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    Paula - Mein Leben soll ein Fest sein
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Paula - Mein Leben soll ein Fest sein
    Von Christian Horn

    Kurz nach „Lou Andreas-Salomé“ und „Marie Curie“ folgt mit „Paula – Mein Leben soll ein Fest sein“ ein weiteres Historien-Biopic über eine Frau, die ihrer Zeit voraus war und für künstlerische sowie gesellschaftliche Anerkennung kämpfte. Regisseur Christian Schwochow („Die Unsichtbare“, „Novemberkind“) schlägt in seinem Spielfilmporträt über die frühexpressionistische Malerin Paula Modersohn-Becker (1876-1907) einen leichtfüßigen Ton an und blickt aus heutiger Sicht auf die Ereignisse. Diese Ausrichtung wird durch die Besetzung der Titelrolle mit der aus „Feuchtgebiete“ bekannten Carla Juri noch unterstrichen: Der Eigensinn der Porträtierten bekommt in ihrem selbstbewussten Spiel etwas ganz und gar Modernes. Die Drehbuchautoren Stefan Kolditz („Unsere Mütter, unsere Väter“) und Stephan Suschke wiederum legen den Fokus auf die schwierige Ehe Beckers mit dem Landschaftsmaler Otto Modersohn, woran sie die hochaktuelle, aber in Bezug auf die Hauptfigur nicht unbedingt naheliegende Frage nach der Vereinbarkeit von Selbstverwirklichung und Familienplanung knüpfen.

    Sommer 1900. Zum Verdruss ihres Vaters Carl (Michael Abendroth, „Unter dir die Stadt“) siedelt die 24-jährige Paula (Carla Juri) von Bremen in die ländlich gelegene Künstlerkolonie Worpswede über, um Malerin zu werden. Doch ihr expressionistischer Stil stößt beim Lehrer Fritz Mackensen (Nicki von Tempelhoff) auf Unverständnis: Frauen können eben nur beim Kinderkriegen schöpferisch tätig sein, meint er. Dessen Malerkollege Otto Modersohn (Albrecht Schuch, „Westwind“) hingegen ist fasziniert von den Bildern der jungen Künstlerin und kommt ihr bald auch privat näher. Während Paulas Freundin Clara Westhoff (Roxane Duran), eine Bildhauerin, den Poeten Rainer Maria Rilke (Joel Basman, „Unter dem Sand“) heiratet, ehelicht Paula ihren Otto. Fünf Jahre später entflieht Paula der Enge des Ehelebens in Richtung Paris. Dort trifft sie die mittlerweile geschiedenen Freunde Clara und Rainer wieder und besucht die Kunstakademie. In den impressionistischen Gemälden des Franzosen Paul Cézanne findet Paula ihren Malstil bestätigt. Doch hat auch die Ehe mit Otto noch eine Chance?

    Wie lassen sich Ehe, Familie und Karriere für Frauen unter einen Hut bringen? Diese Frage schwebt über „Paula“, womit die Macher der unkonventionellen Protagonistin gleichsam ihrerseits ein bürgerliches Korsett überstülpen. Denn Paula Modersohn-Becker kann mit dem Leben als Hausfrau und Mutter schlicht nichts anfangen, soviel wird auch im Film spürbar. Sie wird vielmehr von einem unbedingten Freiheitswillen angetrieben und von dem unwiderstehlichen Drang, Kunst zu schaffen. Wenn hier nun (abweichend von der echten Biografie) ausgerechnet der Gatte Otto Paulas Künstlerlaufbahn entscheidend fördert, indem er beispielsweise ihre Pariser Wohnung finanziert, und es immer wieder um den Zustand der Ehe geht, dann gerät es allzu stark in den Hintergrund, dass sich Modersohn-Becker innerlich längst von den äußeren Erwartungen gelöst hat – und so hat es auch einen irritierenden Beigeschmack, wenn Schwochow ausgerechnet die Geburt ihres Kindes zum Sinnstifter überhöht, zur innigen Versöhnung mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten.

    Während die erzählerische Ausrichtung problematisch ist, werden der Lebenshunger und die Energie der Hauptfigur sehr überzeugend und mit für ein Kostümdrama durchaus ungewöhnlicher Leichtigkeit auf die Leinwand gebracht. Modersohn-Becker erscheint hier oft als trotzige, bisweilen naive junge Frau mit einem sehr lebendigen Gefühlsleben, wobei die humorvollen Momente manchmal auch ins Kindische driften, aber dank der sehr spontan wirkenden Darstellung von Carla Juri immer glaubhaft bleiben. Es ist Juri, die in erster Linie dafür sorgt, dass „Paula – Mein Leben soll ein Fest sein“ insgesamt ansprechende Unterhaltung bietet. Der Film mag seiner Protagonistin zwar nicht immer gerecht werden, aber zugleich findet auch das Selbstverständnis der 31-jährig verstorbenen Malerin den Weg auf die Leinwand, das sie in einem titelgebenden Tagebucheintrag von 1900 formuliert hat:

    „Ich weiß, ich werde nicht sehr lange leben. Aber ist das denn traurig? Ist ein Fest schöner, weil es länger ist? Und mein Leben ist ein Fest, ein kurzes, intensives Fest… Und wenn nun die Liebe mir noch blüht, vordem ich scheide, und wenn ich drei gute Bilder gemalt habe, dann will ich gern scheiden mit Blumen in den Händen und im Haar.“

    Fazit: Das Biopic über die Malerin Paula Modersohn-Becker wird der progressiven Frau und Künstlerin zwar nicht immer gerecht, bietet aber dank der tollen Hauptdarstellerin trotzdem ansprechende Unterhaltung.

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