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    Seed
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Seed
    Von Christoph Petersen

    Es gibt Szenen, die sind einfach unvergesslich: Casablancas „Schau mir in die Augen Kleines.“ oder Titanics „Ich bin der König der Welt.“ – um nur zwei besonders populäre Vertreter zu nennen. Auch im Horrorgenre gibt es Beispiele – wobei hier die Erinnerungswürdigkeit häufig eng mit dem Härtegrad des Gezeigten verbunden ist. So etwa die Glasscheiben-Enthauptung im Das Omen-Original oder das Rasenmäher-Gemetzel in Peter Jacksons „Braindead“. Auch Uwe Bolls Horror-Thriller „Seed“ hat eine solche Szene, die man nicht so schnell wieder los wird. Eine Frau sitzt an einen Stuhl gefesselt in der Mitte eines Raumes, während Seed mit einem Hammer um sie herumschleicht. Immer wieder und immer härter schlägt der Killer auf den Schädel seines Opfers ein, bis dieser nur noch Mus ist. Die starre Kamera fängt das sadistische Gemetzel ohne Schamgefühl und bis zum bitteren Ende ein. Und auch wenn die mangelhafte CGI-Technik dem blutigen Treiben einen leicht surrealen Touch verpasst, ist die circa vierminütige Sequenz allein schon wegen ihrer elenden Länge kaum erträglich. Doch es gibt einen gewichtigen Unterschied zwischen Uwe Bolls und Peter Jacksons Splatter-Orgien: Während der häckselnde Rasenmäher Lust darauf macht, sich auch den Rest des Films anzusehen, ist das perverse, menschenverachtende Gehämmere nur dazu gut, den potentiellen Zuschauer vom weiteren „Genuss“ dieser neuerlichen Boll-Gurke abzuhalten.

    Amerika in den 1970ern: In nur sechs Jahren hat Serienmörder Seed (Will Sanderson, Heart Of America, Schwerter des Königs) mehr als 660 Menschen getötet. Deshalb ist Detective Matt Bishop (Michael Paré, Crash Landing, BloodRayne 2), auch wenn bei der Verhaftung der Großteil seiner Kollegen hopps gehen, mehr als erleichtert, Seed endlich hinter Gittern zu sehen. Doch bei der Vollstreckung kommt ein spezielles Gesetz zum Tragen, das einem zum Tode verurteilten die Freiheit garantiert, wenn er drei 15.000-Volt-Schläge auf dem elektrischen Stuhl überlebt. Dank hoffnungslos veralteter Technik gelingt es dem Henker (Michael Eklund) mit den ersten beiden Versuchen nicht, den diabolischen Mörder ins Jenseits zu befördern. Um bloß kein Risiko einzugehen, dass auch der dritte Anlauf den ersehnten Erfolg nicht herbeiführen könnte, beschließen der Gefängnisdirektor Arnold Calgrove (Ralf Moeller, Pathfinder, Bierfest) und der zuständige Arzt Dr. Parker Wickson (Andrew Jackson), den Totenschein zu fälschen und den bewusstlosen Seed lebendig zu begraben. Doch dem Eingebuddelten gelingt es, sich wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Und nun macht er erbarmungslos Jagd auf seine Peiniger...

    Seed und der Naturschutz: Zu Beginn des Films sieht man reale Aufnahmen von Hunden, die brutal getreten und bei lebendigem Leibe gehäutet werden. Zur Verfügung gestellt wurden diese authentischen Szenen von der weltgrößten Tierrechtsorganisation PETA (People for Ethical Treatment of Animals), die auch 2,5 Prozent der Netto-Einnahmen des Films erhält. Boll will damit klarmachen, „wie kaputt die menschliche Spezie ist. Das Material von PETA zeigt, dass Menschen nicht per se gut sind. Menschen töten gnadenlos und emotionslos, als Sport, für den Profit oder einfach nur aus Genuss.“ So weit, so gut. Doch auch wenn Boll nicht selbst das Hackebeil schwingt, sondern die grausamen Gräueltaten als Regisseur durch seine Darsteller ausführen lässt, macht er in den folgenden 85 Minuten doch genau das, was er hier anprangert – er tötet emotionslos und aus purem Genuss. Verlogener geht’s kaum noch. Und welche wohltätige Kooperation erwarten uns als nächstes? Vielleicht sollte 20th Century Fox für Hitman eine gemeinsame Werbekampagne mit der Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ erarbeiten!

    Seed und der äußere Schein: Erst kürzlich hat Uwe Boll in einem Interview mit eXp.de (http://www.exp.de/showspecial.php?id=861) behauptet, Alone In The Dark und „House Of The Dead“ wären „handwerklich zehn Mal besser als alles, was in Deutschland gedreht wird“. Nicht, dass man diese Aussage an sich auch nur ansatzweise ernst nehmen könnte, aber sollte Boll sie irgendwann auch noch auf „Seed“ ausweiten, müsste man ihm endgültig Realitätsverlust unterstellen. Das Einzige, was hier gerade noch im annehmbaren Bereich liegt, ist die Retro-Farbgebung. Der Rest erreicht hingegen teilweise nicht einmal mehr Amateurniveau. Dunkelheit und Horror scheinen auf den ersten Blick sicherlich gut zusammen zu passen. Aber wenn Schatten und Schwärze nicht mehr für Atmosphäre sorgen, sondern schlicht und einfach verhindern, dass der Zuschauer auf der Leinwand irgendetwas erkennen kann, ist das Ziel verfehlt. Neben der Ausleuchtung muss es auch für die Kamera eine glatte Sechs geben. Die konzeptlosen Bilder der Wackelkamera könnten direkt von YouTube stammen, und wird doch einmal ein Stativ genutzt, blickt die Kamera ohne jegliche Bewegung starr vor sich hin – das eine ist nervig, das andere öde.

    Seed und der tiefere Sinn: Abgesehen von dem 15.000-Volt-Gesetz, bei dem es sich übrigens nur um eine urbane Legende handelt, geht dem Film jegliche Story ab. Der Killer bringt nacheinander einen Haufen Menschen um, lose zusammengehalten werden diese blutigen Episödchen durch unfassbar hohle, nie mehr als zwei bis drei Sätze umfassende Dialoge. Der Sinn muss also woanders liegen. Und wo man diesen schließlich findet, ist natürlich nicht sonderlich schwer zu erraten: Wir sind wieder bei der im ersten Absatz beschriebenen Szene angelangt. „Seed“ ist 86 Minuten grenzdebile Langeweile und vier Minuten perverser Gewaltporno. Das war´s. Und wer von einem sehenswerten Horrorstreifen nicht mehr als dies erwartet, sollte sich den Film auf jeden Fall noch im Kino ansehen. Aller Voraussicht nach wird es die fragliche Sequenz nämlich nicht einmal in der „Keine Jugendfreigabe“-Fassung auf die DVD schaffen. Und sollte dies wirklich der Fall sein, könnte man „Seed“ endgültig als Definition des Wortes „sinnlos“ im Duden einfügen.

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