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    Love Stories - Erste Lieben, zweite Chancen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Love Stories - Erste Lieben, zweite Chancen
    Von Björn Becher

    Wenn ein Debütregisseur eine so beeindruckende Besetzung für seinen Erstlingsfilm gewinnt wie der Amerikaner Josh Boone, dann ist er entweder hervorragend vernetzt oder er hat ein für Schauspieler besonders reizvolles Projekt zu bieten (oder beides). So oder so: Boones Drehbuch zu seiner  Schriftsteller-Tragikomödie „Love Stories - Erste Lieben, zweite Chancen“ ist gespickt mit faszinierenden Figuren und von denen fühlten sich nicht nur vielversprechende Nachwuchsstars wie Lily Collins („Spieglein, Spieglein“), Logan Lerman („Vielleicht lieber morgen“) und Liana Liberato („Sons of Anarchy“) angesprochen, sondern auch renommierte Charakterdarsteller wie Greg Kinnear („Little Miss Sunshine“) und Oscar-Preisträgerin Jennifer Connelly („A Beautiful Mind“). Diese gute Mischung aus Erfahrenen und Newcomern gehört neben der gefälligen Story und dem eingängigen Indie-Rock-Soundtrack dann auch zu den Stärken des fertigen Films, allerdings hat Boone am Ende sichtlich Probleme, die verschiedenen Handlungsstränge zusammenzuführen und zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Da auch der Humor nicht immer zündet, reicht es nicht für den ganz großen Wurf wie er etwa Zach Braff mit seinem in der Machart durchaus vergleichbaren Überraschungserfolg „Garden State“ gelang - ein sympathischer und sehenswerter Film ist „Love Stories“ trotzdem.

    An Thanksgiving deckt der Schriftsteller William Borgens (Greg Kinnear) wie immer den Tisch für vier Personen. Doch nur Tochter Sam (Lily Collins) und Sohn Rusty (Nat Wolff) nehmen neben ihm Platz, seine Frau Erica (Jennifer Connelly) hat ihn schon vor einiger Zeit für einen jungen Liebhaber verlassen. William ist seitdem verändert und gekränkt, leidet unter einer Schreibblockade, hat gelegentlich Sex mit der Nachbarin Tricia (Kristen Bell) und schleicht immer wieder eifersüchtig um das neue Haus seiner Ex. Die ungezwungene Sam ist unterdessen im Gegensatz zu ihrem krisengeplagten Vater obenauf: Die attraktive und ungezwungene Literaturstudentin schleppt reihenweise Bar- und Partybekanntschaften ab und hat sich mit ihrem ersten Roman, der gerade veröffentlicht wird, als neue Schriftsteller-Hoffnung der Familie etabliert. Ihr Bruder Rusty träumt ebenfalls davon, Literat zu werden und eifert seinem Lieblingsautor Stephen King mit ersten Kurzgeschichten nach. Als der stille Stubenhocker Williams Rat beherzigt, endlich mal etwas zu erleben, wird plötzlich auch Rustys bislang für ihn unerreichbare Mitschülerin Kate (Liana Liberato) auf ihn aufmerksam. Und auch Sam lernt jemanden wirklich kennen: Ihr Kommilitone Lou (Logan Lerman) will nicht mit ihr schlafen, sondern sich erst mit ihr unterhalten. Und obwohl sie ihn abzuwimmeln versucht, bleibt er hartnäckig.

    Der Debütfilm von Jungregisseur Josh Boone sollte zuerst „Writers“ heißen - ein naheliegender Titel, schließlich dreht sich hier alles um Schriftsteller, ihre Inspiration und ihre Kunst, ihre Arbeitsweisen und Schaffenskrisen, ihre Erfolge und Misserfolge. Dies macht schon der Auftakt deutlich, wenn die  Gedanken von William, Sam und Rusty als Schrift auf der Leinwand zu sehen sind – beim Oberhaupt der kleinen Autoren-Dynastie sind sie auf einer altmodischen Schreibmaschine getippt und beim Sohn handgeschrieben, während die Tochter den PC nutzt. Mit dieser Gegenüberstellung bekommen nicht nur die einzelnen Figuren sozusagen im Vorübergehen erste individuelle Konturen, zugleich ist schon diese Montage auch so etwas wie eine Liebeserklärung an die Autoren und die Vielfalt ihres  Berufs. Dieses Motiv prägt den ganzen Film nachhaltig, die Fokussierung auf die Schriftsteller und ihr Schaffen geht schließlich so weit, dass der (natürlich ebenfalls schreibende) Lou fast zur vierten Hauptperson aufsteigt, während die malende Mutter Erica zunehmend an den Rand der Erzählung gedrückt wird und zunächst auch noch negativ als Ehebrecherin porträtiert wird. Später erscheint ihr Seitensprung dann doch noch in etwas anderem Licht, aber trotzdem gehört Boones Sympathie ganz unverkennbar in erster Linie den Autoren.

