Blake Edwards war Hollywoods Meister der Slapstick-Komödie. Das stellte der amerikanische Filmemacher auch 2004 unter Beweis, als er den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk als Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler in Empfang nahm, indem er in einem Rollstuhl an seinem Laudator Jim Carrey vorbeifuhr, sich dabei die Trophäe schnappte und durch eine Pappwand raste. Der Bühnenstunt sollte an seine erfolgreichsten Filme erinnern, vor allem an die Kinoreihe rund um den „rosaroten Panther“, in der der chamäleongleiche Engländer Peter Sellers als schusseliger Pariser Polizeiinspector Clouseau regelmäßig zur komödiantischen Hochform auflief. Doch Edwards war auch in vielen anderen Genres unterwegs und drehte in seiner langen Karriere als eigenwilliger und selbstreferentieller Querkopf mit einem Faible fürs Komische auch Musicals, Abenteuerfilme und Melodramen. Sein wohl berühmtester Film bleibt wohl die Tragikomödie „Frühstück bei Tiffany’s“ aus seinem kreativen Frühwerk.
Vom Statisten zum Erfolgsregisseur
William Blake Crump wurde die Regie-Karriere in die Wiege gelegt. Er ist der Sohn eines Regie-Assistenten und Produktionsleiters und der Enkel des Stummfilm-Regisseurs J. Gordon Edwards. Doch Crump entschied sich nach der Highschool zunächst für eine Schauspielkarriere unter dem Künstlernamen Blake Edwards. Nach einigen kleinen Filmrollen Anfang der 40er Jahre für renommierte Regisseure wie John Ford, William Wyler und Otto Preminger wechselte Edwards das Fach und begann als Autor für Radioprogramme bei Columbia Pictures zu arbeiten. Die dabei angeeigneten Fähigkeiten zum Geschichtenerzählen nahm er dann als Grundlage für erste Regie-Arbeiten Mitte der 50er Jahre für Fernsehsendungen. Er war Creator der erfolgreichen Detektiv-Serie „Peter Gunn“, für die Edwards’ späterer Stamm-Komponist Henry Mancini die Titelmelodie schrieb. Seinen ersten großen Hollywood-Film drehte der Fernseh-Regisseur für die damaligen Top-Stars Cary Grant und Tony Curtis: die Militär-Komödie „Unternehmen Petticoat“ über die amourösen Spannungen zwischen einer männlichen U-Boot-Besatzung und einer Gruppe weiblicher Krankenschwestern an Boot avancierte zu einem der erfolgreichsten Filme der 50er.
Von Hollywoods Hoffnungsträger zum Slapstick-Regisseur
Blake Edwards baute seinen frühen Ruhm als aufstrebender Filmemacher mit einem sicheren Gespür für komplexe Figuren und originelle Geschichten Anfang der 60er Jahre kontinuierlich aus. Einen Achtungserfolg landete er mit der Filmadaption des Bestsellers „Frühstück bei Tiffany’s“ von Truman Capote. Dank einer unwiderstehlichen Audrey Hepburn in der Hauptrolle und der Oscar-gekrönten Musik von Henry Mancini wurde der Film zu einem kulturellen Phänomen, der Maßstäbe in der urbanen Mode und dem neuen Lebensgefühl der Zeit setzte. Wie Hepburn erhielten auch Jack Lemmon und Lee Remick, die zwei Stars von Edwards’ nächstem Film, dem kompromisslos düsteren Alkoholiker-Drama „Die Tage des Weines und der Rosen“, Oscar-Nominierungen als beste Hauptdarsteller. Das Psycho-Drama zementierte Edwards’ Reputation als wandlungsfähiger Geschichtenerzähler mit einer großen Zukunft im gehobenen Problem-Film. Doch mit seinem nächsten Film, der ironischen Gauner-Komödie „Der rosarote Panther“ schlug der Regisseur eine ganz andere Richtung ein, in Anerkennung und im Stil der von ihm so verehrten Stummfilm-Komiker Charlie Chaplin, Buster Keaton, Dick und Doof, sowie Harold Lloyd.
Zwischen dem rosaroten Panther und Kassenflops
Peter Sellers, der Blake Edwards’ Begeisterung für die Slapstick-Komik der Stummfilme teilte, spielte in „Der rosarote Panther“ noch die Nebenrolle des trotteligen Inspektors Clouseau neben David Niven. In den folgenden Sequels der erfolgreichen Kinoreihe, allesamt unter der Regie von Edwards, rückte seine Figur aber in den Mittelpunkt. Als Höhepunkte der qualitativ zunehmend schwächer werdenden Serie gelten „Ein Schuss im Dunkeln“ (1964) und „Inspektor Clouseau, der ‚beste‘ Mann bei Interpol“ (1976). Sellers und Edwards drehten auch Ende der 60er Jahre die schräge Slapstick-Satire „Der Partyschreck“, der nicht so bekannt ist wie die Panther-Filme, aber als ihr unterschätztetes Meisterwerk gilt. Nach der besonders aufwendigen und mit einer großen Star-Riege (Jack Lemmon, Tony Curtis, Natalie Wood, Peter Falk) besetzten Abenteuer-Komödie „Das große Rennen rund um die Welt“ verkrachte sich Edwards mit den Hollywood-Studios und bevorzugte Projekte im Ausland. Doch die Erfolge blieben in den 70er und 80er Jahren aus, abgesehen von den Panther-Filmen. Das Musical „Darling Lili“ mit seiner zweiten Ehefrau Julie Andrews in der Hauptrolle floppte ebenfalls, gilt unter Kritikern heute aber als sein bester Film.
Vom Hollywood-Comeback zu Sex-Komödien und Hollywood-Satiren
Ein Comeback gelang Blake Edwards Ende der 70er mit der kultigen Sex-Komödie „Zehn – Die Traumfrau“, in der ein erfolgreicher Komponist (Dudley Moore) die Freundin (Julie Andrews) zurücklässt, um seiner Traumfrau in deren Flitterwochen nachzustellen. Der Film machte Bo Derek mit ihrer ausgefallenen Frisur und ihrem Traumkörper zu einem internationalen Megastar und läutete die letzte Phase in der Karriere von Edwards ein. Von 1980 bis 1991 wechselte er fortan zwischen eher kommerzielleren Sex-Komödien wie „Blind Date – Verabredung mit einer Unbekannten“ (mit Bruce Willis und Kim Basinger), „Skin Deep – Männer haben’s auch nicht leicht“ (mit John Ritter) und „Switch – Die Frau im Manne“ (mit Ellen Barkin), und hintergründigen, weniger bekannten Showbiz-Satiren wie „S.O.B. – Hollywoods letzter Heuler“ (mit William Holden und einer barbusigen Julie Andrews) und „Sunset – Dämmerung in Hollywood“ (mit Bruce Willis und James Garner). Der letzte große Film von Edwards’ Karriere war das mit dem César für den besten ausländischen Film ausgezeichnete Liebesmusical „Victor/Victoria“ mit seiner Gattin Julie Andrews in gesanglicher und mimischer Höchstform.
Blake Edwards war von 1953 bis 1967 mit der Schauspielerin Patricia Walker verheiratet und hatte mit ihr zwei Kinder. Seit 1969 bis zu seinem Tod im Jahre 2010 in Santa Monica war er mit seiner Lieblingsschauspielerin Julie Andrews („Plötzlich Prinzessin“) verheiratet. Sie brachte zwei Adoptivkinder aus Vietnam mit in die Ehe.