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    Ca$h
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Ca$h
    Von Martin Soyka

    Sean Bean ist ein etablierter Schauspielrecke und in seiner Heimat Großbritannien seit der populären TV-Serie „Sharpe“ (1993 bis 1997) zudem ein echter Star. In den vergangenen 20 Jahren hat sich Bean Stück für Stück auch auf unternationaler Ebene emporgearbeitet, zunächst mit Schurkenrollen (Die Stunde der Patrioten, Golden Eye), später auch mit kleinen, aber feinen Nebenparts (Der Herr der Ringe – Die Gefährten, Troja, Percy Jackson). Die ganz große Hauptrolle in einer Megaproduktion ist aber noch nicht dabei gewesen. Daran ändert auch Stephen Milburn Andersons Thriller „Cash“ nichts, was allerdings weniger an Sean Bean selbst, als vielmehr an der unentschlossenen Art und Weise liegt, mit der hier die Story präsentiert wird.

    Alles Gute kommt von oben. Dieses abgegriffene Sprichwort erhält für den Chicagoer Malocher Sam (Chris Hemsworth, Star Trek – Die Zukunft hat begonnen) plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Eben noch mit seinem alten Kombi in einer Unterführung unterwegs, liegt mit einem mal ein Hartschalenkoffer mit gut 700.000 Dollar auf seiner Motorhaube. Woher das Geld stammt, ist dem Underdog schnell klar: aus einem Überfall. Es trifft den Richtigen, wie Sam meint, sind er und seine Ehefrau Leslie (Victoria Profeta) doch mit ihren Hypothekenzahlungen brutal in Verzug. Trunken vor Freude gehen beide erst zur Bank und dann zünftig einkaufen. Was Sam und Leslie nicht bedenken: Auch Bargeld hinterlässt Spuren. Der Räuber (Sean Bean), der das Geld durch den beherzten Wurf von der Autobahnbrücke vor der Polizei in Sicherheit bringen wollte, hat dummerweise einen Zwillingsbruder namens (ebenfalls Sean Bean), den er mit der Beschaffung des Geldes beauftragt. Über ihren frisch bezahlten Neuwagen findet Pyke seinen Weg zu Sam und Leslie, von denen er „sein Geld“ herausfordert. Und zwar alles, also auch das, was die beiden bereits auf den Kopf gehauen haben. Dass diese keinen Schimmer haben, wo sie die Knete herbekommen sollen, juckt den Berufsverbrecher kaum. Mit seinen Methoden bekommt er das Paar schon dazu, bei der Geldbeschaffung kreativer zu werden…

    Der Film benötigt einige Zeit, um die Figuren alle an die richtige Stelle zu befördern. Bis dahin amüsieren kleinere Scharmützel, die sich Pyke immer wieder mit seinem Umfeld liefert. Das Anmieten eines schäbigen Motelzimmers gerät zur Farce, wenn Pyke feststellen muss, dass ein Raum für einen Nachmittag (aus naheliegenden Gründen) teuerer ist als für eine ganze Nacht. Dabei präsentiert sich Pyke als eine Kreuzung aus Verbrecher und Buchhalter. Er will sein Geld wiederhaben, auf Heller und Cent, und zwar binnen fünf Tagen. Jeder normale Mensch wäre froh, wenigstens 90 Prozent der verlorenen Summe wiederzubekommen und würde den Rest als „Finderlohn“ abschreiben. Nicht so Pyke, durchaus zum Unmut seines Bruders. Das ist für ihn etwas Grundsätzliches. Der Motelbesitzer, der ihm den Mietzins für eine Woche im Voraus abgenommen hat, will ihm die nicht abgewohnten zwei letzten Tage nicht erstatten und bekommt prompt zu spüren, dass Pyke das für ungerecht hält. Warum der Mann – im Gegensatz zu seinem Zwillingsbruder – so ein Pedant ist, wird nicht näher erläutert. Dafür hat Sean Bean endlich einmal Gelegenheit, so richtig aufzudrehen. Sein Charakter ist voller Widersprüche: Tai-Chi-gestählt und Raucher, exzellent gekleidet und schlecht frisiert, Verbrecher und Buchhalter, Ying und Yang. Bean macht das absolut beste aus seiner Rolle, mehr geht nicht.

    Für Sam und Leslie beginnt damit eine unangenehme Tour de Force, denn Sean Beans Charakter ist nicht nur bedrohlich, sondern auch sachlich. Er bricht förmlich in ihr Leben ein, zieht sogar in ihr Haus. Bald darauf bestimmt er alle Facetten ihres Lebens, vom Fernsehprogramm bis zum Essen, denn obwohl ihm vegetarische Küche prinzipiell nicht schlecht schmeckt, mag er sein Rührei gerne mit Hackfleisch und besteht nachdrücklich darauf, es nicht alleine essen zu müssen. Unter seiner Leitung beginnen Sam und Leslie buchstäblich zu verrohen, wenn sie sich das Geld in bester Bonny-und-Clyde-Manier beschaffen müssen. Dabei treten auch bei ihnen Verhaltensweisen zu Tage, die der Film nicht nachvollziehbar erklärt - Stichwort: Fleischeslust in jeder denkbaren Form.

    Der Film funktioniert dann am besten, wenn Pyke das Kommando übernimmt und die Richtung vorgibt. Besonders gelungen ist eine Szene, in der Pyke einen Banker mit glasklarer Finanzlogik zur Gewährung einer neuen Hypothek für das Ehepaar bewegt und ihn so mit seinen eigenen Waffen schlägt. Hier spiegelt sich dann auch die Kernprämisse des Films wider: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten gibt es keinen messbaren Unterschied zwischen Kapitalisten und Verbrechern mehr. Beide Gruppierungen müssen genau rechnen und sehen, wo sie bleiben. Es wäre jedoch wünschenswert gewesen, wenn sich der Autor bei der Art der Geldbeschaffung etwas Kreativeres hätte einfallen lassen und die eine oder andere zusätzliche Grauzone ausgelotet hätte. Gegen Ende geht der Story ist die Luft einfach raus. Zwar findet der Film einen befriedigenden Abschluss inklusive einer hübschen kleinen Schlusspointe, aber der große Knall fehlt. Hier hätte mehr kommen müssen, zumal lange vorher absehbar ist, wie der Film nun endet.

    An den Leistungen der Schauspieler und der schnörkellosen Regie gibt es nichts zu meckern, aber unterm Strich hätte „Cash“ eine stärkere Positionierung gut zu Gesicht gestanden: Will er nun Gangsterfilm sein oder Satire? Komödie oder Thriller? Film Noir oder Parabel? Hier hätte Entschlossenheit notgetan, die nun fehlt, auch wenn der Film insgesamt anständig unterhält.

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