Der am 3. Dezember 1930 in Paris geborene, dann am Genfer See aufgewachsene französisch-schweizerische Filmemacher Jean-Luc Godard landete nach Anfängen als Filmkritiker bereits mit seinem Langfilmdebüt „Außer Atem“ einen Hit. Das Werk zählt zu einem der wichtigsten Filme der von seinem Freund, Mitautor und Kollegen François Truffaut kurz zuvor auf den Weg gebrachten Nouvelle Vague.
Dabei brach Godard, der Regisseure des alten Hollywoods wie Howard Hawks zu seinen Vorbildern zählte, mit zahlreichen Regeln des Filmemachens. Gedreht wurde mit Handkamera und ohne künstliche Beleuchtung nicht im Studio, sondern mitten im wahren Leben. Es gibt Jump Cuts, und Dialoge sind nicht im lahmen Schuss-Gegenschuss-Verfahren inszeniert. Was heute ganz selbstverständlich genutzte Mittel sind, war damals revolutionär. Allein dieser Film verschafft ihm schon einen Platz unter den bedeutendsten Regisseuren aller Zeiten.
Ein revolutionärer Regisseur - sein ganzes Leben lang
Revolutionär blieb Godard auch seine ganze Karriere über. Der große Erfolg seines Debüts war ihm selbst suspekt. Dass er danach mit „Der kleine Soldat“ eine provokante Kritik über das brutale Vorgehen der französischen Armee im Algerienkrieg drehte, schien auch der Versuch, sich möglichst weit vom kommerziellen Publikumserfolg davor zu entfernen. Der Film wurde in Frankreich direkt erst mal verboten.
Godard drehte – vor allem mit seiner Muse und damaligen Ehefrau Anna Karina in der Hauptrolle – Anfang der 1960er-Jahre Film um Film. Dabei entstanden Klassiker wie „Eine Frau ist eine Frau“ und „Elf Uhr nachts“. Doch die radikalen Brüche blieben, genauso wie Godards Ablehnung kommerzieller Publikumserfolge.
Zeitweise leitete er ein sozialistisches Kollektiv, welches rund um die Welt Filme in der Gruppe produzierte, die gerade nicht in großen Kinos und vor Publikum laufen sollten. Godard verschwand als Einzelperson zeitweise komplett hinter dieser Gruppe. Seine Filmografie hat lange Phasen ohne Einträge. Doch immer wieder feierte er Comebacks – bis ins hohe Alter hinein, wobei er immer experimentierfreudig blieb, dies sogar noch weiterdrehte, sich weit von klassischen Erzählmustern verabschiedete und sich immer mehr mit sich selbst, seinen politischen Überzeugungen und seiner eigenen Karriere auseinandersetzte.
Ein Spätwerk voller gefeierter essayistischer Experimentalfilme
So sorgte er 2010 mit „Film Socialisme“ für Aufsehen. Im selben Jahr wurde ihm übrigens auch der Ehrenoscar verliehen. Mit „Goodbye to Language“ räumte er 2014 noch einmal einen Preis bei den Filmfestspielen in Cannes ab. Auch sein nun letzter Film, „Bildbuch“, feierte 2018 dort seine Premiere. Es sind essayistische Experimentalfilme, die weit weg von den Sehgewohnheiten eines Großteils des Publikums sein dürften, aber auf Filmfestivals gefeiert wurden.
Die französische Zeitung Libération vermeldete nun zuerst den Tod des legendären Regisseurs, der 91 Jahre alt wurde.