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    Entourage
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Entourage
    Von Andreas Staben

    Viele Serienfans und Kritiker sind der Meinung, dass das US-Fernsehen dem Hollywood-Kino qualitativ längst den Rang abgelaufen hat. Auch wenn über diesen Befund trefflich gestritten werden kann, vielschichtige Erzählwelten und Porträts wie sie in gefeierten Serien wie „The Wire“, „Breaking Bad“ oder „Mad Men“ über Dutzende oder gar Hunderte von Stunden hinweg entfaltet werden, lassen sich tatsächlich kaum in ähnlicher Weise in 120 Kinominuten fassen. Und auch die Vertrautheit mit Figuren, die einem wie die „Friends“ über Jahre ans Herz wachsen, ist durchaus etwas Fernsehspezifisches. Wenn sich solche Figuren und ihre Darsteller dann selbst in einem Kinofilm wiederfinden, hat das oft etwas von einem Klassentreffen – auf und vor der Leinwand. Unabhängig von ihren sonstigen Qualitäten waren etwa die Filme zu „Akte X“ und zu „Sex And The City“ für die Kenner der Serie wesentlich reizvoller als für Neulinge und genauso ist es nun auch bei Doug Ellins Hollywood-Komödie „Entourage“. Wer die Serien-Erlebnisse von Vince, Turtle, Drama und Co. über acht Staffeln und 96 Episoden verfolgt hat, wird sich über das mit ein bisschen Extra-Glamour angereicherte Wiedersehen mit der Clique freuen. Davon unabhängig ist „Entourage“ eine etwas derbe und recht leichtgewichtige, aber dennoch oft amüsante Showbusiness-Sause.

    Hollywood-Star Vincent Chase (Adrian Grenier) ist auf der Höhe seines Ruhms, hat gerade eine Neun-Tage-Ehe hinter sich und lässt es sich gutgehen. Als sein Ex-Agent Ari Gold (Jeremy Piven), der inzwischen ein großes Filmstudio leitet und seinen ersten Blockbuster vorbereitet, ihm die Hauptrolle anbietet, sagt Vincent unter einer Bedingung zu: Er möchte auch Regie bei der modernen „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“-Adaption führen. Ari geht das Risiko ein und vertraut dem Debütanten die Inszenierung der 100-Millionen-Dollar-Produktion an. Vincent sorgt dafür, dass auch seine Entourage bestens versorgt ist: Er gibt seinem erfolglosen älteren Halbbruder Johnny „Drama“ (Kevin Dillon) eine wichtige Nebenrolle, seinen besten Kumpel und Manager Eric (Kevin Connolly) macht er zum Produzenten des Films und Turtle (Jerry Ferrara), der inzwischen mit einem Tequila-Handel selbst gutes Geld verdient, ist sowieso immer dabei. Doch als Vincent das Budget überzieht, macht der texanische Geldgeber Larsen McCredle (Billy Bob Thornton) Schwierigkeiten und schickt seinen planlosen Sohn Travis (Haley Joel Osment) nach Hollywood…

    Serienschöpfer Doug Ellin hat auch beim „Entourage“-Film die Zügel als Regisseur und Autor in der Hand und er sorgt für eine beeindruckende Kontinuität. Die Handlung ist wenige Monate nach dem Ende der 2011 ausgestrahlten achten Staffel angesiedelt und alles ist so, als hätte es nie eine längere Pause gegeben. Gleichzeitig werden die den Fans lange vertrauten Figuren über einen Fernsehauftritt bei Piers Morgan clever auch den Uneingeweihten vorgestellt. Die werden sich womöglich trotzdem etwas wundern über die diversen Sex-Eskapaden: Eric schläft an einem Tag mit zwei verschiedenen Frauen und fragt sich, warum ihm seine schwangere Ex keine Chance mehr gibt. Drama wird von einem eifersüchtigen Ehemann erwischt und sorgt mit einem Masturbationsvideo für unfreiwilliges Aufsehen, Vince bandelt nach seiner gescheiterten Express-Ehe mit dem Model Emily Ratajkowski (als sie selbst) an und bekommt deshalb Ärger mit Armie Hammer (als eine schräge Version seiner selbst) sowie dummerweise auch mit dem Sohn seines Geldgebers. Dazu gibt es ziemlich viel nackte (vorwiegend weibliche) Haut, heiße Partys, coole Autos und gepflegtes Rumhängen – die Welt von „Entourage“ ist ein Paradies für unreife Jungs, die es alle verdient hätten, mal ordentlich in die Mangel genommen zu werden, so wie es MMA-Star Ronda Rousey („Fast & Furious 7“) mit ihrem Verehrer Turtle macht.

    Während die Kumpelgeschichten wohl nur bei hartnäckigen Anhängern der Serie verfangen, ist der Blick hinter die Hollywood-Kulissen auch für sich genommen recht spaßig. Vincent Chases reales Vorbild Mark Wahlberg schaut auf eine Stippvisite vorbei, aber selbstverständlich stiehlt einmal mehr Emmy- und Golden-Globe-Preisträger Jeremy Piven als Ari Gold allen die Schau. Der cholerische und sarkastische Ex-Agent hat in seiner neuen Rolle als Studiochef immer noch eine große Klappe und das Katz-und-Maus-Spiel mit Geldgebern und grauen Eminenzen wird von ihm mit gewohnter Inbrunst betrieben. Wie Piven taktiert und abwiegelt, manipuliert und explodiert ist ein echtes Vergnügen – und wenn eine Armada von Stars angeführt von Liam Neeson („Schindlers Liste“) und Jessica Alba („Sin City“) ihm in Gastauftritten ein mehr oder weniger elaboriertes „Fuck you, Ari!“ entgegenschleudert, dann ist das auch so etwas wie eine Ehrerbietung nach Hollywood-Art. Mit Billy Bob Thornton („Armageddon“) und Ex-Kinderstar Haley Joel Osment („The Sixth Sense“) als stinkreiches Vater-Sohn-Duo bekommt es Ari zudem mit schillernden neuen Gegenspielern zu tun. Vor allem Osment zeigt als zotteliger arrogant-verpeilter Wichtigtuer, dass auch ein erwachsener Charakterdarsteller in ihm steckt. Der Film endet dann passenderweise bei der Golden-Globe-Verleihung: Hier treffen sich nicht nur Fernseh- und Kinostars, es wird auch die Showgeschäft-Hybris in Reinkultur zelebriert – und hinterher eine wilde Party gefeiert.

    Fazit: Die Jungs aus „Entourage“ kommen ins Kino: Derber Kumpel-Humor trifft auf spaßiges Hollywood-Geplänkel mit prominenten Gästen.

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