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    Oskar und die Dame in Rosa
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Oskar und die Dame in Rosa
    Von Christian Horn

    Als Romancier und Dramatiker ist Eric-Emmanuel Schmitt (Autor von „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran") seit Anfang der Neunzigerjahre ein fester Bestandteil der französischen Literaturlandschaft. Und mit „Odette Toulemonde" inszenierte er vor vier Jahren sogar seinen ersten Spielfilm nach einem eigenen Drehbuch. „Oskar und die Dame in Rosa", die Verfilmung seines gleichnamigen Romans und seine zweite Arbeit als Regisseur, weist durchaus Parallelen zum Erstling auf: Wie die Liebesgeschichte „Odette Toulemonde" zeichnet sich Schmitts neuer Film durch eine naive Herangehensweise aus und wie in seinem Regiedebüt spielt die Kraft der menschlichen Fantasie eine große Rolle. In weiten Teilen kann die Tragikomödie „Oskar und die Dame in Rosa" mit diesen Zutaten überzeugen, allerdings droht die Ernsthaftigkeit immer wieder inmitten des teils ausbordenden Humors verloren zu gehen.

    Der junge Oskar (Amir) leidet an einem unheilbaren Krebsleiden und wartet im Krankenbett einer Kinderstation auf den Tod. Seine Eltern will er nicht mehr sehen, da sie ihm die Wahrheit, die er längst ahnt, nicht ins Gesicht sagen können. Stattdessen bittet er um einen Besuch der ehemaligen Profi-Wrestlerin Rose (Michèle Laroque), die das Krankenhaus mit liebevoll zubereiteter Pizza beliefert. Rose, die genügend eigene Probleme hat, ist von dieser Vorstellung gar nicht angetan und so muss Chefarzt Düsseldorf (Max von Sydow) ihr mit Erpressung auf die Sprünge helfen: Falls Rose den Jungen nicht täglich besucht, bestellt Dr. Düsseldorf die Pizza-Lieferungen ab. Anfänglich also widerwillig, aber mit zunehmender Sympathie, stattet Rose dem kranken Oskar einen täglichen Besuch ab, bei dem sie ihm von ihren größten Kämpfen erzählt. Bald entwickelt sich zwischen beiden eine Zuneigung, von der auch Rose emotional profitiert...

    Im Roman war die Figur der Rose noch anders angelegt. Dort trat sie als „Oma Rosa" auf, eine pensionierte Krankenschwester, die in ihrer Freizeit die Kinder der Krankenstation besucht – und zwar freiwillig und aus edlen Motiven heraus. Dass diese gutherzige Ausrichtung der Figur in der Verfilmung abgeändert wurde – hier ist Rose eine toughe Frau, die sehr mit sich selbst beschäftigt ist – war eine gute Entscheidung. Denn schon mit dieser modernen und (zumindest anfänglich) ambivalenten Rose sitzt „Oskar und die Dame in Rosa" immer der Kitsch im Nacken – mit „Oma Rosa" wäre Schmitts Film zwangsläufig in ebendiesen abgedriftet. Durch die neue Ausrichtung der Protagonistin erfährt „Oskar und die Dame in Rosa" – zwar nicht durchgehend, aber doch in weiten Teilen - die nötige Kernigkeit.

    Auch die Inszenierung von Eric-Emmanuel Schmitt leistet hierzu einen Beitrag. So wie Rose ihren Schützling Oskar gerade dadurch begeistert, dass sie ihn normal behandelt (trotz seiner fatalen Krankheit) und ihn als Person ernst nimmt (obwohl er ein Kind ist), stellt Schmitt die Kinder auf der gesamten Krankenstation ohne falsche Zurückhaltung dar. So ist es in „Oskar und die Dame in Rosa" durchaus legitim, einen Jungen mit einem immensen Wasserkopf auf seine körperliche Andersartigkeit anzusprechen und es komisch zu finden, dass er dennoch nicht gut Schach spielen kann. Es ist eine gewisse Unbefangenheit, die Schmitt in der Darstellung der (tot-)kranken Kinder und ihrer Sorgen an den Tag legt, eine kindliche Naivität, die den meisten erwachsenen Figuren – etwa Oskars Eltern oder Rose – abhanden gekommen ist. Eine formale Entsprechung findet diese Unbekümmertheit in der spielerischen Ästhetik, etwa wenn Schmitt die Geschichten von den Wrestling-Kämpfen knallbunt und comichaft überdreht visualisiert.

    Einerseits ist diese unbekümmerte und oft humorvolle Herangehensweise an ein schwieriges Thema ein großer Pluspunkt von „Oskar und die Dame in Rosa", andererseits greift die Komik aber auch den dramatischen Kern des Films an. Eric-Emmanuel Schmitt verliert immer wieder das eigentlich tragische Potenzial aus den Augen und übertüncht es mit fantasievollen Bildern oder sorglosen Streichen. Wenn „Oskar und die Dame in Rosa" dann seinen dramatischen Höhepunkt erreicht, hat der Zuschauer fast schon vergessen, wie schrecklich das Schicksal Oskars tatsächlich ist.

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