In ihren Filmen wirkt die britische Schauspielerin Charlotte Rampling oft unnahbar. Ihre kühle Ausstrahlung wurde zu ihrem Markenzeichen. Als eine der wichtigsten Darstellerinnen der internationalen Kinolandschaft trat Rampling oft in Rollen mit provokanten Aspekten auf. Der Film „Der Nachtportier“, in dem Rampling die Überlebende eines Konzentrationslagers spielt, die eine bizarre Beziehung zu ihrem ehemaligen Peiniger unterhält, wurde in Italien sogar zunächst verboten. Daneben war Rampling in Luchino Viscontis Politdrama „Die Verdammten“, Woody Allens „Stardust Memories“ und auch in mehreren Werken des französischen Regisseurs François Ozon zu sehen.
Unterwegs in Europa
Da ihr Vater Godfrey Rampling, ein ehemaliger Leichtathlet, als NATO-Offizier tätig war, wuchs die am 5. Februar 1946 im englischen Sturmer, Essex, geborene Charlotte Rampling auf verschiedenen Militärstützpunkten auf. Rampling genoss eine elitäre Schulbildung an privaten Einrichtungen, darunter war auch die St. Hilda's School im englischen Bushley. Währenddessen arbeitete die Britin als Fotomodell und wurde Anfang der 1960er Jahre auch von Helmut Newton in Szene gesetzt. Recht schnell wandte sie sich aber ihrer späteren Karriere als Darstellerin zu, indem sie am Londoner Royal Court Theatre Schauspielunterricht nahm. Den Anfang im Filmgeschäft machte eine winzige Rolle in Richard Lesters absurder Komödie „Der Gewisse Kniff“ über einen jungen Mann der auf bizarre Weise seine Attraktivität bei Frauen steigern will. Rampling, die nicht im Abspann genannt wird, taucht darin als Wasserski-Läuferin auf.
Fluchtpunkt Italien
Nach ihrem ersten Filmauftritt erhielt Charlotte Rampling weitere Angebote für unbedeutende Rollen in britischen Filmen. So war sie unter anderem in der Komödie „Georgy Girl“ die Mitbewohnerin der von Lynn Redgrave gespielten Georgy. Auf der Flucht vor dem ständigen Mittelmaß landete Rampling schließlich in Italien, wo sie unter Luchino Visconti ihre erste Rolle von Bedeutung spielen durfte. In dem 1969 erschienen kontroversen Politdrama „Die Verdammten“, das in Anspielung an die Krupp-Dynastie von der die fiktiven Essener Industriellenfamilie Von Essenbeck handelt, war die britische Schauspielerin als Elisabeth Thallmann zu sehen, die in einem Konzentrationslager landet. Mit überzeugender Sensibilität gelang es ihr, die Tragik der Figur zu verdeutlichen und sich entscheidend von ihren vorangegangenen Rollen abzusetzen. So erlangte sie die nötige Aufmerksamkeit, um weiterhin interessante Angebote zu bekommen. In John Boormans postapokalyptischem „Zardoz“ spielte sie an der Seite von Sean Connery eine Unsterbliche, deren abgeschiedenes Dasein in der Folge dramatischer Ereignisse zusammenbricht. Am bekanntesten aber ist ihre provokante Figur im Drama „Nachtportier“. Unter der Regie Liliana Cavanis verkörperte Rampling eine ehemalige Konzentrationslagerinsassin, die 13 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine sadomasochistische Beziehung zu ihrem damaligen Lageraufseher beginnt, der inzwischen als Nachtportier in einem Wiener Hotel arbeitet. Ramplings extremes, mit exhibitionistischer Offenheit arbeitendes Schauspiel ging an die Grenze der physischen Belastbarkeit und war ein entscheidender Baustein für das Echo der Entrüstung, das der Film hervor rief. Ihr Gegenüber Dirk Bogarde spiegelte die Intensität auf eindrucksvolle Weise.
Internationales Renommee
Der Skandal um „Nachtportier“ war für Charlotte Ramplings Karriere förderlich, so dass sie neben unspektakulären Engagements wie beispielsweise als Meeresbiologin in „Orca - Der Killerwal“ mit international renommierten Regisseuren zusammenarbeiten konnte. Bei Woody Allen war Rampling in „Stardust Memories“ eine der Geliebten des von Allen selbst verkörperten Regisseurs Sandy Bates, der angesichts einer Festivalehrung über sein Leben nachdenkt. Sie fügte sich wie ihre Kolleginnen Jessica Harper und Marie-Christine Barrault hervorragend in die elegante Bildsprache der Tragikomödie ein. Weitere wichtige Rollen in dieser Zeit waren ihre durchtriebene Darstellung der Laura Fisher, die in Sidney Lumets „The Verdict“ einen von Paul Newman verkörperten abgehalfterten Anwalt aushorcht, um dessen Strategie an die Gegenseite zu verraten, sowie die Rolle einer Frau, die in Nagisa Oshimas „Max mon amour“ eine Beziehung zu einem Mann und einem Affen pflegt. Damit führte Rampling ihre Reihe kontrovers diskutierter Figuren und Geschichten fort.
Neue Qualität nach der Routine
Anfang der 1990er Jahre wurde es ruhiger um Charlotte Rampling. Die Schauspielerin war zwar immer noch regelmäßig in einzelnen Filmen zu sehen, konnte damit aber nicht an ihre besten Arbeiten anknüpfen. Erst Anfang des neuen Jahrtausends war es der französische Regisseur François Ozon, der Rampling im Drama „Unter dem Sand“ wieder ins Rampenlicht zog. Als trauernde Ehefrau eines Mannes, der plötzlich am Strand verschwindet, konnte Rampling ihre Fähigkeit ausspielen, mit subtiler Körpersprache große Emotionen zu verdeutlichen. In der Folge tauchte die Britin zumeist in kleinen Produktionen wie dem Thriller „Der vierte Engel“ auf, wo sie eine Agentin spielt, die an der Seite von Jeremy Irons Terroristen jagt. Wieder unter der Regie von François Ozon überzeugte Rampling im thrillerartigen „Swimming Pool“ als Schriftstellerin, die sich auf ein undurchsichtiges Spiel mit einer jungen Frau (Ludivine Sagnier) einlässt. Für ihre beherzte Darstellung erhielt Rampling den europäischen Filmpreis als Beste Hauptdarstellerin. Hervorragende Kritiken bekam die Britin auch für ihre Rolle einer Literaturprofessorin, die in Laurent Cantets Drama „In den Süden“ gemeinsam mit zwei anderen Frauen einen deutlich jüngeren Haitianer für Sex bezahlt. Zuletzt startete Rampling auch eine erfolgreiche Karriere als Theaterschauspielerin, wo sie unter anderem mit Pierre Marivauxs Theaterstück „The False Servant“ in London auf sich aufmerksam machte. 2011 ist Rampling in Lars von Triers Science-Fiction Drama „Melancholia“ als streitlustige Ehefrau zu sehen.