In seiner Heimat Frankreich ist Schauspieler und Komiker Michaël Youn ein Superstar, in Deutschland dürfte ihn außerhalb eines besonders frankophilen Publikums nur kennen, wer ihn zufällig an der Seite von Jean Reno in der Komödie „Kochen ist Chefsache“ oder seinen Auftritt als Billy The Kid neben Oscarpreisträger Jean Dujardin in „Lucky Luke“ gesehen hat. Das soll sich nun ändern. Für seinen neuen Film, die Terroristen-Satire „Vive La France – Gesprengt wird später“, übernahm der Mime nicht nur eine der Hauptrollen, sondern auch die Regie und schrieb das Drehbuch – und liefert eine in jeglicher Hinsicht durchschnittliche Mainstream-Komödie ab. Die Mischung aus „Borat“ und „Four Lions“ erreicht nie das satirische Potential der offensichtlichen Vorbilder. Youn verstrickt sich in einer Abfolge lascher Klamaukeinlagen, bei der die anfangs noch politisch unkorrekten Gags aufdringlichem Patriotismus weichen.
Der Diktator des (fiktiven) Staats Taboulistan will, dass sein kleines Land endlich ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit tritt. Daher sollen die heimattreuen Ziegenhirten Muzafar (José Garcia / deutsche Stimme: Serdar Somuncu) und Feruz (Michaël Youn / Kaya Yanar) frei nach dem Vorbild von 9/11 ein Flugzeug entführen und in den Eiffelturm steuern: Weltweites Medieninteresse wäre dem unbekannten Taboulistan auf diese Weise sicher. Nach einer hektischen Terror-Ausbildung reisen die ungeschickten Hirten per Expressbus von Kabul nach Istanbul, von wo es mit dem Flugzeug Richtung Paris gehen soll. Doch ein Fluglotsenstreik durchkreuzt die Reisepläne der beiden Märtyrer in spe, die sich plötzlich auf Korsika inmitten einiger Separatisten wieder finden. Während ihrer Tour de France auf dem Weg in die Hauptstadt lernen Muzafar und Feruz die fidele Journalistin Marianne Bouvier (Isabelle Furnaro) kennen, die die Fremden in die Vielfalt französischer Lebensart einführt – und damit bei den Taboulistanern Zweifel an ihrer terroristischen „Marketing-Aktion“ weckt.
Wie ihre Seelenverwandten aus der ähnlich gestrickten schwarzen Komödie „Four Lions“ lösen die beschränkten Protagonisten aus „Vive La France“ Chaos aus, wo immer sie auftauchen. Allerdings legt Michaël Youn deutlich weniger Mut zur Kontroverse an den Tag und verlässt sich lieber auf jede Menge austauschbaren Klamauk und halbgare Running Gags. Die wirken zwar anfangs betont politisch inkorrekt, erweisen sich aber letztlich als meist viel zu handzahm. Während die Prämisse für eine Komödie noch vielversprechend klingt und die Darsteller ausreichend Charme versprühen, flaut das Vergnügen an den infantilen Geschlechterklischees und überdrehten Slapstickeinlagen mit zunehmender Spieldauer rapide ab. Nur im ersten Teil hat „Vive La France“ noch anarchistische Verve, die zum Beispiel die rotzigen Punker-Komödie „Der Tag wird kommen“ auszeichnetet. Mit zunehmender Spieldauer verflacht das Geschehen aber schnell zur müden Nummernrevue.
Regisseur, Hauptdarsteller und Autor Michaël Youn interessiert sich bald nicht mehr wirklich für den geplanten Terrorakt in Paris. Sobald die verpeilten Ziegenhirten die Französin Marianne kennen lernen, wandelt sich das Road-Movie zur besinnlichen und beliebigen Culture-Clash-Komödie, mit der er wohl in die Fußstapfen von Publikumshits wie „Willkommen bei den Sch'tis“ oder „Nichts zu verzollen“ treten will. Regelmäßig verweilt die Kamera auf malerischen, aber nichtssagenden Postkatenmotiven von französischen Landschaften und Stadtansichten. Und natürlich kommen die depperten Selbstmordattentäter auf ihrer Sightseeing-Tour von Korsika über Marseille bis Paris auch mit jedem erdenklichen Frankreich-Klischee in Berührung - bis die „amour fou“ mit der Grande Nation ihren patriotischen Höhepunkt schließlich in den Feierlichkeiten rund um den Nationalfeiertag findet.
Fazit: Michaël Youns „Vive La France – Gesprengt wird später“ ist eine harmlose Komödie über zwei unbedarfte Möchtegern-Terroristen, die einen Anschlag auf den Eiffelturm verüben wollen – und sich Hals über Kopf in Frankreich verlieben.