Wer sich an den Kino-Sommer 1989 erinnert, wird dieses Gefühl, das alles da oben doch schon mal irgendwo gesehen zu haben, wohl nicht losgeworden sein. Tatsächlich sah dieses überaus ereignisreiche Jahr eine Sequel-Schwemme ungeahnten Ausmaßes. Neben „Star Trek - Am Rande des Universums", „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" und „James Bond 007 - Lizenz zum Töten" kam es auch zu einem Wiedersehen mit den „Ghostbusters". Auch bei Ivan Reitmans „Ghostbusters II" lässt das Déjà-vu nicht lange auf sich warten. Bloß, wen schert die Wiederaufbereitung von Handlungselementen aus dem Vorgängerfilm heute noch? Reitmans spaßige Gruselkomödie ist vielmehr längst zum untrüglichen Garant für nostalgische Gänsehaut-Attacken geworden.
Fünf Jahre sind vergangen, seit die Geisterjäger Ray Stantz (Dan Aykroyd), Egon Spengler (Harold Ramis), Peter Venkman (Bill Murray) und Winston Zeddemore (Ernie Hudson) New York City vor dem Zorn der wiedergeboren sumerischen Gottheit Gozer gerettet haben. Doch die Stadt zeigt sich auf ihre ganz eigene Art erkenntlich: Wegen Sachbeschädigung in Millionenhöhe müssen sich die einstigen Helden vor Gericht verantworten. Finanziell ruiniert und durch eine einstweilige Verfügung von der Untersuchung paranormaler Phänomene abgehalten, müssen die Ghostbusters die Segel streichen. Zwischenzeitlich ist auch die Beziehung zwischen Venkman und Dana (Sigourney Weaver) in die Brüche gegangen. Eines Tages macht sich der Kinderwagen von Danas Söhnchen Oscar (der in der deutschen Fassung plötzlich Donald heißt) selbstständig und bringt den Achtmonatigen in Lebensgefahr. Als sich Danas Vorgesetzter Dr. Poha (Peter MacNicol) zu allem Überfluss noch dem Geist des grausamen Karpaten-Despoten Vigo (Wilhelm von Homburg) andient und ein von negativen Emotionen gespeister Schleim-Fluss unter New York anschwillt, wird offenbar, dass das Böse in die Stadt zurückgekehrt ist. Und nur die Ghostbusters können es aufhalten...
Seit 1989 hat sich kaum etwas getan: Die Vorwände, ein Sequel in Auftrag zu geben, waren und sind die gleichen. Vornehmlich ökonomische Beweggründe dürften es gewesen sein, die ausschlaggebend für die Produktion von „Ghostbusters II" waren. Ähnlich „Stirb langsam 2" oder „Terminator 3" krankt diese Fortsetzung an einem bekannten Makel vieler Sequels: Die Story ist bloß noch Variation erfolgreicher Originalstoffe. Und so befleißigt sich „Ghostbusters II"-Regisseur Ivan Reitman der gleichen Taktik, die zahlreiche Nachfolge-Produktionen plagt: mehr von allem. Im vorliegenden Fall erweist es sich hingegen von entscheidendem Vorteil, dass sich bereits „Ghostbusters" besonders durch seine ausgezeichnete Figurenriege von der Blödel-Konkurrenz abhob. Dan Aykroyd, Rick Moranis und Co. sind ein eingespieltes Team. Besonders glänzt mal wieder Bill Murray, dessen Spiel die Grenzen zwischen Drehbuch und Improvisation unscharf werden lässt. In diesem Sinne nimmt die Beziehungskiste zwischen Publikumsliebling Venkman und Love Interest Dana einen gewichtigen Platz im Handlungskonstrukt ein.
Der Spagat zwischen menschelnder Komödie und effektivem Grusel gelingt Reitman auch in „Ghostbusters II" wieder über weite Passagen. Gleichzeitig spannt das an Screwball-Komödien erinnernde Hin und Her zwischen Bill Murray und Sigourney Weaver eine willkommene Brücke zwischen den zwei Geisterjäger-Filmen – hier stimmt die Chemie einfach. Glaubhaft wird vermittelt, dass auch in der Film-Realität ein halbes Jahrzehnt verstrichen ist und die Figuren in dieser Zeit ihr Leben weitergeführt haben. Dennoch - des Esprits des Vorgängers ist man phasenweise verlustig gegangen, die spielerische Leichtigkeit der Inszenierung konnte ebenfalls nicht vollends auf die Fortsetzung übertragen werden. Und das, obwohl neben Regisseur Reitman („Freundschaft Plus") auch wieder das für das Drehbuch zuständige Erfolgsteam Dan Aykroyd und Harold Ramis an Bord war. Zugunsten einer familienfreundlicheren Ausrichtung wurde auf allzu graphischen Grusel verzichtet, auch die Sprache wurde geringfügig entschärft. Der spitzzüngige Humor des Originals wird in erhöhtem Maß mit nicht immer zündenden Onelinern substituiert.
Auch das Finale mit einer zum Leben erweckten Freiheitsstatue und Hände haltend singenden New Yorkern könnte einigen Zeitgenossen als zu ostentativ zahm aufstoßen, tatsächlich aber handelt es sich um eine augenzwinkernde Umkehrung des Marshmallow-Man-Showdowns aus dem Original. Einen tollen Bösewicht gibt es im übrigen auch hier wieder. Die Besetzung des in einem Ölgemälde im wahrsten Sinne des Wortes festgehaltenen karpatischen Tyrannen Vigo mit dem ehemaligen deutschen Box-Profi Wilhelm von Homburg ist ein echter Coup gewesen. Reitman kann sich auf die einschüchternde Ausstrahlung dieses Hünen verlassen. Wer sich an von Homburgs strafendes Schweigen beim legendären Sportstudio-Interview mit Rainer Günzler 1969 erinnert, weiß, was gemeint ist.
Auch Peter MacNicol als fehlgeleiteter Giftzwerg Poha ist gut besetzt und schafft es in die mitunter besten Grusel-Momente des Films. Leider erweist sich die Idee des emotionsgenährten Schleims als visuell wenig reizvoll. Auch, wenn der viskose Strom bisweilen Gliedmaßen ausprägt, um einen der Helden ins Verderben zu reißen. Psychoreaktiv oder nicht, es bleibt zartrosafarbener Rotz, der träge vor sich hin fließt. Trotzdem ist „Ghostbusters II" ein großer Kino-Spaß mit kleinen Abzügen in der B-Note. Ein toller Cast und bis heute sehenswerte Spezialeffekte lassen kleinere Mängel durchaus verzeihen. Für die nächste Fortsetzung, sollte sie wirklich irgendwann kommen - derzeit sieht es nach 2012 aus -, bliebe nur zu wünschen, dass die „Ghostbusters"-Reihe sich treu bleibt.