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    Love And Other Drugs
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Love And Other Drugs
    Von Asokan Nirmalarajah

    Für Edward Zwick schließt sich mit der zehnten Spielfilm-Regiearbeit ein Kreis in seinem filmischen Oeuvre. Der preisgekrönte Fernsehmacher findet mit dem tragikomischen Beziehungsreigen „Love And Other Drugs – Nebenwirkung inklusive" erstmals zurück zu dem Genre, in dem er 1986 sein Kinodebüt gab. Nach einer aufwendigen, prestigeträchtigen Reihe historischer Kriegsepen („Glory", „The Last Samurai"), zeitgenössischer Polit-Thriller („Mut zur Wahrheit", „Ausnahmezustand") und spektakulärer Abenteuergeschichten („Legenden der Leidenschaft", „Blood Diamond") versucht er sich erneut an einer dialogfreudigen und freizügigen Romanze, die auffallend viele Parallelen zu seinem Erstlingswerk „Nochmal so wie letzte Nacht" aufweist. Damals trafen sich mit Rob Lowe und Demi Moore zwei attraktive Jungmimen zu langen Sexszenen, wenn sie sich mal nicht in ausgiebige Diskussionen über das Für und Wider einer Beziehung in ihrer Singlegemeinde verirrten. In seinem jüngsten Werk schickt Zwick schöne Jungstars wie Jake Gyllenhaal und Anne Hathaway jenseits aller Prüderie ins Liebesgetümmel, um ein gefälliges Bild moderner Beziehungsnöte zu zeichnen.

    Einen originellen Zugriff auf die alte Geschichte von der ungewollten Liebe zwischen zwei egozentrischen Protagonisten mit akuten Bindungsängsten verspricht er sich durch ihre Verortung in den Arztpraxen und der Pharmaindustrie der USA. Liebe, wie nicht zuletzt dem Titel zu entnehmen ist, wird im Film neben andere Arzneimittel gestellt, die die Lebensqualität bedeutend verbessern sollen: irgendwo zwischen Prozac und Viagra. Dass die Liebe ein Rausch- wie Heilmittel für kalte und gebrochene Herzen sein kann, das propagieren Hollywoods Liebesfilme ja schon seit Jahrzehnten. Zwick aber problematisiert diese Liebesideologie mit einer engagierten, wenn auch etwas schwerfälligen und überlangen Vermengung inkompatibler Genres, die einem mit ebenso viel Wahrheit wie Leerlauf begegnet.

    Basierend auf dem Bestseller „Hard Sell: The Evolution of a Viagra Salesman" (2005) des Handlungsreisenden Jamie Reidy, der darin mit seiner Zunft und seinem früheren Arbeitgeber, dem Pharmakonzern Pfizer abrechnete, beginnt der Film als eine grobe, aber amüsante Satire auf das ethisch kompromittierte, kapitalistisch-inhumane Gesundheitswesen der USA. Erzählt wird von Jamie Randall (Jake Gyllenhaal), einem selbstverliebten, faulen Frauenhelden, der schon wieder eine Stelle verliert, weil er die Finger nicht von der Freundin seines Chefs lassen kann. Mit seinem aggressiven Charme und seiner Profitgier scheint er dagegen prädestiniert für den rasanten Quereinstieg bei Pfizer, wo er die Ausbildung zum Produktrepräsentanten des Antidepressivum Zoloft fulminant durchläuft und sich schon bald mit einem erfahreneren Kollegen (Oliver Platt) in den Warteräumen diverser Arztpraxen wieder findet. Jamie erkennt, dass er sich mit Charme, Potenz und Geschenken den Weg durch die Betten liebesbedürftiger Krankenschwester bahnen muss, um sein Produkt an die Ärzte zu bringen. Vor allem zu dem sexsüchtigen Dr. Knight (Hank Azaria) kann er eine Komplizenschaft über die Vermittlung von Frauenbekannschaften aufbauen. Während einer seiner Klinikbesuche lernt Jamie dann – und damit beginnt der zweite von insgesamt fünf (!) unvereinbaren Erzählsträngen – die eigenwillige Künstlerin Maggie Murdock (Anne Hathaway) als eine an Parkinson erkrankte Patientin kennen und beginnt mit ihr eine hitzige Affäre, die sich trotz beider Bemühungen zu einer unkonventionellen Liebesbeziehung entwickelt...

    Bereits früh von der Presse als aussichtsreicher Oscar-Kandidat gehandelt, wurde „Love And Other Drugs" beim US-Kinostart von der Kritik verhalten aufgenommen. Hatten die Meinungsmacher einen Film in der Tradition früherer Oscar-Favoriten wie „Jerry Maguire" (1996) oder „Up in the Air" (2009) erwartet, eine federleichte wie tiefsinnige Tragikomödie über ein ernstes Thema, verpackt als hochwertiges Starkino, entpuppt sich Zwicks Film als durchwachsene Mischung aus ansprechender Liebeskomödie, berührendem Beziehungsdrama, infantiler Sex-Komödie, frecher Industriesatire und bewegendem Krankheitsmelodram. Erklären die gleichmäßige Anordnung der disparaten Stränge die fast zweistündige Laufzeit, bringen sie leider auch den Erzählfluss wiederholt zum Stocken. Hat man sich erst einmal damit arrangiert, dass der Film nach dem ersten Drittel die aggressive Welt der Pharmaindustrie hinter sich lässt, um sich den vielen, in ihrer ungezwungenen Erotik ansprechenden Sexszenen zwischen den lustvoll agierenden Stars zu widmen, taucht plötzlich Jamies Bruder Josh auf. Gespielt von Josh Gad als abstoßende Mischung aus Jack Black und Jonah Hill, sorgt Josh Randall als deprimierter, sexhungriger Stubenhocker, der in seiner pubertären Komik einer Highschool-Komödie entsprungen sein mag, für noch einen Stilbruch. Als daneben noch Maggies Arztbesuche Erzählzeit beanspruchen, ist man nicht wenig irritiert.

    Wodurch die in ihren letzten Zügen recht konventionelle Romantikkömodie, die wieder mal damit endet, dass ein oberflächlicher Erfolgsmensch durch die Liebe einer gehandikapten, aber lebensfrohen Frau von seinem gefühllosen Dasein erlöst wird, letztlich doch interessant bleibt, sind die zwei charmanten, sehr schön fotografierten Stars. In ihrer zweiten Leinwandpaarung nach „Brokeback Mountain" (2005) glänzen Gyllenhaal und Hathaway nicht nur durch nackte Oberkörper und Hinterteile, sondern auch durch viel Chemie und Spiellust. Hätte Zwick doch nur gewusst, mit ihnen mehr anzufangen, als sie mit seinem ungelenken, schablonenhaften Skript und seiner uninspirierten Sitcom-Inszenierung durch einen mittelprächtigen Genre-Zwitter zu scheuchen, der nur selten zu der Leichtigkeit, der Absurdität und dem Tiefgang findet, die er simultan anstrebt.

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