    Ironischerweise tut sich Josh Boone selbst in den letzten Kapiteln seines Drehbuchs nicht gerade in der bewunderten Disziplin des Schreibens hervor – auf dem Weg zum gewünschten Ende wirft es ihn einige Male aus der erzählerischen Kurve und so manche wesentliche Wendung zaubert er dann einfach wie das Kaninchen aus dem Hut – dabei kommt es dann übrigens auch zu einem kurzen akustischen Gastauftritt eines berühmten Erfolgsautors, dessen Stimme am Telefon zu hören ist. Dass der Film auf der holprig erzählten Zielgeraden nicht vollends aus der Spur gerät, liegt indes vor allem am Autoren-Quartett William, Rusty, Sam und Lou. Greg Kinnears im Selbstmitleid versinkender Alt-Schriftsteller steht dabei im Zentrum und Boone kehrt immer wieder zu ihm zurück, für die Dynamik sorgen allerdings seine Sprösslinge und ihre Erlebnisse: Wundervoll fängt der Regisseur etwa die junge Liebe zwischen Rusty, dem unerfahrenen Autor in spe, und der von ihm angehimmelten Kate ein. Liana Liberato verkörpert die gegensätzlichen Seiten des mal zerbrechlichen und mal dominanten Teenagers gleichermaßen überzeugend: Mit ihrer Erfahrung überfällt sie den unschuldigen Rusty beim ersten Sex förmlich, in einem Moment ist sie die begehrenswerte Schönheit und dann wieder das blass-fragile Mädchen, das Beschützerinstinkte weckt.

    Reality-TV-Star und Sänger Nat Wolff („Happy New Year“) verleiht dem schüchternen Rusty, der nur ganz langsam aus sich heraus kommt, genau die richtige charmante Unscheinbarkeit, während seine Film-Schwester genau die entgegengesetzte Entwicklung durchläuft: Sam ist verführerisch und flamboyant, aber vor allem ungemein zynisch. Zunächst ist es allein Lily Collins‘ beachtlichem Charisma zu verdanken, dass die Figur überhaupt noch eine sympathische Seite besitzt, aber nach der Begegnung mit ihrem hartnäckigen Verehrer Lou taut die Eisprinzessin allmählich auf, zeigt Wärme und gesteht sich auch Schwächen zu. „Percy Jackson“-Star Logan Lerman wiederum variiert hier im Wesentlichen seine Rolle aus „Vielleicht lieber morgen“ und überzeugt auch hier als Nachwuchsschriftsteller, der für eine toughe junge Frau schwärmt. Der Jung-Schauspieler zieht sich selbst in den Szenen beachtlich aus der Affäre, in denen sein Regisseur und Autor zu dick aufträgt und Lou als blütenreine Verkörperung des netten Jungen und idealen Schwiegersohns zeichnet: Da muss in einer überflüssigen Nebenepisode noch gezeigt werden, wie der verliebte Junge aufopferungsvoll seine todkranke Mutter pflegt.

    „Love Stories“ ist dann am schönsten, wenn Josh Boone leise Töne anschlägt. Ob es die zarten Annäherungen zwischen Rusty und Kate sind, oder Lous Versuche das Herz von Sam zu erweichen. Wundervoll romantisch ist zum Beispiel der Moment, als Lou der Angebeteten sein Lieblingslied vorspielt. Die komischen Szenen funktionieren dagegen deutlich seltener: Sind Williams unbeholfene Versuche, das neue Leben seiner Frau auszuspionieren noch für den ein oder anderen Schmunzler gut, ist die überdrehte Nebenfigur von „Veronica Mars“-Star Kristen Bell ein einziges Ärgernis. Williams Nachbarin und Gelegenheits-Gespielin Tricia scheint direkt der überdreht-intriganten Vorstadt-Welt der „Desperate Housewives“ entsprungen zu sein: Für sie gehört der kurze, mechanische Sex mit dem gefrusteten Autor von nebenan schlicht zum morgendlichen Sportprogramm. Diese Zuspitzung passt vom Tonfall her nicht zum restlichen Film und dass William seit der Trennung von seiner Frau völlig apathisch ist, wird an anderer Stelle ohnehin mehrfach thematisiert. Da braucht es keine schrille Schreckschraube mehr, die kurz vorbei schaut, den willenlosen Schriftsteller bespringt und ihn schließlich sogar zu Online-Dates zwingt und ihm die Garderobe dafür aussucht.

    Fazit: Josh Boones mit hübschem Indie-Rock von Bands wie Bright Eyes unterlegtes Debüt „Love Stories - Erste Lieben, zweite Chancen“ ist in seinen besten Phasen ein herzerwärmendes Drama für Fans von „Garden State“ oder „Vielleicht lieber morgen“. Die Humor-Einlagen sind allerdings wenig gelungen und gegen Ende häufen sich die Drehbuchschwächen. So bleibt „Stuck In Love“ insgesamt hinter den genannten Vergleichsfilmen zurück, weckt mit seinen vielen Literaturanspielungen aber immerhin die Lust auf ein gutes Buch!

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