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    Bad Spies
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Bad Spies
    Von Andreas Staben

    Sei es der Tunichtgut Eggsy (Taron Egerton) in „Kingsman: The Secret Service“, die Schreibtischtäterin Susan (Melissa McCarthy) in „Spy – Susan Cooper Undercover“ oder der Hooligan Nobby (Sacha Baron Cohen) in „Der Spion und sein Bruder“: Wenn mehr oder weniger normale Menschen plötzlich mitten in eine gefährliche Verschwörung geraten und sich an der Spionage-Front bewähren müssen, dann gibt das immer wieder Stoff für absurd-abgedrehte Komödien. Nach ganz ähnlichem Prinzip schickt die bisher vor allem für ihre Beteiligung an der Krebsdrama-Serie „Chasing Life“ bekannte Regisseurin Susanna Fogel nun Mila Kunis und Kate McKinnon auf eine ebenso alberne wie brutale Agenten-Schnitzeljagd quer durch Europa. Doch ihre unausgegorene Spionage-Komödie „Bad Spies“ hat weder die Metacoolness von „Kingsman“ noch die Geradlinigkeit, den Witz und die Frauenpower von „Spy“ oder die hemmungslose Konsequenz von Sacha Baron Cohens Anarcho-Attacke auf das Agentengenre.

    Morgan (Kate McKinnon) schmeißt für ihre Freundin Audrey (Mila Kunis) eine Geburtstagsparty, aber die ist gar nicht in Feierlaune, seit Drew (Justin Theroux) per SMS mit ihr Schluss gemacht hat. Die jungen Frauen beschließen, die von dem Ex bei der Verflossenen zurückgelassenen Habseligkeiten zu verbrennen. Dann tauchen bei Audrey in Los Angeles die angeblichen Geheimagenten Sebastian (Sam Heughan) und Duffer (Hasan Minhaj) auf. Sie behaupten, dass Drew ebenfalls ein Spion ist und zeigen Interesse an seinen Sachen. Die Ereignisse überschlagen sich, Audrey und Morgan geraten zwischen die Fronten einer internationalen Spionageaffäre und in den Besitz eines USB-Sticks mit hochbrisanten Informationen. Den sollen sie in einem Café in Wien einer Kontaktperson übergeben…

    „Bad Spies“ beginnt mit dem weltberühmten Pfeifen aus dem Kalter-Krieg-Abgesang „Wind of Change“ von den Scorpions und man könnte darin die Einführung eines Leitmotivs sehen, denn (vermeintlich) schlechte Musik spielt im weiteren Verlauf des Films immer wieder eine Rolle (ohne dass das sonderlich lustig wäre). Doch zunächst wird die penetrant-versöhnliche Botschaft des Liedes konterkariert, als wir sehen, wie Drew bei einer rasanten Hatz im heutigen Litauen gerade noch mit dem Leben davonkommt. Die alten Fronten haben hier irgendwie weiter Bestand, ein paar neue sind hinzugekommen und die Action ist zuweilen so grimmig in Szene gesetzt, dass man sich fast schon im falschen Film wähnt. Doch zunächst kommt ein harter Schnitt nach Kalifornien, zu einem Komödiengeplänkel mit ein bisschen RomCom-Herzschmerz und ein bisschen mehr Freestyle-Verrücktheit von Kate McKinnon.

    Der „Saturday Night Live“-Star reißt den Film ähnlich wie schon den umstrittenen „Ghostbusters“-Reboot von Paul Feig zwischendurch immer wieder an sich, um einfach sein eigenes Ding durchzuziehen. Wenn Morgan in ernster Lage ihre Mutter (!) am Telefon fragt, ob sie die Penisfotos bekommen habe, dann tut sich zwischen der sorglos hingeschleuderten Pointe und der bald lebensgefährlichen Situation eine Kluft auf, in der sich McKinnon sichtlich zu Hause fühlt. Nach einem ähnlichen Kontrast-Prinzip funktioniert auch der spätere Auftritt des isländischen Hünen Ólafur Darri Ólafsson („The Last Witch Hunter“), der als Rucksacktourist in Amsterdam mehrmals wie zufällig Schicksal spielt.

    Doch das transgressive Potenzial wird nicht ausgeschöpft, dafür ist der Film insgesamt einfach zu brav und zu unentschlossen. Auch die Reibung zwischen harter Action und Humor schlägt nur selten komische Funken, weil der Gewaltbogen mehrmals überspannt wird. Wenn ein eifriger Taxifahrer in Wien mit irritierender Brutalität entsorgt wird, ist das nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe extrem gewalttätiger Momente, die in dem mal albernen, mal groben, aber fast immer harmlosen Komödienrahmen keinerlei produktiv-provokante Wirkung entfalten - zumal Regisseurin Fogel auch keine ästhetische Ambitionen zu verfolgen scheint (wie noch Matthew Vaughn in den Gewaltszenen von „Kingsman“).

    Die Filmemacherin findet zum Hauptstadthopping in Europa kaum mehr als die üblichen touristischen Bilder, wobei das Deutsche Technikmuseum in Berlin immerhin ein ungewöhnliches Setting für einen seinerseits recht originellen Akrobatikshowdown bietet. Die ständigen Schauplatz- und Szenenwechsel geben zudem Gelegenheit zu einigen netten Gastauftritten, etwa von Paul Reiser („Aliens“), und auch Edward Snowden wird hier ziemlich amüsant auf die Schippe genommen. Aber abgesehen von McKinnons Energie wird hier doch sehr viel Fades geboten. Wenn etwa der farblose „Outlander“-Schönling Sam Heughan sich hier als vermeintlich hartgesottener Agent andauernd davor drückt, das Wort Vagina auszusprechen, dann ist das spätestens beim zweiten Mal nicht mehr lustig.

    Neben allen Albern- und Grobheiten sind zwar durchaus Versuche zu erkennen, nebenbei etwas über Liebe, Freundschaft und weibliche Solidarität zu erzählen, aber die werden entweder durch Entgleisungen ins Brutale oder durch ihre schiere Oberflächlichkeit sabotiert. So schwankt Mila Kunis, deren „Bad Moms“ hier nicht nur für den deutschen Titel Pate gestanden haben mag, ziemlich unkontrolliert zwischen Verlorenes-Herz-Augenaufschlägen und sehr bemüht wirkenden Bad-Ass-Posen, wobei die leider nicht sehr gut in Szene gesetzte Idee, dass ihre an der Spielekonsole trainierten Schießkünste sie auch zur Scharfschützin im Real-World-Kugelhagel machen, noch einer der besseren Einfälle des Films ist. So hat „Bad Spies“ zwar durchaus seine Momente, aber seine sehr gegensätzlichen Elemente fügen sich nie zu einer Einheit.

    Fazit: Megabrutal und mittellustig – in „Bad Spies“ stehen harte Agenten-Action, der Versuch einer weiblichen Buddy-Komödie mit Herz und einige potentiell provokante Pointen unverbunden nebeneinander. So funktioniert nichts davon so richtig.

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