Es kracht und scheppert gleich wieder gewaltig: Mit einem fast schwindelerregenden 3D-Flug durch die Weiten des Weltalls eröffnet Roland Emmerich („The Day After Tomorrow“) sein Alien-Action-Sequel „Independence Day: Wiederkehr“. Wie ein Zeugnis aus ferner Vergangenheit begegnen uns dabei auch Bilder aus dem Original-„Independence Day“ von 1996. Wir sehen Bill Pullman als Präsident Whitmore, wir hören seine von Dylan Thomas inspirierten Worte „We will not go quietly into the night“ – der Titel dieser Fortsetzung ist durchaus wörtlich zu nehmen: Es wird erwartungsgemäß die Prämisse des ersten Films wiederaufgegriffen (Außerirdische greifen die Erde an), dazu kehren alle wichtigen Akteure mit der bekannten Ausnahme von Will Smith zurück und es werden natürlich wieder zahlreiche bekannte Sehenswürdigkeiten dem Erdboden gleichgemacht - sogar eine Last-Minute-Hunderettung gibt es erneut. Regisseur Emmerich setzt bei dieser Wiederkehr von „Independence Day“ 20 Jahre später klar auf den Nostalgiefaktor und spricht die Fans seines prototypischen Katastrophenblockbusters an. Vor allem aber nutzt der „Master of Disaster“ die Chance, um mit Mega-Budget von 165 Millionen Dollar und den neuesten Mitteln der Technik seiner Lieblingsdisziplin zu frönen und lustvoll eine gigantische Zerstörungsorgie zu entfesseln. Das tut er mit fast schon gewohnter erzählerischer (Nach-)Lässigkeit und mit einem großen entwaffnenden Augenzwinkern.
Zwei Jahrzehnte sind vergangen, seit die Erde von Aliens angegriffen wurde und die Menschheit kurz vor ihrem Ende stand. Nach der unter großen Opfern abgewehrten Invasion hat sich die Weltgemeinschaft zusammengerauft, seither gab es keinerlei bewaffnete Konflikte mehr und die Technologie der Außerirdischen konnte zu großen Fortschritten in der Entwicklung von Waffen und Transportmitteln genutzt werden. Doch ausgerechnet am 20. Jahrestag des glorreichen Sieges kommt eine neue, ungleich verheerendere Attacke auf den blauen Planeten zu. Nachdem die Aliens weite Teile Asiens und Europas zerstört haben, scheint die Lage aussichtslos zu sein. US-Präsidentin Lanford (Sela Ward) mobilisiert alle Kräfte: vom heldenhaften Amtsvorgänger Whitmore (Bill Pullman) und dessen Tochter Patricia (Maika Monroe) über die Wissenschaftler David Levinson (Jeff Goldblum) und Dr. Catherine Marceaux (Charlotte Gainsbourg) bis zu den wagemutigen Piloten Jake Morrison (Liam Hemsworth), Rain (Angelababy) und Dylan Hiller (Jessie Usher), der in die Fußstapfen seines inzwischen verunglückten Vaters Steven (Will Smith) tritt, an den sogar ein Gemälde im Weißen Haus erinnert.
3000 Meilen Durchmesser: Das ist die schier unfassbare Größe des Raumschiffs, mit dem die erbarmungslosen Aliens dieses Mal angreifen. Wie ein endloser Schatten taucht es über der Erde auf und hebt mit seinem Gravitationsfeld buchstäblich den asiatischen Kontinent aus den Angeln. Und wenn dann die Petronas Towers aus Kuala Lumpur auf die Tower Bridge in London stürzen (!), ist das eine der erstaunlichsten, spektakulärsten und auf schadenfrohe Weise vergnüglichsten Szenen dieser Kinosaison – garniert mit der süffisanten Bemerkung Jeff Goldblums über die Angreifer (und über seinen Regisseur): „Sie zerstören gern Wahrzeichen“. Fernab vom bemühten Bierernst einiger anderer Blockbuster zielt Roland Emmerich nicht auf die realen Ängste des Publikums vor Terror und Naturkatastrophen, sondern auf seine kindliche Schaulust und macht das Kino gleichsam wieder zu einer Jahrmarktsattraktion: So lässt er uns über das gewaltige Bild eines Himmels voller Kampfjets ebenso staunen wie über die schleimige Erscheinung der Alien-Queen mit ihrem ungeheuren Gebiss und ihren tückischen Tentakeln. Dass die unfreundlichen Gäste aus dem All aussehen wie überdimensionierte Verwandte der H.R. Giger-Monster aus der „Alien“-Saga stört dabei kaum. Bei Emmerich kommt es ohnehin vor allem auf die Größe an, wie wir spätestens seit seinem „Godzilla“ wissen – und er findet überraschend oft Wege, dieses Mehr ansprechend zu verpacken.
