„Behind closed doors“ heißt eine 2011 ausgestrahlte Reality-TV-Serie über Jean-Claude van Damme. Hier kann man den belgischen Actionstar von seiner „privaten“ Seite erleben, sei es im Kreis seiner Familie, beim Fitness-Training, am Film-Set von „The Weapon“ oder einfach nur beim Spielen mit seinen Hunden. Letztlich enthüllt die Show wenig Überraschendes, aber sie sagt sehr viel über das Image ihres Protagonisten aus. „The Muscles from Brussels“ war nie ein Leisetreter, van Dammes Lebens- und Leidensgeschichte war auch immer eine öffentliche. Belgiens medialem Aushängeschild ist es gelungen, eine erfolgreiche Kampfsportlaufbahn in eine erstaunliche Filmkarriere zu verwandeln, die ihren vorläufigen Höhepunkt 2008 in der selbstreferentiellen Actionkomödie „JCVD“ fand.
Vom Karate Kid zum Karate Tiger
Jean-Claude Camille François Van Varenberg ist der Sohn eines Buchhalters und wuchs in Brüssel auf. Auf Anraten seines Vaters wandte sich der laut eigenen Aussagen sehr schmächtige Junge im Alter von elf Jahren dem Kampfsport zu. Den Einstieg fand er im Shotokan Karate, bevor er sich später auch für Kickboxen, Taekwon-Do, and Muay Thai interessierte. Bereits als Teenager erhielt van Varenberg nicht nur den schwarzen Gürtel in Karate, sondern konnte auch bald einen Mittelgewichts-Titel sein eigen nennen. Neben der weiterhin sehr erfolgreichen Kampfsport-Karriere und einer intensiven Ballett-Schulung profilierte sich van Varenberg auch als Bodybuilder, 1978 wurde er dabei sogar zum Mr. Belgium gewählt. Nach einem erfolglosen Hongkong-Abstecher zog es van Varenberg, der mittlerweile den Künstlernachnamen Jean-Claude van Damme angenommen hatte, 1981 nach Hollywood. Dort musste er sich zuerst mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser halten, bevor ihn Chuck Norris 1984 in dem Actionfilm „Missing in Action“ als Stuntman einsetzte. Doch es dauerte zwei weitere Jahre, bevor van Damme als brutaler Bösewicht in „Karate Tiger - Der letzte Kampf“ endlich ein wenig von seinen Martial-Arts-Qualitäten zeigen konnte.
Action im Akkord
1987 bekam Jean-Claude van Damme eine Hauptrolle in dem in Hongkong gedrehten Kampfsportfilm „Bloodsport – Eine wahre Geschichte“ angeboten. Doch die erste Schnittfassung galt als untauglich für eine Kinoauswertung. Van Damme setzte sich persönlich für einen Recut ein, und der nur 1,5 Millionen Dollar teure Streifen wurde nicht nur zum Kulthit vieler Martial-Arts-Fans, sondern spielte weltweit unglaubliche 30 Millionen Dollar ein. Der Mann mit dem deutlichen Akzent und der „minimalistischen“ Mimik wurde für seine Athletik, inklusive 360 Grad-Kick und Spagat, gefeiert. Diese körperlichen Vorzüge setzte van Damme auch in höher budgetierten B-Picture-Actionstreifen wie „Leon“ oder „Geballte Ladung - Double Impact“ ein. Ein nächster Schritt in Richtung erste Hollywood-Liga gelang van Damme 1992 als reanimierter Soldat und Gegenspieler von Dolph Lundgren in Roland Emmerichs „Universal Soldier“. Der Science-Fiction-Reißer konnte trotz gemischter Kritiken über 100 Millionen Dollar weltweit einspielen und zog zahlreiche Fortsetzungen nach sich.
