Alfonso Cuaróns Langfilm-Debüt „Love in the Time of Hysteria“ („Sólo con tu pareja“) brachte dem mexikanischen Regisseur Hollywoods Aufmerksamkeit ein. Einem breiten Publikum wurde er aber erst mit der dritten Harry-Potter-Adaption „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ bekannt. Cuarón bewies bei der Inszenierung des Weltbestsellers sein Gespür für die dunkle Seite phantastischer Stoffe, deren Ursprünge er in den Seelen der Menschen verortet.
Ausbildung mit Hindernissen
Am 28. November 1961 erblickte Alfonso Cuarón Orozco in Mexiko-Stadt das Licht der Welt. Sein Vater Alfredo Cuarón war ein renommierter Nuklearmediziner, der sich um Fortschritte auf diesem Gebiet verdient gemacht hat und unter anderem auch für die Internationale Atomenergie Behörde arbeitete. Alfonso Cuaróns Liebe für visuelle Gestaltung mündete schließlich in einer Filmausbildung, die er am Centro Universitario de Estudios Cinematográficos begann, während er gleichzeitig an der National Autonomous University of Mexico Philosophie studierte. Der 1983 Im Rahmen seiner Ausbildung gedrehte Kurzfilm „Vengeance Is Mine“ beendete Cuaróns künstlerische Laufbahn jedoch fast, bevor sie richtig begonnen hatte. Die englische Sprache des Werks kam bei den stolzen Lehrkräften nicht an und Cuarón wurde der Schule verwiesen. Dank der Hilfe einiger Freunde fasste er aber beim mexikanischen Fernsehen Fuß, wo er sich bis zum Regisseur hocharbeitete. Er drehte Ende der 80er Jahre beispielsweise Episoden für das 30-minütige Gruselformat „Hora Marcada“. Parallel dazu war er als Second Unit Regisseur oder Assistent an einigen englischsprachigen Langfilmen beteiligt, die in Mexiko enstanden sind. Nach eigenem Drehbuch gelang es Cuarón Anfang der 90er Jahre die romantische Komödie „Love in the Time of Hysteria“ auf die Beine zu stellen, bei der er zusätzlich als Produzent und Cutter fungierte. Auf dem Internationalen Filmfestival von Toronto kam Cuaróns Spielfilm-Debüt über das verzwickte Liebesleben eines jungen Mannes so gut an, das Regisseur Sydney Pollack den talentierten Mexikaner nach Amerika holte. Dort inszenierte Cuarón eine Folge der Krimi-Serie „Perfect Crimes“, mit der er die Tür nach Hollywood aufstieß.
Ambitioniert, aber erfolglos
Seinen amerikanischen Spielfilm-Einstand feierte Alfonso Cuarón mit dem phantasievollen Drama „Die Traumprinzessin“ nach Frances Hodgson Burnetts Kinderbuch „Sara, die kleine Prinzessin“. Der zuvor bereits zweimal verfilmte Roman passte gut zu Cuaróns Vorliebe für phantastische Stoffe. Die Geschichte der Internats-Schülerin Sara, die nach dem Tod ihres Vaters von der Schulleiterin zur Dienstmagd degradiert wird, entfaltet sich in Cuaróns Version zu einer soliden Auseinandersetzung über die Kraft der Phantasie in Zeiten des Schmerzes. Trotz wohlwollender Kritiken nahm das Publikum jedoch kaum Notiz davon. Das änderte sich bei seinem nächsten Film nur ansatzweise. Die in die Gegenwart transferierte Charles-Dickens-Verfilmung „Große Erwartungen“ wartete zwar mit den bekannten Darstellern Robert De Niro und Gwyneth Paltrow auf, blieb an der Kinokasse aber Mittelmaß.
Durchbruch auf mexikanisch
Erst die zwischenzeitliche Rückkehr in mexikanische Gefilde verschaffte Cuarón endgültig die Anerkennung, die seine Karriere nach vorne brachte. Mit Diego Luna, Gael García Bernal und Maribel Verdu in den Hauptrollen drehte er den komödiantisch-dramatischen Roadmovie „Y Tu Mamá También – Lust for Life“ über zwei junge Männer, die mit einer älteren Frau auf Reisen sind. Die Mischung aus erotischen Abenteuern und sozialer Analyse traf den Nerv des an kleineren Filmen interessierten Publikums, das ihn zu einem kommerziellen Erfolg machte. Auch die Kritik nahm den Film zumeist positiv auf. Für sein Drehbuch erhielt Cuarón einen Preis beim Filmfestival von Venedig. Die internationale Aufmerksamkeit brachte den mexikanischen Filmemacher auf den Regiestuhl bei der dritten Harry-Potter-Adaption „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“. Die Umsetzung der weltweit bekannten Geschichte über den Zauberschüler Potter, der in ein bedrohliches Abenteuer hineingerät, unterschied sich von den Vorgängern durch seine düstere Bildsprache. Cuarón interpretierte die spannenden Vorgänge um Potter herum als Ausdruck der dunklen Seite der Seele, die in jedem Menschen vorhanden ist. Seine Erfahrung bei phantastischen Stoffen kam Cuarón zu Gute, so dass er eine dichte Atmosphäre erschuf, die im Spektakel des Blockbusters gut zur Geltung kam. Der Film erwies sich auch an der Kinokasse als großer Erfolg. Mit dem dystopischen Endzeitfilm „Children of Men“ konnte Cuarón 2006 nicht daran anknüpfen und legte einen Flop hin. Demnächst wird der mit Sandra Bullock und George Clooney prominent besetzte Science-Fiction-Thriller „Gravity“ in die Kinos kommen.