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    Triangle Of Sadness
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Triangle Of Sadness

    Selbst die Superreichen sind vor Seekrankheit nicht gefeit

    Von Michael Meyns

    Von toxischer Männlichkeit ist in den letzten Jahren oft die Rede, doch ist das vorgeblich starke Geschlecht tatsächlich immer so stark? In seinen Filmen lotet der schwedische Regisseur Ruben Östlund immer wieder aus, was Männlichkeit in der modernen Welt wirklich bedeutet, in wirtschaftlicher, sexueller und moralischer Hinsicht: In „Höhere Gewalt“ flüchtet ein Geschäftsmann vor einer vermeintlich herannahenden Lawine, lässt seine Familie dabei aber einfach am Tisch der Alpenhütte sitzen. Mit dem Goldene-Palme-Gewinner „The Square“ folgte darauf dann eine bittere Abrechnung mit den patriarchalischen Strukturen des modernen Museumsbetriebs.

    Den Abschluss dieser losen Trilogie liefert nun der beim Filmfestival in Cannes ebenfalls wieder mit der Goldenen Palme bedachte „Triangle Of Sadness“, der als in der Modebranche angesiedelte Satire beginnt, sich auf einer Luxusyacht zu einer Abrechnung mit den Superreichen ausweitet und schließlich nach einem Schiffbruch auf einer einsamen Insel endet, wo sich die eingeübten Rollenmuster plötzlich ins Gegenteil verdrehen und eine Toilettenfrau die Macht übernimmt. Subtil ist das alles nie, aber in seinen besten Momenten liefert Östlund dennoch eine pointierte und bitterböse Farce.

    Als Influencer dürfen Carl (Harris Dickenson) und Yaya (Charlbi Dean Kriek) auf einer Luxus-Kreuzfahrt in das Leben der Super-Superrreichen hineinschnuppern.

    Carl (Harris Dickinson) und Yaya (Charlbi Dean Kriek) sind Models – und haben damit einen der wenigen Jobs, in dem Frauen sehr viel mehr verdienen als Männer. Ein Zustand, der Carl gar nicht schmeckt und zu heftigen Diskussionen rund um die Frage führt, wer für das gemeinsame Abendessen bezahlen soll. Doch am Ende sind es eben doch Yayas Aussehen und ihre zahlreichen Instagram-Follower, die dem Influencer-Paar eine Luxus-Kreuzfahrt für lau ermöglichen.

    Gemeinsam mit u.a. einem superreichen russischen Kapitalisten (Zlatko Buric) sowie einem britischen Paar aus der Waffenindustrie finden sie sich auf einer Yacht wieder, auf der ausgerechnet ein marxistischer Kapitän (absolute Highlight-Performance: Woody Harrelson) das Kommando innehat. Doch bald endet der entspannte Törn: Nach einem Sturm samt Kotzorgie folgt auch noch ein Piratenüberfall – und die Überlebenden landen an einem einsamen Strand, wo die bisher geltenden gesellschaftlichen Verhältnisse plötzlich keine Rolle mehr spielen…

    Eine Frage der Moral

    Ist „Höhere Gewalt“ noch von einer dichten erzählerischen Struktur geprägt, die sich ganz auf die im Mittelpunkt stehende Familie konzentriert, funktioniert die Kunstsatire „The Square“ vor allem als lose Sammlung von Momenten, die sich oft weit von der eigentlichen Hauptfigur entfernen. In dem in drei Kapiteln erzählten „Triangle Of Sadness“ wählt Ruben Östlund nun eine Mischform: Im ersten Akt „Carl & Yaya“ werden die beiden Hauptfiguren eingeführt, ein junges Paar, das es sich zwar in der oberflächlichen Modewelt bequem gemacht hat, aber trotzdem noch um ein Rest an Anstand ringt. Im zweiten Kapitel „Die Yacht“ wird das Figurenpersonal deutlich erweitert. Die Geschichte fasert aus, wird anekdotenhafter und alberner, um sich im letzten Kapitel „Die Insel“ dann wieder auf eine Art Kerntruppe zu konzentrieren.

    Erst hier findet Östlund konstant den satirischen Ton, der seine besten Arbeiten auszeichnet. Hier, in einer Extremsituation der etwas anderer Art, findet sich die philippinische Toilettenfrau Abigail (Dolly De Leon), die auf der Yacht noch ganz unten in der gesellschaftlichen Hackordnung stand, plötzlich ganz oben wieder. Denn sie ist die einzige, die Feuer machen und Fische fangen kann. Als selbsternannte Kapitänin hat sie nun die Produktionsmittel in der Hand, kann bestimmen und sich nehmen, was sie will (und sie will einen jungen männlichen Körper). Nun plötzlich pochen die anderen Überlebenden, die Reichen und Schönen, deren Aussehen und Geld in dieser Situation keinen Wert mehr haben, auf einen mitmenschlichen Umgang, fordern sozialistische Strukturen und wollen Teilen, auch wenn sie kaum etwas zur Gemeinschaft beitragen.

    Sich den ganzen Reichtum aus dem Leib kotzen

    Besonders substantiell ist diese Analyse gesellschaftlicher Strukturen nicht. Die Reichen und Schönen als oberflächlich zu entlarven und sich über aufmerksamkeitsgeile Influencer lustig zu machen, ist nun nicht gerade ein besonders schwere Aufgabe – selbst wenn man ein Abendessen auf der Yacht zu einer alle Grenzen des (guten) Geschmacks sprengenden Kotzorgie ausarten lässt. Oft fasert „Trinagle Of Sadness“ zur Nummernrevue aus, lebt von der Qualität einzelner Einfälle sowie einem Wortwitz, der sich allerdings oft auf plakative Phrasen reduziert, die oft klüger wirken als sie sind: „Der Kommunist hat Marx und Lenin gelesen, der Anti-Kommunist hat Marx und Lenin verstanden“, heißt es da. Das ist für einen einfachen Lacher gut, aber wirklich viel gesagt ist damit auch nicht.

    Manche Einfälle verpuffen sogar völlig: Die deutsche Schauspielerin Iris Berben hat sich wohl auf Grund deutscher Filmförderung in die Produktion verirrt, darf als Figur, die nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt, allerdings nur die drei immer gleichen Worte wiederholen: „In den Wolken.“ Bei Groot ist das lustiger. Stückwerk ist das oft, manchmal zwar witzig und in den besten Momenten sogar eine böse Farce, aber doch weit entfernt von den scharfen Analysen gesellschaftlicher Zustände, die Ruben Östlund in seinen besten Filmen wie „Play“ oder „Höhere Gewalt“ noch abgeliefert hat.

    Fazit: Nicht immer subtil, manchmal gar banal setzt Ruben Östlund in „Triangle Of Sadness“ seine Beschäftigung mit Männlichkeit und Rollenmustern fort, ohne dabei je die Schärfe oder die Präzision der beiden Trilogie-Vorgänger „Höhere Gewalt“ und „The Square“ zu erreichen.

    Wir haben „Triangle Of Sadness“ bei den Filmfestspielen in Cannes 2022 gesehen, wo er als Teil des offiziellen Wettbewerbs gezeigt und mit der Goldenen Palme für den besten Film ausgezeichnet wurde.

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