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    The Bling Ring
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The Bling Ring
    Von Carsten Baumgardt

    Es ist immer wieder faszinierend, wenn ein Insider Außenstehenden einen Einblick in Welten eröffnet, die Nicht-Eingeweihten gewöhnlich verschlossen bleiben. Das gilt insbesondere auch für die Traumfabrik Hollywood. Sofia Coppola, die von ihrem berühmten Vater Francis schon als Baby in „Der Pate“ eingesetzt wurde, ist hinter den Kulissen des schönen Scheins aufgewachsen und hat in „Lost In Translation“ und in „Somewhere“ mit sensiblem Kennerblick vom Alltag der Star-Schauspieler erzählt. Die reizvolle Binnenperspektive behält die Regisseurin und Autorin auch bei ihrer stylishen Showbiz-Satire „The Bling Ring“ bei, die bei den Filmfestspielen in Cannes 2013 die renommierte Nebenreihe Un Certain Regard eröffnete. Das gewohnt stilsicher inszenierte Diebes-Drama der etwas anderen Art besticht mit dem klaren Blick auf eine ebenso faszinierende wie absurde Welt und bekommt gegen Ende einige satirische Schlagkraft.

    Rebecca (Katie Chang), Mark (Israel Broussard), Nicki (Emma Watson), Chloe (Claire Julien) und Sam (Taissa Farmiga) träumen davon, in die Welt der Promis aufzusteigen, eigene Shows zu bekommen, in Werbespots zu spielen oder beim Film zu landen. Um von Glanz und Glamour der Berühmtheiten etwas abzubekommen, bricht die jugendliche Clique angeführt von Rebecca nachts in den Hollywood Hills in Luxusvillen von Prominenten wie Paris Hilton, Orlando Bloom, Rachel Bilson oder Megan Fox ein und klaut Designerkleidung, Schmuck und Bargeld. Die Teenager lassen alles mitgehen, was ihnen selbst gefällt oder verkaufbar ist, dabei wird es ihnen leicht gemacht, denn die Häuser der Opfer sind immer unverschlossen. Mit der Zeit wird die Luxus-Räuberbande unvorsichtiger und protzt auf Partys mit ihren Coups und als Rebecca und Co. das Haus von Reality-TV-Star Audrina Patridge ausräumen, werden sie von Überwachungskameras gefilmt. Doch die Aufnahmen reichen nicht aus, sie zu überführen… vorerst! Aber die Medien nehmen das Thema auf und nennen die Bande mit Bezug auf ihr Designer-Diebesgut „The Bling Ring“…

    „The Bling Ring“ basiert zu großen Teilen auf dem Vanity-Fair-Artikel „The Suspects Wore Louboutins“, in dem die wahre Geschichte von promibesessenen Highschool-Kids erzählt wird, die Luxuswaren im Wert von drei Millionen Dollar erbeuteten, bis sie 2009 zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Die jungen Leute besorgten sich im Internet die Infos darüber, welcher Star gerade nicht in der Stadt war und fanden so ihre Ziele. Sofia Coppola nimmt diesen Fall als Blaupause für ihren Film und nutzt ihn, um ein treffendes Porträt der modernen Celebrity-Kultur zu zeichnen – nicht zufällig ist das Promi-Portal TMZ.com die wertvollste Informationsquelle für die Bande und natürlich ist Facebook das offizielle Medium, auf dem alles kommentiert wird. Coppola macht die Faszination von Luxus und Berühmtheit spürbar und zuweilen berauscht sie sich förmlich daran (das erinnert dann an die kulinarischen und modischen Exzesse im Versailles ihres Pop-Art-Historienfilms „Marie-Antoinette“), zugleich entlarvt sie aber auch immer wieder die Absurditäten und die Oberflächlichkeit der Promi-Verherrlichung und des Selbstdarstellungswahns. Coppolas Nähe zu dieser Welt zahlt sich dabei gewissermaßen doppelt aus und es gelingt ihr so etwas wie eine verständnisvolle und vor allem glamouröse Satire.

    Die Raubzüge der „Bling Ring“-Truppe sind nur der Aufhänger für den Blick in das Biotop der Reichen und Berühmten (und erscheinen maximal als Kavaliersdelikt), Klatschspaltendauergäste wie Paris Hilton, Megan Fox und Lindsay Lohan macht Coppola zur Zielscheibe sanften Spotts und auch Reality-TV-Promis wie Kim Kardashian und Audrina Patridge bleiben nicht unverschont, dafür braucht es allerdings auch nicht viel mehr als einen fast schon dokumentarischen Blick auf die Nichtigkeit des Promizirkus. Sofia Coppola verzichtet auf bösartige Überspitzungen, vielmehr zeigt sie einfühlsam die Leere und die Monotonie dieser Welt auf. Das führt im Mittelteil zu kleinen, aber aussagekräftigen Längen, die dramaturgischen Durchhänger kompensiert die Regisseurin mit gekonnten Wechseln zwischen verschiedenen Zeitebenen und mit gewohnt atmosphärischem Musikeinsatz. In den verführerisch imposanten Partyszenen, die Coppola gelegentlich bis zum Feierrausch steigert, kommen die jugendlichen Möchtegern-Promis ihrem Traumleben ganz nahe und sie sind in dieser Sehnsucht keineswegs unsympathisch. Sie sind geradezu süchtig nach dem Glamour, den sie sich erschleichen können, das vermitteln vor allem die Newcomer Israel Broussard und Katie Chang überzeugend, aber auch „Harry Potter“-Star Emma Watson schlägt sich mehr als ordentlich. Durch die guten Schauspieler bekommt der tiefe Fall, der am Ende unweigerlich kommt, dann auch einen entsprechenden emotionalen Nachhall.        

    Fazit: Sofia Coppola gibt mit ihrer Society-Satire „The Bling Ring“ einen faszinierenden, ironisch angehauchten Einblick in die Welt der Reichen und Berühmten Hollywoods, der mit handwerklicher Finesse sowie mit schicken und toll montierten Bildern überzeugt.  

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