Spannender Auftakt zum Finale, der einen anderen Ton anschlägt!
Spätestens nach dem bombastischen „Catching Fire“ war klar, dass das „Hunger Games“-Franchise durch die Decke geht. Nicht nur finanziell waren die ersten beiden Filme ein Knüller, auch viele Kritiker mochten die filmische Umsetzung. Regisseur Francis Lawrence hatte der Reihe den richtigen Anstoß gegeben und durfte nach „Catching Fire“ nun auch das Finale drehen. Das dritte Buch von Suzanne Collins wurde 2014 verfilmt, aber… irgendwie ist der Film „Mockingjay“ alles andere als ein richtiger Abschluss. Warum? Nun, weil... Hollywood! Seit der letzte „Harry Potter“-Band in zwei filmische Teile gesplittet wurde, ist dies nun der Standard für alle Jugendroman-Verfilmungen. So wurde „Mockingjay“ ebenfalls in zwei Filme geteilt. Nun gut, die Hauptsache ist, dass das Endergebnis stimmt und „Mockingjay I“ ist in meinen Augen sehr unterhaltsam. Dabei waren die Kritiken sehr durchmischt für den Film. Das Hauptargument war meistens: „Der Film hat zu viele Längen und zu wenig Action!“ Grundsätzlich ist diese Kritik nachvollziehbar, denn im Finale einer solchen Geschichte möchte man das große Actionfeuerwerk sehen. Aber für mich ging es in den Filmen nie so wirklich um die Action. Klar, in „Catching Fire“ wurden die Kampfszenen recht gut umgesetzt, aber die Würze der Filme lag für mich immer in der Idee. Auch wenn diese einige Logiklücken aufweist, so war doch die Welt von Panem und dem Kapitol mit ihren verkehren Ritualen und Ansichten das, was diese Story so spannend macht. Welche manipulativen Tricks nutzt welche Seite zu welchem Zeitpunkt. Gerade in diesem Film wird mit dem Thema der Propaganda gespielt (könnte also leider durch den Krieg in der Ukraine kaum aktueller sein). Doch schauen wir uns den Film Stück für Stück an.
Katniss wird in die Revolution eingeführt und hat sich nun nach den Vorfällen in der Arena zum Gesicht der Rebellen gemacht. Doch Peeta ist im Kapitol gefangen und wird von dem sadistischen Präsident Snow gezwungen zum Waffenstillstand auszurufen. Währenddessen werden aber alle Distrikte strengstens überwacht und nach 13, musste nun auch Distrikt 12 dran glauben…
Es ist erstaunlich wie die Filme mit jedem Mal düsterer werden. Die Hunger-Spiele sind Geschichte, nun ist das Franchise zu einem waschechten Kriegsfilm geworden. Das dürfte einige sicherlich abschrecken oder abstoßen, denn viel positive Gefühle oder Hoffnung sind hier nicht zu finden. Gerade das macht für mich den Reiz des Films aus, denn es ist spannend die Helden am nahenden Abgrund zu sehen. Trotzdem gibt es praktisch nichts zu lachen. Katniss hangelt sich von einem traumatischen Erlebnis zum nächsten. Nicht nur, dass sie in Kriegsgebieten Videobotschaften für die restlichen Distrikte aufnehmen muss, Peeta wird während der ganzen Zeit im Kapitol festgehalten und vermutlich gefoltert. Zudem fühlt sich „Mockingjay I“ kaum wie ein eigenständiger Film an, da er mitten in die Handlung springt und am Ende sehr abrupt und ohne richtigen Höhepunkt endet. Das muss einem klar sein, denn allein für sich ist „Mockingjay I“ sicherlich etwas zu deprimierend. Am besten direkt mit dem zweiten Teil anschauen.
Trotzdem finde ich die Thematik rund um Kriegspropaganda und wie man sie nutzt sehr spannend. Immer wieder vergaß ich, dass ich einen Sci-Fi-Film schaue, der auf einem Jugendroman basiert. Selbst die typische Dreiecksbeziehung dieser Filme wird recht bodenständig und ohne viel Kitsch gezeigt. Und mir persönlich gefällt es auch, dass der Film sich Zeit nimmt, denn gerade „Catching Fire“ war mir in der zweiten Hälfte dann doch zu hektisch in seiner Erzählstruktur. Da hat das Filmaufsplitten dann doch etwas Gutes, außer den offensichtlichen, finanziellen Gründen.
Perfekt ist „Mockingjay I“ dennoch nicht. Ja, ein paar Längen sind da und ich persönlich hätte gern mehr von den anderen Distrikten gesehen. Es gibt zwar hier und da ein paar Revolutionen, die man mitbekommt (darunter die starke „Hanging Tree“-Szene!), aber 90% der Zeit bleiben wir nur bei Katniss in ihrem Bunker.
Kommen wir zu den Darstellern, die wieder allesamt gut sind. Nicht herausragend, aber sehr gut, wie ich finde. Leider hat der Film einen traurigen Beigeschmack, denn Anfang des Jahres (2014) verstarb leider Philip Seymour Hoffman, der Plutarch spielte. Ihn in diesen letzten beiden Filmen zu sehen (die ja erst einige Zeit nach seinem Tode in die Kinos kamen), ist immer wieder schmerzhaft, wie damals bei Heath Ledger in „The Dark Knight“.
Optisch ist der Film solide gemacht und orientiert sich an „Catching Fire“ (kein Wunder, denn der selbe Kameramann, Jo Willems, war auch für die Kamera im Vorgänger verantwortlich). Musikalisch gibt James Newton Howard wieder einen emotionalen Score zum Besten, der vor allem durch den Song „Hanging Tree“ für Gänsehautmomente sorgen kann!
Fazit: „Mockingjay I“ hat seine Ecken und Kanten, ist aber in meinen Augen mindestens auf gleicher Höhe wie seine beiden Vorgänger. Ich mag den Tonwechsel und die neue Richtung, die die Geschichte hier einschlägt. Es wird düster und für einen FSK-12-Film gibt es wirklich viel Krieg und andere dunkle Momente zu sehen. Wer nicht nach dem nächsten Actionmoment lechzt und bereit ist auch mal einen etwas ruhiger erzählten Film auf sich wirken zu lassen , der wird hier sicherlich einen unterhaltsamen und spannenden Auftakt zum Finale erleben.