Hilfe aus Hongkong
Jean-Claude van Damme machte nie einen Hehl aus einer Bewunderung für das Actionkino aus Hongkong. Mit John Woo, dessen berühmtestem Vertreter, arbeitete er 1993 bei „Harte Ziele“ erstmals zusammen. Der Mix von Woos ballettartiger Choreographie mit brutaler Gewalt im US-Debüt des Regisseurs ging an den Kinokassen auf. Diesen Erfolg übertraf van Damme ein Jahr später mit dem Zeitreisefilm „Timecop“, sein bis dato größter Hit in den USA. Unter der Regie von Peter Hyams verzichtete der Belgier hier weitgehend auf seine klassischen Kicks. Noch im gleichen Jahr spielte van Damme neben Kylie Minogue eine Hauptrolle in der trashigen Computerspieladaption „Street Fighter“ und erhielt dafür mit 8 Millionen Dollar seine bisher höchste Gage. Nach einigen privaten Krisen wollte sich van Damme im Anschluss an das „Stirb langsam“-im-Eisstadion-Rip-Off „Sudden Death“ als Regisseur beweisen. Das teure und mit Ex-Bond Roger Moore prominent besetzte Abenteuerspektakel „The Quest - Die Herausforderung“ erlitt an den Kinokassen aber Schiffbruch – ein Trend, der sich in den folgenden Jahren fortsetzen sollte.
Von der Videothekenware…
Nach dem Misserfolg mit „The Quest“ vertraute Jean-Claude van Damme auf Mitstreiter aus Hongkong. Doch weder Ringo Lams Thriller „Maximum Risk“, in dem JCVD mal wieder in einer Doppelrolle zu sehen war, noch Tsui Harks „Double Team“ konnten überzeugen. Für letzteren Film erhielt van Damme sogar den Schmähpreis „Goldene Himbeere“ gemeinsam mit Dennis Rodman als schlechtestes Leinwand-Paar. Nach diesem Tiefpunkt musste der von zahlreichen Skandalen gezeichnete Belgier, der lange kokainsüchtig war und mit einer bipolaren Störung zu kämpfen hatte, kleinere Film-Brötchen backen. Bis auf wenige Ausnahmen wie die schnell heruntergedrehte Fortsetzung „Universal Soldier - Die Rückkehr“ verdingte sich der in die Jahre gekommene van Damme in schmaler budgetierten B-Pictures mit stereotypen Plots, die auch seine emotionale Seite stärker betonen sollten. Nur selten war das Ergebnis allerdings so vorzeigbar wie bei dem Action-Thriller „Until Death“.
…zur Selbstentblößung
2008 konnte ein junger Regisseur namens Mabrouk el Mechri den gefallenen Actionstar mit einem gewagten Projekt wieder aus der Versenkung holen: In „JCVD“ spielt sich van Damme als abgehalfterter Action-Star, der in einen Banküberfall gerät, selbst. Zum ersten Mal in der Karriere von „The Muscles from Brussels“ wurde er für diese Selbstentblößung mit hervorragenden Kritiken bedacht, auch wenn der große finanzielle Erfolg ausblieb. In der Folge war van Damme umtriebig, spielte erneut neben Dolph Lundgren in der Fortsetzung „Universal Soldier: Regeneration“, übernahm die Regie und Hauptrolle für die Action-Romanze „The Eagle Path" sowie eine Sprechrolle in „Kung Fu Panda 2“ und den Bösen-Part in der Joel-Silver-Produktion „Dragon Eyes“. Für 2012 soll dann endlich auch der Widersacherpart in Sylvester Stallones „The Expendables 2“ auf der Tagesordnung stehen, nachdem van Damme ein Engagement für den ersten Teil noch abgelehnt hatte. Außerdem soll ein großer Schaukampf die Rückkehr van Dammes zu seinen Martial-Arts-Wurzeln medienwirksam begleiten.
Jean-Claude Van Damme ist Vater von drei Kindern, darunter Kristopher Van Varenberg, der in seine Schauspielfußstapfen tritt, und war fünf Mal verheiratet – gleich zweimal mit der Bodybuilderin Gladys Portugues.