
Sauer stößt zudem die konsequente Werbe-Ausrichtung des Films auf. Als Zuschauer hat man ständig das Gefühl, eigentlich nur noch mehr „Uncle Drew”-Pepsi-Spots zu sehen zu bekommen, nur eben diesmal gleich in Spielfilmlänge. Während in der ersten Hälfte der Komödie vor allem pausenlos Nike-Klamotten gezeigt werden, mündet der Film mit Beginn des Straßenturniers in einen regelrechten Pepsi-Exzess. Dass es sich bei der Komödie um eine Produktion des Zuckerwasser-Konzerns PepsiCo handelt, ist zwar kein Geheimnis, aber derart inflationär, wie einem hier die Marke ins Auge springt, geht das über die Grenzen des üblichen Product Placement weit hinaus. Wer bei jedem Anblick eines Pepsi-Logos einen kurzen trinkt, wird den Abspann von „Uncle Drew” jedenfalls kaum noch erleben.
Fazit: Zumindest in der deutschen Fassung bleibt der Witz nahezu komplett auf der Strecke. Einzig ein paar gelungene Korbwürfe der Basketball-Legenden halten geneigte NBA-Fans hier womöglich eine Zeit lang bei Laune.