Mein Konto
    Godzilla: Planet der Monster
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Godzilla: Planet der Monster
    Von Christian Fußy

    Es ist selten ein gutes Zeichen, wenn der nächste Ableger einer etablierten Filmreihe plötzlich und scheinbar ohne triftigen Grund in den Tiefen des Weltraums angesiedelt ist. In der Vergangenheit wurden bekannte Figuren nämlich vornehmlich dann ins All geschickt, wenn den Verantwortlichen hinter dem jeweiligen Franchise partout nichts anderes mehr eingefallen ist. Man erinnere sich nur an den „Jason X“ aus der „Freitag der 13.“-Reihe oder an den von den meisten Fans nicht minder belächelten „James Bond 007: Moonraker“. Mit „Godzilla: Planet der Monster“ versetzt die japanische Kultfilmschmiede Toho nun auch ihre Vorzeigereihe um das namensgebende Riesenreptil erstmals seit „Befehl aus dem Dunkel“ von 1965 in ein Outer-Space-Setting. Aber hier ist das eben keine Verlegenheitslösung – ganz im Gegenteil: Mit dem Netflix-Film betreten die Macher nämlich zudem ästhetisch und produktionstechnisch Neuland, denn „Planet der Monster“ ist zugleich der allererste Anime in der langen Geschichte des „Godzilla“-Franchise. Die Regisseure Kōbun Shizuno und Hiroyuki Seshita wissen genau, was sie tun und nutzen die Möglichkeiten aus, die ihnen das Medium des Animationsfilms bietet. Der Tapetenwechsel zahlt sich aus, denn „Godzilla: Planet der Monster“ ist die aufregendste „Godzilla“-Verfilmung seit Jahren und ein vielversprechender Auftakt für die bei Netflix geplante Anime-Trilogie.

    Im Jahre 2026 wurde fast die gesamte Weltbevölkerung von Godzilla vernichtet. Keine Waffe ist dem Zerstörer gewachsen, die meisten Städte liegen in Schutt und Asche. Als alle Hoffnung verloren scheint, kommt es zum ersten Kontakt mit außerirdischem Leben. Die humanoiden Exif bieten der Menschheit ihre Unterstützung im Kampf gegen Godzilla an. Als Ausgleich sollen sich die Menschen der fremden Spezies unterordnen, die sich in Zukunft auf der Erde niederlassen will, da ihr eigener Heimatplanet zerstört wurde. Aber auch mit vereinten Kräften gelingt es nicht, Godzilla aufzuhalten und die Zerstörung der zivilisierten Welt zu verhindern. Die letzten überlebenden Menschen und Exif flüchten auf einem Raumschiff gemeinsam ins All. 22 Jahre später glaubt der Hitzkopf Haruo Sakaki (Mamoru Miyano) endlich einen Weg gefunden zu haben, Godzilla besiegen zu können. Das Raumschiff nimmt Kurs zurück zur Erde. Dort sind mittlerweile 20.000 Jahre vergangen…

    Godzilla, der in der Vergangenheit bereits unter anderem als Atombomben-Allegorie, Actionheld und knuddeliger Spielgefährte für kleine Kinder herhalten musste, wird in der Story von Gen Urobuchi („Expelled From Paradise“, „Fate/Zero“) zum ultimativen Weltenzerstörer nach Art von H.P. Lovecraft. Das Ausmaß von Hoffnungs- und Aussichtslosigkeit, mit der das altbekannte Szenario „Unaufhaltsames Monster gegen die vereinten Streitkräfte der Erde“ hier aufgeladen wird, ist sogar für das Jahrzehnte alte und im Grunde ja auch dystopische „Godzilla“-Franchise ein absolutes Novum. An mehreren Stellen im Film geben Figuren ihren Überlebenskampf auf, töten sich selbst oder sprechen davon, dass die Menschheit ihre Auslöschung letztendlich verdient hat. Die androgynen Exif betrachten Godzilla gar als Gesandten Gottes, der die humanoiden Völker für ihre Arroganz bestraft, zu denken, sie seien die Krone der Schöpfung und in der Unendlichkeit des Universums von zentraler Bedeutung. Dieser Fatalismus, der zuweilen schon nihilistische Züge annimmt, erinnert mehr an einen Film aus der „Alien“-Reihe als an die bisherigen „Godzilla“-Ableger, funktioniert aber im Rahmen der Geschichte extrem gut, weil er immer wieder mit dem kämpferischen Optimismus von Hauptfigur Haruo kontrastiert wird und dadurch trotz allem nie erdrückend wirkt.

    Die generelle Marschrichtung mit vielen zusätzlichen futuristischen Elementen überzeugt und eröffnet der Reihe viele neue Möglichkeiten. Zugleich gibt es aber auch einige Defizite zu beklagen. Die Qualität der Animationen geht unterm Strich zwar absolut in Ordnung und teilweise bieten uns die Macher auch ausgesprochen stimmungsvolle Bilder, von den Figurendesigns kann man das allerdings nicht behaupten: Menschen und Exif wirken gleichermaßen steif und emotionslos, das gilt vor allem für die sehr gleichförmigen Gesichtszüge. Von einem Mienenspiel kann kaum die Rede sein und so bleibt das Ausdrucksspektrum arg beschränkt. Auch der Look von Godzilla selbst gewinnt keinen Innovationspreis, zudem wirkt die Riesenechse angesichts ihrer gnadenlos zerstörerischen Rolle in dieser Geschichte optisch viel zu zahm. Das ist besonders schade, weil Toho in der Vergangenheit eigentlich meist ein gutes Händchen beim Monsterdesign hatte und auch nie vor einer ästhetischen Neuorientierung zurückgeschreckt ist. Sogar der Fischkopf-Godzilla aus „Shin Godzilla“, war im Vergleich zu der neuen Inkarnation ein regelrechter Hingucker. Außerdem wirkt „Planet der Monster“ dramaturgisch letztlich fast wie die Pilotfolge einer Serie. Die Figuren einschließlich Godzilla bleiben größtenteils blass und auch der bisherige Eindruck von der 20.000 Jahre gealterten Erde und den Kreaturen, die auf ihr leben, ist noch recht oberflächlich. Aber es wird trotzdem auf sehenswerte Weise der Weg zu den beiden Fortsetzungen bereitet.

    Fazit: Trotz einiger Schwächen bei der Charakterzeichnung und dem Creature-Design überzeugt „Planet der Monster“ als philosophische und stilistische Neuausrichtung des Franchise. Wir sind gespannt auf Teil zwei!

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top