Vor zwei Jahren enttäuschte der auf dem bekannten Brettspiel von Hasbro basierende Teenie-Horror „Ouija – Spiel nicht mit dem Teufel“ Kritik wie Publikum. Nun wagt sich Regisseur Mike Flanagan („Oculus“, „Before I Wake“) an ein Prequel zu Stiles Whites 1-Sterne-Flop. In seinem in den 1960er Jahren angesiedelten „Ouija: Ursprung des Bösen“ klärt er über die Herkunft des Hexenbretts auf, das den Teenagern im ersten Film das Leben zur Hölle machte. Anders als sein Vorgänger nimmt sich Flanagan ausreichend Zeit und lässt den Horror wirkungsvoll nach und nach in den Alltag einer alleinerziehenden Mutter und ihrer beiden Töchter einsickern. Die geschickte Inszenierung ist dann auch die größte Stärke des in weiten Teilen gelungenen Gruselfilms – auch wenn die Handlung im Mittelteil etwas auf der Stelle tritt, übertrumpft Flanagan den verkorksten ersten Teil deutlich.
Los Angeles 1965: Seit dem Tod ihres Ehemanns schlägt sich Alice Zander (Elizabeth Reaser) als paranormale Trickbetrügerin durch. Mit Hilfe ihrer Töchter Paulina (Annalise Basso) und Doris (Lulu Wilson), versteckten Magneten unter dem Tisch und einem Blasebalg gaukelt sie ihren Kunden vor, in ihren Séancen eine Verbindung zu Toten herstellen zu können. Doch als Alice ein Ouija-Spielbrett besorgt, erweist sich die kleine Doris wie schon ihre Großmutter als echtes Medium. Sie ist tatsächlich in der Lage Kontakt zu Geistern aufzunehmen und kontaktiert unter anderem ihren verstorbenen Vater. Doch die medialen Ausflüge ins Reich der Toten sind nicht ungefährlich und so ergreift ein Geist schrittweise Besitz von Doris. Es bleibt unklar, was die fremde Macht im Schilde führt. Das ruft auch Pater Tom (Henry Thomas) auf den Plan, der sich auf dem Höhepunkt von Doris' Besessenheit einschaltet.
Atmosphärisch überzeugt „Ouija: Ursprung des Bösen“ von Beginn an. Zur Eröffnung prankt das Universal-Logo im Stil der 60er Jahre auf der Leinwand, und auch der verschnörkelte Titelschriftzug ruft Erinnerungen an klassische Gruselfilme wach. Die folgende geduldige Vorstellung der Figuren und der angenehm langsame Erzählfluss verstärken den nostalgischen Grundton. Mit einer stimmigen Ausstattung, schönen Kostümen und liebevoll ausgewählter 60er-Jahre-Musik gibt Mike Flanagan seinem Okkultismus-Schocker überdies ein schönes Zeitkolorit. Sogar die Klebestellen auf alten Filmstreifen imitiert Flanagan und außerdem setzt er wiederholt langsame Zooms ein, die im heutigen Kino fast ausgestorben scheinen. Mit klassischen Schockeffekten, in denen die Figuren etwa aus Albträumen aufschrecken, und vielen Aufnahmen im Dunkel und Halbdunkel spielt der Regisseur ansonsten routiniert auf der Horror-Klaviatur.
Anders als im überhastet erzählten Vorgänger wird auch das Mysterium im Prequel ohne Hektik etabliert. Allerdings erweist sich genau dieses bedächtige Erzählen erweist in der zweiten Filmhälfte als Krux, denn Mike Flanagan verpasst den richtigen Zeitpunkt, das Tempo zu erhöhen. So setzt er den Spuk zeitweise auf Sparflamme und die Handlung dreht sich im Kreis, bis auf der Zielgeraden die Eskalation der Lage folgt und das besessene Mädchen Doris das für einen Horrorfilm nötige Unbehagen verbreitet - wie Carrie White aus „Carrie“ bewegt sie per Telekinese Gegenstände und wie die kleine Regan aus „Der Exorzist“ spricht sie mit verstellter Stimme. Nach der Auflösung des Rätsels gibt es reichlich spannenden Terror zum Mitfiebern und keine der vorher sorgsam eingeführten und durch die Bank glaubhaft gespielten Figuren ist mehr sicher. So legt Mike Flanagan einen sehr soliden Dämonenhorrorfilm alter Schule vor, der Fans des Genres kaum enttäuschen dürfte.
Fazit: „Ouija: Ursprung des Bösen“ hängt zwar im Mittelteil etwas durch, funktioniert aber insgesamt viel besser als der schale Vorgänger und punktet mit einer stimmigen Atmosphäre.