Was für eine furiose Action-Granate. Gnadenlos aufregender, spannender und atemberaubender Endzeit-Kracher.
Es wird nur absolut notwendige Zeit mit unsäglich bescheuertem Geschwätz oder für an sich völlig überflüssige Charakterzeichnung aufgewendet. Warum auch. Mittlerweile haben alle Bewohner der postapokalyptischen Welt auf ihre Art völlig den Verstand verloren. An allen Ecken und enden lauern Wahnsinn, grauenvoller körperlicher Verfall und völliger Zerfall nahezu aller Errungenschaften einer kultivierten und moralisch geerdeten Gesellschaft.
So kennen wir das apokalyptische Universum des George Miller, der in Fury Road hier seinen vierten und krassesten Endzeit-Knaller der geschichtsträchtigen Mad Max Filmreihe präsentiert.
Die Karten sind gemischt, alles ist gesagt. Es geht denen, die sich noch einen Hauch zivilisierte Menschlichkeit in Erinnerungsfetzen bewahren konnten, ums nackte Überleben. Den Anderen geht es nicht einmal mehr darum. Sie träumen lediglich noch von einem möglichst grauenvollen Übertritt ins Nirwana, nur raus aus dieser irdischen Hölle. Mad Max Fury Road hält sich nicht mit Dialogen auf. Gesprochen wird nur das Nötigste. Ansonsten wird gegrunzt, gegröhlt und vor Schmerz geschrien.
Mitendrin mal wieder unser guter alter Max Rockatansky. Tom Hardy übernimmt die Rolle von Mel Gibson und macht seine Sache wirklich ausgezeichnet. Während Gibson noch gewisse Symphatiewerte zur Schau getragen hat, verzichtet Hardy völlig auf Gefühlsregungen oder Symphatiebekundungen für die Figur, die er verkörpert. Nur in wenigen Augenaufschlägen und angedeuteten Gesten gibt Hardy zu erkennen, dass der gute alte Max sich noch irgendwo hinter der Fassade aus Gleichgültigkeit und nacktem Überlebenswillen verbirgt.
Charlize Theron spielt Furiosa. Und das macht sie wirklich furios. Von den entmenschlchten Höllen-Truppen des Despoten Immortal Joe als Kind entführt, geschändet, gefoltert und verstümmelt, versucht sie ein paar junge zu reinen Gebärmaschinen degradierte Frauen an eine besseren Ort zu entführen. Aber gibt es in diesen Ort überhaupt in der postapokalyptischen Hölle, nach der die Amazone Furiosa - oder besser gesagt was von ihr übrig geblieben ist - verzweifelt sucht?
Bleibt noch Nicholas Hoult als zum Wahnsinn erzogener War-Boy Nux, der vom fanatischen Todesanbeter zum eigentlichen Hoffnungsträger in dieser Hölle auf Erden mutiert. Er zieht mit Max, den er als Blutspender auf seinen V8 gebunden hat, in die Schlacht gegen Furiosa. Als er in den Wirren des Kampfes auf die Seite von Furiosa und Max gezogen wird, entwickelt sich in ihm eine Art Menschlichkeit, die man hinter den fanatischen, todessüchtigen Ausbrüchen der War Boys gar nicht erwartet hätte. Er wechselt die Seiten und erkennt, dass es nicht nur den brutalen ehrenvollen Tod gibt, sondern gute Gründe, um zu leben. Hoult spielt den War-Boy hervorragend und lässt den inneren Wandel, den Nux durchläuft, selbst durch seine blutleere Maske hindurch hervorragend erkennen. Wenn Nux sich ändern kann, können es die Anderen vielleicht auch. Diesen Hoffnungsschimmer hinterlässt Hoult in der Rolle des Nux durch sein Schauspiel. Beachtlich.
Am Ende ihrer Flucht erkennen Max, Furiosa, Nux und der Rest der kleinen Truppe von unbeugsamen Frauen, dass es nur die Hölle als Platz zum Leben gibt. Aufgrund dieser Erkenntnis wird ihnen klar, dass der Höllenfürst - Immortal Joe - verschwinden muss, um aus der Hölle wieder einen lebenswerten Ort zu machen. All In.
Der Ritt durch die Hölle wird auch für den Zuschuer zur Achterbahnfahrt, die ausschließlich aus Abfahrten besteht. Völlig erschöpft dachte ich am Ende, schweißnass im Sessel klebend, einen der besten postapokalyptischen Action-Filme überhaupt gesehen zu haben. Und als ich dann wieder zu Atem gekommen war und zu Hause etwas länger in der Mottenkiste gewühlt habe, um ähnliche Perlen des Genres auszugraben, wurde mir irgendwann klar, dass Mad Max Fury Road einzigartig ist. Es gibt nichts Vergleichbares in diesem Genre. Ein ungeschliffener Diamant höchster Reinheit. Top.