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    11.25 The Day Mishima chose his own fate
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    11.25 The Day Mishima chose his own fate
    Von Robert Cherkowski

    Der japanische Schriftsteller Yukio Mishima führte ein Leben, wie man es sich nicht schriller hätte ausdenken können. Mit homoerotisch aufgeladenen Novellen wie „Geständnisse einer Maske" war er berühmt geworden. Wenn er nicht die Gay-Bars von San Francisco unsicher machte oder Bodybuilding betrieb, schrieb der Familienvater Drehbücher für Yakuza-Dramen oder spielte selbst Hauptrollen in kleineren Produktionen. Politisch war der Paradiesvogel ultrarechts und setzte sich für traditionelle Werte, die Abnabelung vom Westen und die nukleare Aufrüstung Japans ein. Am 25. November 1970 besetzte er mit einigen Gefolgsleuten das Büro des Kommandanten der japanischen Streitkräfte, nahm diesen als Geisel und rief vom Balkon aus zum Putsch und zur Reinstallation des Kaisers auf. Als seine Forderungen auf taube Ohren stießen, vollzog er den traditionellen Selbstmord Seppuku. Bereits 1985 drehte „Taxi Driver"-Autor Paul Schrader mit Hilfe von Francis Ford Coppola und George Lucas das so malerisch-erhabene wie kantige Filmdenkmal „Mishima - Ein Leben in vier Kapiteln", wobei er die politischen Irrwege nicht verschwieg, sich jedoch auf die sehr einflussreiche Künstlerlaufbahn und die Philosophie des Autoren konzentrierte. Mit seiner Film-Biografie „11/25: The Day Mishima Chose His Own Fate" widmet sich nun Koji Wakamatsu („Caterpillar") – das alteingestandene linke Schlachtross der japanischen Nouvelle Vague – dem spektakulären Abgang des Enfant Terribles. Eine klare Haltung zum Gegenstand bleibt er seinem Publikum allerdings schuldig.

    Vom Selbstmord eines rechtsgesinnten Studenten fasziniert, stürzt sich der erfolgreiche Schriftsteller Yukio Mischima (Arata Iura) Anfang der 60er Jahre in sein politisches Engagement für die politisch rechts-konservative Schild-Bewegung, die das moderne Japan ablehnt und sich für eine Wiedereinsetzung des Kaisers stark macht. Schnell begeistert sich der verzärtelte Autor für militärischen Drill und heilige Männerbünde und wird zu einer charismatischen Führerfigur innerhalb der Bewegung, die bald einige fanatisch ergebene Jünger, darunter den Studenten Morita (Hideo Nakaizumi), um sich versammeln kann. Da Mishimas Pläne jedoch selbst der rechten Gruppierung bald zu bunt werden, kapselt er sich von den Schild-Mitgliedern ab und gründet seine eigene kleine Privatarmee, mit der er einen schier wahnsinnigen Putsch-Plan ausarbeitet und in einem desaströsen Coup in die Tat umsetzt...

    Wer keine Vorbildung über die politischen Grabenkämpfe des Nachkriegsjapans und zur Figur Mishima mitbringt, für den wird „11/25: The Day Mishima Chose His Own Fate" ein Buch mit sieben Siegeln bleiben. Viele Aspekte, die in Schraders Film noch zentral waren – etwa Mishimas künstlerische Identität oder seine sexuellen Präferenzen –, bleiben hier außen vor. Stattdessen konzentriert sich Wakamatsu auf die politische Radikalisierung Mishimas, seine eitle und beizeiten wirre Selbstdarstellung, seine Faszination für militaristische Posen und seine Wirkung auf die kleine, doch zu allem bereite Anhängerschaft. Bei all dem bleibt Mishimas anachronistische Utopie jedoch vage und es überrascht, dass der politisch sehr weit links anzusiedelnde Wakamatsu seinen rechtsextremen Protagonisten nie denunziert, sondern als verrückten Romantiker mit Samurai-Fimmel und Fan enger Männerbündelei darstellt, den es eher zu bemitleiden als zu hassen gilt.

    In seiner dandyhaften Ruhe wirkt dieser Mishima wie ein rechter Don Quichote, der glaubt, der Welt seine Überzeugung nur darlegen zu müssen, damit diese sich seinem Kampf anschließt. Wenn er scheitert, dann geradezu jämmerlich – so wirkt es auch etwas befremdlich, dass ihm Wakamatsu in diesen Momenten so viel tragische Größe zugesteht. Als es schließlich soweit ist und Mishima mit vier Anhängern ein Fanal setzt, wirkt sein Bestreben eher traurig als gefährlich. Doch es ist gerade diese anachronistisch scheinende Naivität, die ihn für seine Anhänger und insbesondere für Morita zu einer Erlöserfigur werden lässt. Leicht hätte sich hier nach den Freud‘schen Untiefen des homosexuellen Möchtegern-Samurai forschen lassen, doch lässt Wakamatsu die „Beziehung" der beiden Männer stets auf einer platonischen Ebene wirken. Es ist kaum zu ertragen, wie sich hier ein Mentor aus Überzeugung und ein Zögling aus Verblendung ins Unglück reiten – davon abwenden kann man seinen Blick nicht.

    Den Weg dorthin inszeniert Wakamatsu, der den Film für ein verschwindend geringes Budget mit einer Digitalkamera drehte, als lange Serie hochkonzentriert arrangierter Tableaus – die sehen zwar schick aus, viel passiert darin aber wiederum auch nicht. So kommt es in seinem zweistündigen Film zu einigen Längen und schließlich scheint Wakamatsu selbst nicht mehr zu wissen, was er von seinem traurigen Fanatiker halten soll. Den Selbstmord filmt er zwar minutiös und nüchtern, unterlegt ihn jedoch mit einem so sentimentalen Klavier-Kitsch, dass die Szene fast ins Melodramatische kippt. An Details wie diesen zeigt sich die konzeptionelle Unsicherheit des linken Japaners in der Porträtierung seines rechten Landsmanns – und damit auch, dass er es in Sachen Mishima nicht mit Paul Schrader aufnehmen kann.

    Fazit: Wirklich rund ist Koji Wakamatsus biografisches Drama „11/25: The Day Mishima Chose His Own Fate" nicht. Sehenswert ist der Film dennoch, und sei es nur aufgrund seiner schieren inhaltlichen Sprengkraft – denn kalt lassen dürfte der brutale Mummenschanz Mishimas kaum jemanden.

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