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    Don't Look Up
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Don't Look Up
    Von Rochus Wolff

    Um die Jahrtausendwende schwemmte eine Flutwelle amerikanischer Remakes japanischer Horrorfilme durch die Lichtspielhäuser. Filme wie „The Ring" und „Der Fluch - The Grudge" wurden an die Seh- und Gruselgewohnheiten des hiesigen Horrorpublikums angepasst – die schwächeren Vertreter dieses Trends verloren dabei oft aber genau jene Qualitäten, die die asiatischen Originale zuvor so beliebt gemacht hatten. Fruit Chans „Don't Look Up" ist ein verspäteter und kraftloser Beitrag zum Remake-Trend und verlegt die Geschichte des 1996 entstandenen gleichnamigen Streifens von Hideo Nakata komplett in einen geographischen Kontext, der in der euro-amerikanischen Tradition eng mit Geister- und Schreckensgeschichten verknüpft ist: das rumänische Transsylvanien.

    Der junge Regisseur Marcus Reed (Reshad Strik), der einige Jahre zuvor einen großartigen Erstlingsfilm fertiggestellt hatte, bekommt nach einem grandios fehlgeschlagenen zweiten Projekt von seinem Produzenten Josh Petri (Henry Thomas) eine neue Chance. Er will einen Film über eine verfluchte Romafrau drehen, im selben Studio, in dem sich bereits 1928 der ungarische Regisseur Béla Olt (Eli Roth) an einem Film über diese mittelalterliche Volkssage versucht hatte. Schon bei den ersten Aufnahmen aber zeigen sich neben Hauptdarstellerin Romy Bardoc (Carmen Chaplin) seltsame Erscheinungen auf dem Filmstreifen, auf dem plötzlich auch Szenen aus dem verschollen geglaubten Material Olts erscheinen. Dann gibt es einen Todesfall am Set...

    Von Anfang an spielt Chan mit vagen Andeutungen über Marcus' psychischen Gesundheitszustand, die im Verlauf von „Don't Look Up" immer mehr verdichtet werden und dann womöglich doch nur die eine Seite der Medaille darstellen. Außerdem gibt es eine Hintergrundgeschichte um dessen Ex-Freundin (Alyssa Sutherland) und diese mysteriösen Erscheinungen auf dem Zelluloid, menschenfressende Fliegen, Marcus' Visionen – all das vor der Kulisse eines heruntergekommenen Filmstudios in der rumänischen Pampa, mit einer nur gebrochen Englisch sprechenden Crew. Zu einem konsistenten Ganzen kann Drehbuchautor Brian Cox alle diese disparaten Elemente nicht verbinden. Zwar findet sich die Sage um jene Frau, die dem Teufel ihre Erstgeborene Matya verspricht, am Ende doch einigermaßen überzeugend in den Rahmen der Erzählung ein.

    Auf dem Weg dorthin fährt Cox jedoch so viele Handlungsschlenker auf, dass man kaum noch folgen kann. Regisseur Chan derweil hat kein visuelles Konzept, um die klaffenden Löcher mit Schauwerten zu überdecken. Das ist umso bedauerlicher, als er in manchen Szenen Bilder findet, die tatsächlich beängstigend sind und in denen er die in der Geschichte schlummernden Motive für wenige Momente zur Geltung bringt. Dass sich Chan auf die Kunst des Morbiden versteht, hat er mit seinem herausragend-widerlichen Mini-Meisterwerk „Dumplings" unter Beweis gestellt. Damals ließt er seine Hauptdarstellerin Bai Lin Teigtaschen aus dem Fleisch menschlischer Föten als Verjüngungskur kredenzen.

    Dabei kam das Grauen nicht durch einen kannibalischen Exzess zustande, sondern durch die basale Verrichtung des Kochens und Essens, durch die Trivialität des letztlich immer dem Tod schon zugewandten Daseins. Diese Cleverness vermisst man in „Don't Look Up". Chan verfranst sich in den vielen transylvanischen Schauder-Klischees, die in ihrer schieren Masse schon fast lächerlich wirken. Die mittelprächtigen Computereffekte mögen dafür sorgen, dass man unterwegs zur Auflösung wenigstens milde unterhalten wird. Aber selbst damit lässt sich Chan noch in den allerletzten Minuten zu viel Zeit. Die Welle der J-Horror-Remakes ist längst verebbt – doch auch auf deren Höhepunkt hätte „Don't Look Up" wohl niemanden mitgerissen.

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