"You will know her name."
Wenn man ihren Namen denn nicht schon kennt, schließlich waren Stephen King's erstes, sehr mühsam zusammengearbeitetes(!) Werk und Brian dePalmas Durchbruchfilm wichtige Projekte ihrer jeweiligen "Schöpfer". Die Durchschlagkraft und der Mythos, denn "Carrie" also offensichtlich hervorruft, sind gute Anzeichen für ein erfolgsversprechendes Remake, dachte sich wohl auch Regisseurin Kimberly Peirce, die den Stoff also prompt neuverfilmt. Und dabei kam mir nach Kinoschluss tatsächlich erstmal nicht mehr in den Sinn als die Saalmeute im allgemeinen Tenor, und es ist etwas plump, das gebe ich zu, verkündete: "Er war nicht richtig schlei**, aber toll auch nicht!"
Das Trailerfiasko des Remakes, das dePalma's Version einfach mal in Kurzform dort nacherzählt hat, bestätigt sich im Laufe des Films zwar nicht, aber es zeigt doch deutlich, wohin die Richtung geht. Peirce bemüht sich nicht einmal, eine neue Variante des zeitlosen Klassikers aufzuziehen, vielmehr versucht sie sich an einer Highschool – freundlichen Herangehensweise mit aktuellen Themen wie, ja sie ahnen es, wie viele Kinozuschauer ebenso, Handyvideos, youtube und Cybermobbing. Zu dieser "American Pie 2013 goes Horror" – Version gesellen sich dann auch wahre Goldstücke der amerikanischen Schauspielnachwuchselite inklusive Dialogfetzen a la "Das ist nicht fair" und "Ich hab doch garnichts gemacht" – Dramaturgie. Während das Original dort genug Fingerspitzengefühl besaß, die Figuren logisch auf den unausweichlichen Showdown vorzubereiten, scheitert Peirce Fassung an unglaubwürdiger Charakterentwicklung. Wenn das wahrscheinlich attraktivste Schulmädel von Amerika sofort nach ihrer gehässigen Aktion Reue und Opferbereitschaft auf "Rosamunde Pilcher" – Niveau zugibt oder das gesamte Cheerleader – Team (mit einer Ausnahme, Chrissie (Portia Doubleday) als undanbarster und ungewollt witzigster Charakter des Films) sich schämt, im wohlbekannten und extrem bösen Showdown aber herzhaft lachen kann, wirkt das Ganze mehr als dezent unglaubwürdig. Schlüsseljunge Tommy Ross, der hier der Handlung die notwendig, souveräne Kehrtwende verpassen hätte können, scheitert an Ansel Elgort's unvariablem Spiel, das knapp an einer Selbstparodie vorbeischrammt und viele, der im Film zahlreich vorkommenden unfreiwillig komischen Momenten, gehen auf sein Konto. Ein paar unbewuste Ideen wie die Verpflichtung vom telekinetischen "Chronicle" - Star Alex Russell sind aber ganz nett.
Gott (und der hält sich inklusive der christlichen Ausrichtung aus dem Original hier deutlich zurück, eine nicht zwingend unglückliche Aktion) sei Dank, haben sich die mehrfach Oscar – Nominierte Julianne Moore und Chloe Moretz in den Film verirrt, die dem Film in ihrem Duospiel die stärksten Momente schenken. Moretz's Spiel ist außergewöhnlich, sie verkörpert die deutlich zugesetzte Teenagerin mit spielender Souveränität, das man sie einfach in den Arm nehmen und trösten will, während sie dann beizeiten furienhaft umschlägt und ihrem Charakter durchgehende Faszination verleiht. Moore's Spiel ist ebenso meisterlich und tut bisweilen schon beim Zusehen weh, zudem weiß sie optisch ihr verrücktes Spiel noch zu untermauern. Im Haus der White's verfügt Regisseurin Peirce dann aber auch ein gutes Gespür für eine altertümliche Ausstattung, die einen krassen Gegensatz zur Außenwelt darstellt.
Der wohl berüchtigste Abschlussball der Filmhistorie bekommt wenig Neues ergänzt, trotzdem ist Peirce's Verzicht auf überflüssige CGI – Effekte (ein paar sind dann aber doch dabei) und ausdehnende Dramatik mit eventuell zu viel Bombast sehr erfreulich, der aufwühlende Schlussakt wirkt dann abschließend gesehen, auch ziemlich souverän.
Auf was ich mich persönlich gefreut habe, war dann noch die Bewältigung von dePalma's letzter Szene,
schließlich ist die "Hand aus den Trümmerteilen", eine der bekanntesten und oft zitiertesten Vorbilder der Horrorfilm – Historie.
Peirce's Ansatz (oder ist es überhaupt einer) darf wohl als Enttäuschung gewertet werden.
Fazit: "Carrie 2013" macht nicht alles falsch und ist als annehmbare Aktualisierung dank zwei erengagierter Schauspielerinnen durchaus genießbar, sollte Kenner des Originals aber an dieser Stelle auch eine Warnung sein. Aber den Namen wird man schon nicht vergessen, also Auftrag erfüllt?!