Frau will Beziehung, Mann will Sex. Den Gegenbeweis zu diesem alten Geschlechter-Klischee haben 2011 mit „Freundschaft Plus" und „Freunde mit gewissen Vorzügen" gleich zwei US-Komödien angetreten. Letztlich aber endeten auch bei vertauschten Rollen alle da, wo Mann und Frau nach Hollywood-Tradition hingehören: in einer romantischen Beziehung. Nun lässt auch der deutsche Regisseur Torsten Wacker („Süperseks") eine Frau beim unverbindlichen Techtelmechtel den Ton angeben und er geht sogar einen Schritt weiter als die amerikanischen Kollegen, denn sein Macho-Protagonist ist nur noch ein Spielball fast aller weiblichen Figuren. Gutgelaunt treibt Wacker in seiner gleichnamigen Verfilmung von Mia Morgowskis Roman-Bestseller „Kein Sex ist auch keine Lösung" Komödienklischees auf die Spitze, wobei gerade die zahlreichen Gastauftritte und Nebenhandlungen allerdings längst nicht immer amüsant geraten.
Tom Moreno (Stephan Luca) ist ein erfolgreicher Werbefachmann und ein Macho. Er lebt nach einer einfachen Regel: Gehe niemals öfter als drei Mal mit einer Frau ins Bett, denn sonst endet das unweigerlich in einer Beziehung. Doch dann dreht seine neue Kollegin Elisa (Marleen Lohse) kurzerhand den Spieß um und das gefällt Tom gar nicht... Auch seine Freunde haben mit Problemen zu kämpfen: Vince (Oliver Fleischer) trifft seine Frau Susanne (Felicitas Woll) halbnackt in Tom Wohnung, Luke (Johannes Allmayer) findet Gefallen an Toms jung gebliebener Mutter Theresa (Corinna Harfouch) und Toms Mitbewohnerin und bester Kumpel Paule (Anna Thalbach) verliebt sich in einen Krawattenträger (Michael Lott), worauf sie sich plötzlich in eine Lady verwandelt. Während Tom noch immer nicht recht weiß, woran er bei Elisa ist, eröffnet ihm auch noch sein Chef Rolf (Armin Rohde), dass die Firma pleite ist.
Da haben wir sie ja alle: den Macho, den braven Familienvater, den Freak, die Femme-Fatale-Mutter, den skrupellosen Boss, die burschikose beste Freundin... Schon in Mia Morgowskis Roman kommen die Figuren kaum über Klischees hinaus, aber gerade die Schubladen-Theorien des Protagonisten sind ziemlich witzig. Hartmut Block und Michael Gantenberg („U-900") lehnen ihr Drehbuch sehr eng an die Vorlage an und Torsten Wacker lässt Stephan Luca („Resturlaub") als Tom häufig direkt in die Kamera sprechen. Wir werden so zu Komplizen der Hauptfigur gemacht, und wenn der Macho fast ohne es zu merken nach und nach demontiert wird, dann erntet er zunächst Schadenfreude, dann Mitleid und schließlich Sympathie. Um ihn herum jagt eine Verwechslung die nächste - dabei entsteht kein einziges Problem, das nicht in einer Minute gelöst werden könnte, aber das merkt Tom natürlich immer als letzter. Dieser Möchtegern-Macho hat das Aussehen und das Charisma eines unwiderstehlichen Frauenhelden, aber das Herz eines verunsicherten Jungen. Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass er von seiner Mutter, die Corinna Harfouch mit sichtlichem Vergnügen zum Albtraum jedes verklemmten Sohnes stilisiert, systematisch untergebuttert wird.
Wenn es in „Kein Sex ist auch keine Lösung" so etwas gibt wie ein erzählerisches Zentrum, dann ist dies die Liebesgeschichte von Tom und Elisa. Allerdings haben Marleen Lohse („Soko Leipzig") und Stephan Luca nur recht wenige Szenen, in denen sie nur zu zweit agieren. So springt der Funke nicht wirklich über und es bleibt schwer nachvollziehbar, warum sich die zwei eigentlich mögen und füreinander sogar ihre Prinzipien über den Haufen werfen. Aber Torsten Wackers Film ist ohnehin weniger eine lupenreine romantische Komödie als eine wildwuchernde Variation einzelner Genremotive. Diese sind oft sehr geradlinig ausgespielt und ihre Klischeehaftigkeit wird mit sehr unterschiedlichem Erfolg geradezu ausgestellt: Während das bereits erwähnte Mutter-Monster durchaus Biss hat und „Switch"-Star Michael Kessler in irrer Perücke für eine absurde Überraschung sorgt, ist der Auftritt von Moderatorin Janin Reinhardt als Domina-Geschäftspartnerin mit Handschellen und allem, was sonst noch dazugehört, in all seiner Eindeutigkeit nicht sehr komisch und Ex-Handballstar Stefan Kretzschmar als Elisas rebellischer Bruder bleibt ein Fremdkörper.
Bei einer Nummernrevue wie „Kein Sex ist auch keine Lösung" ist es für die Schauspieler nicht leicht, ihren Figuren Profil zu verleihen. Stephan Luca schlägt sich angesichts seiner letztlich eher undankbaren Rolle wacker und zeigt vollen Körpereinsatz. Von den Nebendarstellern setzt neben Corinna Harfouch vor allem Anna Thalbach („Eine dunkle Begierde") als kumpelhafter St.-Pauli-Fan Paule Akzente. Auch diese Rolle ist klischeebeladen, aber Thalbach spielt sie mit spürbarer Überzeugung und so blitzen gelegentlich echte Emotionen auf. Auch auf den unverwechselbaren Armin Rohde („Der bewegte Mann") ist Verlass und er versprüht in seinen wenigen Szenen eine gehörige Portion Charme. Eine gewichtige Rolle spielt auch die Stadt Hamburg samt Umgebung. Ob im Zeitraffer oder in genüsslichen Kamerafahrten durch die Straßen: Die Hansestadt wird bei Tag und bei Nacht ins rechte Licht gesetzt. Das hat wenig mit der Handlung zu tun und mag stellenweise sogar deplatziert wirken, aber die schön fotografierten Schauplätze sind die heimlichen Stars von „Kein Sex ist auch keine Lösung".
Fazit: Torsten Wacker bedient sich in seiner Adaption von Mia Morgowskis Roman „Kein Sex ist auch keine Lösung" derselben Klischees wie die Autorin der Vorlage. Dabei gelingt es ihm trotz eines durchaus originellen Ansatzes nur gelegentlich, aus ihnen komische Funken zu schlagen. Die vielen Figuren und Nebenhandlungen wollen sich nie zu einer Einheit fügen, und die zentrale Liebesgeschichte bleibt unterbelichtet.