Augusto Contentos Dokumentarfilm „Parallax Sounds Chicago“ ist zugleich Musikfilm und Porträt einer Metropole. Mit viel Gespür für sprechende Bilder erzählt der Regisseur von der Musikszene Chicagos in den Neunziger Jahren und nicht zuletzt von der Stadt, die diese Musik prägte. Dabei entsteht jedoch ein klareres Bild von Chicago selbst als von der Musikszene, die etwas diffus bleibt. Das macht „Parallax Sounds Chicago“ zu einem jener Dokumentarfilme, die dem Zuschauer viel Zeit lassen, sich in Situationen, Bilder und Sounds einzufinden, es aber unterlassen, ihr Thema in auch für Laien interessante Struktur zu bringen. Doch dank der stimmigen filmischen Umsetzung ist das vielschichtige Musik-Stadt-Porträt dennoch sehenswert.
Die Neunziger Jahre waren in der vibrierenden Chicagoer Underground-Musik-Szene vom so genannten Postrock geprägt, der auch im Mittelpunkt von Contentos Dokumentation steht. So kommen statt musikalischer Berühmtheiten der Stadt – etwa Louis Armstrong oder Kanye West –eher unbekannte Avantgarde-Poeten wie Steve Albini, David Grubbs und Ken Vantermark zu Wort. Ohne Gelder von Außen prägten sie und andere eine experimentierfreudige Indie-Szene, die auf ihre eigene Weise den Fingerabdruck der Stadt trägt. In Interviews, die sinnigerweise mitten im Stadtraum stattfinden, erklären die Künstler ihr Schaffen in den Neunzigern und ihre Sicht auf ihre Musik. Parallel zu den Gesprächen durchstreift die Kamera die Metropole und bringt die Musikeinlagen – meistens Jazz, Blues oder Postrock – in einen direkten Bezug zu Chicago.
Ein Jahr filmte Contento in Chicago, um Impressionen der Stadt einzufangen. In der fertigen Dokumentation lässt er diese Aufnahmen oft für sich alleine stehen, inklusive des Originaltons: Geräusche vom Verkehr, dem Leben auf den Straßen, einer U-Bahn-Ansage vermitteln auf subtile Weise ein Gefühl für die Metropole. Während der Interviews an öffentlichen Plätzen werden Aufnahmen des täglichen Lebens parallel montiert. Auf diese Weise greift die im Titel angekündigte Parallaxe: Durch die wechselseitige Durchdringung der Interviews, Stadtansichten und Musikeinlagen verändert sich die Perspektive auf die Einzelteile. Auch die Chicagoer Musiker der Neunziger wollten Grenzen einreißen und die Kategorien sprengen, um eine neue Perspektive auf Musik einzunehmen. „Parallax Sounds Chicago“ gelingt das auf eine unaufdringliche Art und Weise – wer aber Zahlen, Daten und Fakten zur Musikszene Chicagos möchte, sollte eher auf andere Quellen zurückgreifen.
Fazit: Augusto Contentos „Parallax Sounds Chicago“ ist ein in sich stimmiger Dokumentarfilm über die Chicagoer Musikszene und Chicago selbst.