Was genau ist The Imitation Game ?
Ein Drama, eine Biografie, ein Kriegsfilm ? Es ist nichts von dem und doch alles. Es erzählt die Geschichte des britischen Mathematikers Alan Turing, der durch seine Arbeit während es zweiten Weltkriegs die Enigma-Maschine entschlüsselt und so nicht nur zum Sieg der Alliierten beiträgt, sondern auch den Grundstein legt für das Computerzeitalter des 20. Jahrhunderts.
Jeder Informatikstudent heute kennt die Turing-Maschine und seine grundlegenden Eigenschaften. Die Arbeit, die Alan Turing in diesem Zeitraum geschaffen hat, kann gar nicht hoch genug eingestuft werden in der Geschichte der Informationstechnologie. Die Turing-Bombe, wie sie später genannt wurde, legte der Grundstein für alle Rechenabläufe, die heute in jedem Computer milliardenfach ablaufen.
Turing und ein Team aus anderen Codeknackern entwickelten und bauten die erste Turing-Maschine der Welt, die es ermöglichte, komplexe deterministische Rechenoperationen auszuführen. Turing selbst legte dazu die Grundlage durch seine theoretische Arbeit. Anfangs wird er dafür noch belächelt und als jemand bezeichnet, der nicht konstruktiv zur Lösung der Codeknacker beiträgt. Mit der Zeit sind auch seine Kollegen von den Erfolgschancen seiner Maschine überzeugt sind, und so schaffen sie es durch Zusammenarbeit und auch wenig Zufall die Logik der Enigma zu brechen und können sodann alle verschlüsselten Nachrichten der Nazis mitlesen. Dies leitete den Sieg der Alliierten ein.
Die Tatsache, dass Alan und Joan nun tatsächlich ihre Berechnungen so gestalten müssen, dass sie realistisch sind, dadurch aber bewusst Menschenleben kosten, um das große Ganze weiterhin gewinnen zu können, zeigt die Brutalität einer Krieges nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern eben auch in den Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Im Film wird hervorragend die hohe Diskrepanz im Alltag der britischen Kämpfer an den unterschiedlichen Fronten gezeigt. Sind Turing und seine Kollegen nicht dem Horror und dem täglichen Überlebenskampf einer Kriegsfront ausgesetzt, so haben doch auch sie einen klaren Gegner und zwar die Zeit. Symbolisch ist hierfür auch die Tatsache zu sehen, dass genau ein solchen unscheinbar wirkendes Gegnerpaar, wie Helen und ihr deutscher Gegenpart, das letzte Puzzleteil liefern, das Turing fehlt und die Enigma vollends zu verstehen.
Der gesamte Cast agiert hier durchgehend auf sehr hohem Niveau. Gerade die beiden Hauptakteure Benedict Cumberbatch und Keira Knightley haben eine hervorragende Chemie und spielen so „very british“, dass man nie daran zweifelt, wo und wann man sich befindet.
Benedict Cumberbatch ist hier die perfekte Besetzung für Alan Turing. Auch wenn Turing-Biografen den manchmal schrulligen Eigenschaften und der unsozialen Darstellung der Figur heute korrekterweise widersprechen, so spielt Cumberbatch hier sensationell. Im besten Stile der Weiterführung seiner Darstellung als Sherlock Holmes spielt er hier Alan Turing, der zwar oftmals durch seine Art aneckt, jedoch nie bösartig verletzend oder herablassend ist. Wenn er seine Idee und Vision verteidigt, so wirkt er meist zwischen emotional und unsozial, jedoch auch einfach wie eine Person, die die trockene Wahrheit sagt.
Von den Nebenfiguren muss ganz klar Charles Dance und Matthew Goode hervorgehoben werden, die für ihre Rollen perfekt gecastet wurden und die ihre Figuren sehr überzeugend und authentisch spielen.
Kostüm und Bild funktionieren hier sehr gut, es ist alles ein sehr glaubhaftes Setting und nie werden Bilder überladen oder unnötig inszeniert, sondern auch die Einfachheit der Gegebenheiten herausgehoben.
Die Kameraarbeit wirkt an manchen Stellen etwas hölzern und hätte mehr Mut auch zu ungewöhnlichen Bildern verlangt, ist aber im Grunde immer solide, sodass dies nicht sehr ins Gewicht fällt. Die Konsistenz innerhalb der einzelnen Erzählstränge ist schön anzusehen, hier werden gerade die verschiedenen Zeiten durch verschiedene Farbmotive klar voneinander getrennt.
Regisseur Morten Tyldum entschied sich die Geschichte Turings durch drei zeitliche verschiedene Erzählstränge zu erzählen:
Alans Jungendzeit, die von starker Ausgrenzung und Mobbing aufgrund seiner scheinbaren Andersartigkeit, geprägt ist, aber auch von der ersten jugendlichen Liebe zu einem anderen Jungen.
Turings Arbeit in Bletchley, geprägt von Missverständnissen, harter Arbeit und der Not moralische Entscheidungen zu treffen.
Ermittlungsarbeiten Jahre später, die Turing dazu zwingen, sein Lebenswerk zu beenden.
Die Entscheidung, Turings Homosexualität zum Thema seines Niedergangs zu machen, ohne eine einzige homoerotische Szene zu haben, sondern nur Andeutungen innerhalb des Erzählstrangs des jungen Turing, war hier genau richtig. Auch, wenn seine Verurteilung aufgrund seiner Neigungen dazu führte, dass Turing sich schließlich das Leben nahm, so war dies doch nur ein kleiner Teil seiner persönlichen Geschichte. Dies hier auch so abzubilden, spricht nicht nur für das eigentliche Vermächtnis von Turing, sondern auch für den Umgang mit seiner Geschichte.
Fazit: The Imitation Game ist ein hervorragender Film, der in sich wahnsinnig konsistent ist, ein sehr gelungenes Setting innerhalb eines eigentlich sehr unschönen Themas aufbaut und von seinem hervorragend agierenden Casts getragen wird, The Imitation Game ist zu keinem Zeitpunkt langweilig oder verliert an Reiz und kann trotz der ein oder anderen historischen Ungenauigkeit als Kriegsdrama mit biografischen Charakters punkten. Es ist ein Drama, das sich mit einer höchstethischen Frage beschäftigt, eine Biografie, die die Geschichte und deren Dramatik einer der größten Mathematikers der Welt erzählt und eine Kriegsfilm, dessen mörderischer Rahmen genau diese beiden Elemente auf eine harte Probe stellt.