Das Effektgewitter streift zwar gelegentlich die Grenze zum CGI-Overkill, aber die meisten Action- und Zerstörungsszenen haben allein schon durch das nicht allzu hohe Tempo etwas Altmodisch-Genüssliches. Und das Ganze ist ausreichend albern, damit es auf keinen Fall ernstgenommen wird: Nicht nur wenn der Hollywood-Schwabe sich anschickt, ein weiteres Mal das inzwischen wiederaufgebaute Weiße Haus plattzumachen („White House Down“ könnten mehrere seiner Filme heißen), erleben wir eine amüsante Überraschung. Zugleich hat dieser Moment keinerlei Bedeutung für die Handlung – die immerhin fünf Drehbuchautoren halten sich nicht großartig mit den Feinheiten des Geschichtenerzählens auf. Am Anfang wird etabliert, dass wir uns zwar in der Gegenwart und auf dem Planeten Erde befinden, doch in einer Art Paralleluniversum, in dem es keine Kriege zwischen den Menschen mehr gibt und nur noch einen gemeinsamen außerirdischen Feind. Die Konstanten zu den Zeiten von 1996 sind das fröhlich-patriotische Hollywood-Heldentum der Protagonisten und der trockene Humor des unverwechselbaren Jeff Goldblum („Jurassic Park“), der vor allem im Vater-Sohn-Duett mit Ebenfalls-Rückkehrer Judd Hirsch („Taxi“) den Nonsens dieses Spektakels ausspielt. Als dessen Möchtegern-Bestsellerautor Julius Levinson (sein Buch heißt in Verdrehung der Ereignisse aus Teil 1 „Wie ich die Welt rettete“) auf der Flucht ein Schulbus mit einer Horde im Stich gelassener Kinder in die Hände fällt, ist das der vielleicht unsinnigste Moment des Films - und gerade deswegen spaßig.
In der Wundertütenwelt von „Independence Day 2“ ist alles möglich: Die Auslöschung ganzer Kontinente ist kaum einen Nebensatz wert, dafür kann eine „exotische Tänzerin“ als Ärztin reüssieren (Vivica A. Fox kehrt kurios zurück). So ist auch Brent Spiner wieder dabei, sein vermeintlich toter Nerd-Wissenschaftler Dr. Brackish Okun erwacht aus dem Koma und irrlichtert im Krankenhaushemdchen durch das Katastrophenchaos. Immerhin nutzt Emmerich hier nach seinem „Stonewall“-Flop recht beiläufig die Gelegenheit, eine homosexuelle Romanze zumindest anzudeuten. Das Wiedersehen mit Bill Pullman („Lost Highway“) - sein Ex-Präsident leidet unter posttraumatischen Alien-Visionen – fällt hingegen nicht ganz ungetrübt aus, ihm wird von seiner nun erwachsenen Tochter („It Follows“-Entdeckung Maika Monroe empfiehlt sich für größere Rollen) die Schau gestohlen - sie bringt als unwahrscheinliches Multitalent Schwung in eine zuweilen arg nostalgische Angelegenheit. Auch Liam Hemsworth („Die Tribute von Panem“) als „Top Gun“-artiger Maverick-Pilot hat gute Szenen und schlägt sich mit Anstand durch einigen Pathos-Murks, während Jessie Usher sich als Will Smith' Leinwandsohn nicht aus dessen Schatten lösen kann. Die Starpower des großen „ID:4“-Helden fehlt hier ein wenig, da können auch asiatische (blass) und afrikanische (klischeehaft) Verstärkungen sowie die Klasse der stets willkommenen Charlotte Gainsbourg („Nymphomaniac“) nichts dran ändern.
Fazit: Roland Emmerich wie man ihn kennt: „Independence Day: Wiederkehr“ ist eine vergnügliche Zerstörungsorgie, die mit viel Sinn für Humor und wenig Sorge um Handlung und Figurenzeichnung in Szene gesetzt wurde.